Выбрать главу

Es gab dort einen noch riesigeren Schreibtisch, einen noch größeren Kamin, ein Sofa, ein paar Polstersessel und ein mit schweren Gardinen verhängtes Fenster.

Auf dem Boden lag etwas, von dem ich annahm, dass es ein Hund war, weil es einen Kopf von der Größe eines Volkswagens hob, dabei ein Maul voller Steakmesser öff nete und einen Laut von sich gab, der irgendwo zwi schen Lachen und Knurren lag.

Ich machte einen Satz.

»Das ist Charon«, sagte Mr Horvath. »Er mag Sie.

Komm her, Charon.«

Das Ding erhob sich auf seine tellergroßen Pfoten und kam zu mir herüber. Es schnüffelte mich überall ab, als würde es nach Drogen suchen. Dann starrte es mir aus riesigen gelben Augen ins Gesicht.

»Karo?«, sagte ich. »Braves Mädchen. Gutes H u n d chen.«

»Nein, nein!« Mr Horvath lächelte. »Er heißt Charon.

Die griechische Gottheit, die die Toten über den Fluss Styx in die Unterwelt rudert.«

Ich schaffte es, »Was — was für eine Rasse ist er?« zu flüstern. »Deutscher Schäferhund vielleicht?«

»Timberwolf«, gab Mr Horvath zur Antwort.

Charon sah Mr Horvath an, wedelte einmal mit dem Schwanz, ging dann wieder an seinen Platz zurück und legte sich hin.

»Er stammt aus einer besonderen kanadischen Rasse«, fuhr Mr Horvath fort. »Sie neigen dazu, größer zu wer den als der Durchschnitt. Von irgendwo in Britisch-Ko lumbien. Wie war doch gleich der Name? Ach ja — Tal der Kopflosen. Aber genug davon!«

Er deutete Richtung Sofa. »Nehmen Sie bitte Platz, Mr Elliot und Sohn. Wir sind schließlich hier, um schu lische Fragen zu besprechen, nicht die Unterarten von Wölfen.«

Wir setzten uns. Mr Horvath nahm sich einen der Ses sel und formte mit den Fingern eine Art Zelt. »Nun. Sie bemühen sich also um Aufnahme an unsere Schule, Mas ter Cody«, sagte er.

»Ah — ja«, antwortete ich. 

»Können Sie schwimmen?« Seine Augenbrauen gin gen in die Höhe.

»Ein bisschen. Bevor wir hierhergezogen sind, ha be ich meinen Freischwimmer beim Roten Kreuz ge macht«, sagte ich.

»Ausgezeichnet. Das Rote Kreuz. Wir unterstützen diese Organisation sehr. Blutspendeaktionen.« Er sagte das, als wären sie die beste Idee, die jemals irgendwer ge habt hatte.

»Nun gut«, fuhr er fort, »wie Sie wissen, sind wir eine Schule mit sehr hohen Maßstäben. Freizeitaktivitäten sind ebenso wichtig wie schulische. Jeder Schüler muss daran teilnehmen. Hätten Sie Interesse daran, in unserer Wasserball-Mannschaft mitzumachen?«

Ich betreibe keinen Sport, also sagte ich nichts darauf.

Wasserball — um Himmels willen!

Dad ergriff das Wort.

»Natürlich ist Cody bereit es zu versuchen«, sagte er.

»Ich würde gerne die Meinung von Master Cody hö ren«, erwiderte Mr Horvath.

»Nun, ich weiß nicht«, gab ich zur Antwort. »Ich mag Sport nicht wirklich. Ich glaube nicht, dass ich besonders gut wäre.«

»Das ist unwichtig«, sagte Mr Horvath. »Alles, was zählt, ist die Bereitschaft. Sieg oder Niederlage - was hat Whitman darüber gesagt? >Schlachten werden verloren im selben Geist wie gewonnene Für uns ist es der Geist, der zählt.« 

Von wegen! Das Einzige, worauf ein Schuldirektor je Wert legt, ist zu gewinnen. Jeder Jugendliche kapiert das in den ersten zehn Minuten Mittelstufe. »Mal ange nommen, ich versuche es und schaffe es nicht?«, fragte ich.

»Wie schon gesagt - Bereitschaft ist alles«, war Mr Horvaths Antwort.

»Wenn ich es versuche, werde ich also aufgenom men?«, fragte ich.

Horvath nickte.

Okay, ich hatte kapiert. Ich versuche es mit der Was serball-Mannschaft, was mich an die Schule bringt, mir Dad vom Hals schafft und mich vor Unserer Lieben Frau von den Immerwährenden Hausaufgaben rettet. Dann verhaue ich die Wasserball-Probespiele, was nicht schwer sein sollte, weil ich nicht einmal weiß, wie das überhaupt gespielt wird, und versuche mich an etwas Leichterem.

So was wie der Gameboy-Mannschaft zum Beispiel. Dad ist glücklich, Horvath ist glücklich und ich bin nicht schlimmer dran als vorher.

