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«Das hätte ich vorher wissen sollen», sagte ich. «Dann hätte ich ein wenig üben können.»

«Dafür ist es jetzt zu spät», sagte meine Großmutter. «Wir müssen aufbrechen.» Sie schob mich zu Bruno in ihre Handtasche, und ich nahm sofort meinen gewohnten Sitz in der kleinen Seitentasche ein, sodass ich meinen Kopf hinausstrecken und verfolgen konnte, was draußen passierte.

Meine Großmutter griff nach ihrem Stock und ging hinaus, den Gang entlang zum Aufzug. Sie drückte auf den Knopf, der Aufzug kam, und sie stieg ein. Außer uns befand sich niemand in der Kabine.

«Hört mal», sagte sie. «Wenn wir im Speisesaal sind, werde ich mich nicht mehr mit euch unterhalten können. Wenn ich das nämlich tue, werden die Leute denken, ich sei verkalkt und hielte Selbstgespräche.»

Der Aufzug erreichte das Erdgeschoss und hielt mit einem kleinen Bumser an. Meine Großmutter verließ den Fahrstuhl, durchquerte die Hotelhalle und betrat den Speisesaal. Das war ein sehr großer Raum mit Golddekorationen an der Decke und hohen Spiegeln ringsherum an allen Wänden. Bestimmte Tische waren immer für die Hausgäste reserviert, und die meisten von ihnen hatten bereits Platz genommen und fingen an, sich ihrem Abendessen hinzugeben.

Kellner schwirrten überall herum und schleppten Teller und Platten. Unser Tisch war klein und stand an der rechten Wand, fast in der Mitte. Meine Großmutter marschierte dorthin und setzte sich.

Ich lugte aus der Handtasche und konnte sehen, dass genau im Mittelpunkt des Saales zwei lange Tische standen, an denen noch niemand saß. Auf jedem Tisch prangte ein kleines Kärtchen in einem Silberhalter, und auf den Kärtchen stand: RESERVIERT FÜR DIE MITGLIEDER DES KGVK.

Meine Großmutter betrachtete sich die beiden langen Tafeln, sagte aber nichts. Sie faltete ihre Serviette auseinander und breitete sie über die Handtasche auf ihrem Schoß. Ihre Hand glitt unter die Serviette und umschloss mich sanft. Unter dem Schutz der Serviette hob sie mich dicht an ihr Gesicht: «Ich setze dich jetzt unter dem Tisch auf den Boden. Das Tischtuch reicht fast bis auf den Fußboden, es kann dich also keiner sehen. Hast du das Fläschchen? Und hältst du es gut fest?»

«Ja», flüsterte ich zurück. «Ich bin bereit, Großmama.»

Gerade in diesem Augenblick kam ein Kellner in einem schwarzen Frack und blieb vor unserem Tisch stehen. Ich konnte trotz der Serviette seine Beine sehen, und als ich seine Stimme hörte, wusste ich auch, wer er war. Er hieß William. «Guten Abend, gnädige Frau», sagte er zu meiner Großmutter. «Wo ist denn der junge Herr heute Abend?»

«Er fühlt sich nicht wohl», erwiderte meine Großmutter. «Er ist oben in seinem Zimmer geblieben.»

«Das tut mir aber Leid», antwortete William. «Heute gibt es grüne Erbsensuppe als Vorspeise und beim Hauptgericht haben Sie die Wahl zwischen gegrilltem Seezungenfilet und Lammbraten.»

«Erbsensuppe und Lamm für mich, bitte», sagte meine Großmutter. «Aber Sie brauchen sich nicht zu beeilen, William. Ich habe heute Abend Zeit. Ach, Sie könnten mir überhaupt zuerst einmal ein Glas trockenen Sherry bringen.»

«Sehr wohl, gnädige Frau», erwiderte William und ging von dannen. Meine Großmutter tat so, als ob ihr irgendetwas hingefallen wäre, und als sie sich bückte, ließ sie mich unter der Serviette auf den Boden unter den Tisch gleiten. «Lauf, Schätzelchen, lauf!», flüsterte sie, und dann richtete sie sich wieder auf.

Ich war nun ganz auf mich gestellt. Ich umklammerte das Fläschchen. Ich wusste genau, wo sich die Tür zur Küche befand. Ich musste, um sie zu erreichen, fast um den halben riesigen Saal herumrennen. Also los, dachte ich und huschte wie ein Blitz unter dem Tisch hervor und flitzte zur Wand. Ich hatte nicht die Absicht, quer durch den Speisesaal zu laufen. Das war viel zu riskant. Mein Plan bestand darin, mich dicht an die Fußleiste unten an der Wand zu halten und ihr zu folgen, bis ich auf die Küchentür stieß.

Ich rannte. Ach, und wie ich rannte! Ich glaube nicht, dass mich jemand sah. Sie waren alle viel zu sehr mit dem Essen beschäftigt. Aber um die Tür zu erreichen, die in die Küche führte, musste ich den Haupteingang in den Speisesaal überqueren. Ich war gerade dabei, Anlauf zu nehmen, da strömte eine große Horde von Damen herein. Ich schmiegte mich an die Wand und presste das Fläschchen an mich. Zuerst sah ich nur die Schuhe und die Fesseln dieser Frauen, die durch die Tür quollen, als ich aber etwas höher blickte, erkannte ich sie gleich. Die Hexen versammelten sich zum Abendessen.

Ich wartete, bis sie alle an mir vorbeigegangen waren, dann flitzte ich zur Küchentür. Ein Kellner stieß sie gerade auf, um hineinzugehen. Ich trippelte hinter ihm her und versteckte mich sofort hinter einem großen Müllkübel. Ich blieb dort ein paar Minuten verborgen und hörte nur zu, wie sie schwatzten und spektakelten.

Meine Güte, was war diese Küche für ein Ort! Dieser Krach! Und diese Dampfschwaden! Und das Geklapper von Töpfen und Pfannen und das Durcheinandergeschrei der Köche! Und dazu noch die Kellner, die unaufhörlich vom Speisesaal raus und rein eilten und den Köchen die Bestellungen zuriefen! «Vier Suppen und zwei Lamm und zwei Fisch für Tisch 28! Drei Apfelauflauf und zwei Erdbeereis für Nummer 17!» So ging das die ganze Zeit.

Über mir, aber nicht weit von meinem Kopf entfernt, war ein Griff, der seitlich an dem Abfallkübel saß. Ohne das Fläschchen loszulassen, machte ich einen Satz, überschlug mich in der Luft und erwischte den Griff mit meiner Schwanzspitze. Plötzlich schaukelte ich hin und her und rauf und runter. Ich war vor Entzücken ganz außer mir. Das war herrlich! So, sagte ich mir, muss sich ein Trapezkünstler fühlen, wenn er sich hoch oben durch die Zirkuskuppel schwingt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sein Trapez nur vorwärts und rückwärts schaukeln konnte. Mein Trapez jedoch, mein Schwanz, konnte mich in jeder Richtung schaukeln lassen, die ich wünschte.

Vielleicht würde ich am Ende noch eine Zirkusmaus werden.

In diesem Augenblick kam ein Kellner mit einem Teller in der Hand herein, und ich hörte, wie er sagte: «Die alte Ziege von Tisch 14 sagt, dies Fleisch hier sei zäh. Sie will eine andere Portion!» Einer der Köche antwortete: «Los, gib mir ihren Teller!» Ich ließ mich auf den Boden fallen und lugte um den Müllkübel. Ich sah, wie der Koch das Fleisch vom Teller gleiten ließ und wie er eine andere Scheibe draufklatschte. Dann sagte er: «Los, Jungs, gebt ihr ein bisschen Soße!» Er machte mit dem Teller eine Runde durch die Küche, und wisst ihr, was sie gemacht haben? Jeder von diesen Köchen und Küchenjungen hat einmal auf den Teller der alten Dame gespuckt! «So, woll'n mal sehn, wie ihr das schmeckt!», sagte der Koch und gab dem Kellner den Teller zurück.

Kurz darauf kam wieder ein Kellner hereingeeilt und rief: «Alle von der großen KGVK-Gesellschaft wollen die Suppe!» Das war der Augenblick! Ich war jetzt ganz Ohr. Ich beugte mich ein bisschen weiter hinter dem Abfalleimer hervor, sodass ich alles verfolgen konnte, was in der Küche passierte. Ein Mann mit einer hohen weißen Mütze, der der Chefkoch gewesen sein muss, rief mit lauter Stimme: «Die Suppe für die große Gesellschaft in die größere Silberterrine!»

Ich sah, wie der Chefkoch eine riesige silberne Suppenschüssel auf das hölzerne Seitenbrett stellte, das an der gegenüberliegenden Wand von einem Ende bis zum anderen reichte. In diese silberne Schüssel kommt also die Suppe, sagte ich mir Da hinein muss also auch der Inhalt von meiner kleinen Flasche.

Ich sah, dass über diesem Seitenbrett ziemlich hoch und fast unter der Decke ein fast ebenso langes Regal angebracht war, das mit Kasserollen und Bratpfannen voll gepackt war. Wenn ich es irgendwie schaffe, auf dieses Regal zu kommen, dachte ich, dann ist die Sache geritzt. Dann werde ich nämlich direkt über der silbernen Suppenschüssel sein.