Also sagte ich: »Einverstanden.«

»Ausgezeichnet«, schnurrte Mr Horvath. »Ich freue mich Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an diese Schule aufgenommen sind.«

Dad runzelte die Stirn. »Vielleicht möchten Sie seine Noten sehen?« Er hielt dem Direktor meine beiden letz ten Zeugnisse hin.

»Das ist nicht nötig«, sagte Mr Horvath. 

»Ich furchte, seine Noten sind nicht besonders gut«, erwiderte Dad und wedelte mit den Zeugnissen.

»Nicht wie wir beginnen, sondern wie wir aufhören, zählt«, sagte Mr Horvath. »Viele Schüler kommen mit schlechten Noten zu uns. Aber keiner verlässt uns mit ihnen.« Er schüttelte mir wieder die Hand. »Willkom men an der Vlad Dracul, Master Cody«, sagte er. »Das Training beginnt um halb drei. Melden Sie sich heute in der Freistunde in der Schwimmhalle, um Ihre Ausrüs tung in Empfang zu nehmen.«

Dad runzelte noch immer die Stirn. »Offen gesagt, Mr Horvath — als mir Hamilton Antonescu von dieser Schule erzählte, vermittelte er mir den Eindruck, dass die Aufnahmekriterien ziemlich streng seien.«

»Sie sind äußerst streng«, antwortete Mr Horvath.

»Aber Sie haben sich nicht einmal die Zeugnisse mei nes Sohnes angesehen!«

»Ich fürchte, ich sehe Zeugnisse der Cotton Ma ther High nicht als Hinweis auf das Potenzial eines Schülers an, Mr Elliot.« Mr Horvath lächelte. »Die Zeugnisse Ihres Sohnes in Kalifornien waren ziemlich gut.«

»Sie haben seine kalifornischen Zeugnisse?«, fragte Dad. »Wie das?«

»Indem ich um eine Abschrift gebeten habe«, war Mr Horvaths Antwort.

»Aber wir sind erst vor fünf Minuten bei der Tür he reingekommen«, sagte Dad. »Ich habe niemandem er zählt, dass ich mich an Ihre Schule wenden würde. Wir haben das erst gestern Abend beschlossen.«

»Sie haben sich bei Mr Antonescu nach uns erkundigt, oder?«, erwiderte Mr Horvath. »Er hat Ihr mögliches In teresse erwähnt. Wir haben unsere Bitte an die kaliforni sche Schule in der Hoffnung gerichtet, dass Sie sich an uns wenden würden.«

»Über Nacht?«

»Wir leben in einem wundervollen Zeitalter, Mr Elliot, nicht wahr?«, sagte Mr Horvath.

»Aber —«

»Mr Elliot, Mr Antonescu hat Sie uns als einen Kol legen empfohlen. Sein eigenes Kind besucht bereits un sere Schule. Er selbst hat sie ebenfalls absolviert. Diese Empfehlung, die Zeugnisse Ihres Sohnes — seine Zeug nisse insgesamt — und seine Bereitschaft, am Wasser ball teilzunehmen, sind ausreichende Voraussetzungen für die Aufnahme an unsere Schule. Meinen Glück wunsch!«

Mr Horvath erhob sich. Dad auch. Und ich. Mr Hor vath gab Dad wieder die Hand, öffnete die Tür seines Büros und sagte: »Ms Prentiss, haben wir Master Codys Stundenplan?«

»Hier ist er, Mr Horvath«, antwortete sie.

Auf ihrem Schreibtisch lag eine kleine weiße Karte mit goldenen Buchstaben drauf. Das ganze Ding war ge druckt, sogar mein Name.

ELLIOT, C O D Y

E R S T E S T U N D E KLASSENVERSAMMLUNG

7 : 4 5 - 8 : 0 0 KOVACS

Z W E I T E S T U N D E M A T H E M A T K 8 : 0 5 - 9 : 0 0 M A C H

D R I T T E S T U N D E E N G L I S C H 9 : 0 5 - 1 0 : 0 0 S H A D W E L L

V I E R T E S T U N D E S O Z I A L K U N D E 1 0 : 0 5 - 1 1 : 0 0 G I B B O N

F Ü N F T E S T U N D E T U R N E N 1 1 : 0 5 - 1 2 : 0 0 LUCAKCS

S E C H S T E S T U N D E M I T T A G E S S E N 1 2 : 0 5 - 1 3 : 0 0

S I E B T E S T U N D E P H Y S I K 1 3 : 0 5 - 1 4 : 0 0 V U K O V I T C H

F R E I S T U N D E 1 4 : 0 5 - 1 4 : 3 0

W A S S E R B A L L 1 4 : 3 5 - 1 5 : 3 0 U N D E R S K I N K E R

»Was genau ist eigentlich die Freistunde?«, fragte ich.

»Sie können am Ende des Schultages Ihre Lehrer auf suchen und sie um Hilfe bitten, wenn Sie vielleicht im Unterricht irgendetwas nicht verstanden haben«, war Ms Prentiss' Antwort. »Oder Sie können in die Bücherei ge hen. Oder sogar Ihre Freunde im Schülerklub treffen.«