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„Aber Moreau soll sehr berühmt und tapfer sein!“

„Das ist er auch. Er ist ein geborener Franzose; aber er ist abtrünnig geworden und zu den Preußen übergegangen. Die Österreicher haben ihm bei Königsgrätz die beiden Beine weggeschossen. Nun könnt ihr euch denken, ob wir diesen Krüppel zu fürchten haben.“

„Und der Generalstabschef der Preußen!“

„Moltke? Der ist ein Phantast und Träumer. Er soll nicht einmal einen Bart haben! Der ist am allerwenigsten schuld, daß die Österreicher in der Schlacht an der Alma geschlagen worden sind. Daß die Österreicher verloren, daran waren nur die Russen schuld, welche es nicht litten, daß die Österreicher durch Rußland in Preußen einfielen.“

„Und sodann sagt man, daß wir es nicht mit Preußen allein zu tun haben werden!“

„Mit wem noch?“

„Sachsen, Bayern –“

„Unsinn!“ fiel der Alte ein. „Das kenne ich besser! Die Sachsen sind stets unsere Verbündeten gewesen; sie sind durch Verträge an uns gebunden, denn Napoleon hat Anno Dreizehn und Vierzehn ihr Land fast um das Zehnfache vergrößert. Bayern, Württemberg und Baden wagen es nicht, gegen uns zu sein, weil wir dort zuerst einfallen würden. Wer soll sonst noch der Verbündete von Preußen sein?“

„Hessen.“

„Das haben wir nicht zu fürchten. Es liegt ganz gegen Rußland hin. Ehe der erste Hesse erscheint, haben wir längst die entscheidenden Schlachten gewonnen und den Feind vor uns hergetrieben.“

„Dann gibt es ein Land, Waldeck genannt!“

„Das liegt ja in England!“

„Reuß!“

„Das gehört zu Norwegen!“

„Und Lippe!“

„Was ihr für Geographen seid! Lippe ist ein Kanton in der Schweiz. Es liegt gegen Italien hinunter! Lassen wir das! Wir werden siegen und brauchen darüber kein Wort zu verlieren! Bleiben wir lieber bei der Gegenwart! Ihr beide habt morgen einen Coup auszuführen, welcher wichtiger ist, als so unbegründete Bedenken. Habt ihr meine Anordnungen kapiert?“

„Vollständig!“

„Also brecht rechtzeitig auf, daß ihr ja nicht etwa den Zug versäumt!“

„Das versteht sich ja ganz von selbst!“

„Lefleur wird bereits vor euch da sein, um seine Pflicht zu tun. Die Hauptsache ist, daß er sich schnell zurückzieht, und daß ihr dafür sorgt, daß kein Verdacht auf euch fällt.“

„Dafür lassen Sie uns sorgen, Herr Kapitän! Wir werden den Bahnwärter aufsuchen.“

„Ah! Warum? Das wäre unvorsichtig!“

„Grad das Gegenteil! Es ist das gewiß eine Schlauheit. Wir werden mit ihm sprechen.“

„Aus welchem Grund?“

„Wenn wir uns mit ihm unterhalten, wird Lefleur desto ungestörter seine Schuldigkeit tun können.“

„Ah, das ist richtig!“

„Und der Bahnwärter kann bezeugen, daß wir bei ihm gewesen sind. Dadurch würde aller Verdacht von uns abgelenkt werden.“

„Nun, ich will zugeben, daß ihr euch das gut überlegt habt. Ihr haltet euch aber nicht unnötig auf!“

„Wir kommen sofort nach Ortry!“

„Ich werde euch erwarten. Macht ihr eure Sache gut, so könnt ihr auch auf eine Extragratifikation rechnen. Ihr wißt, daß ich nicht knausere, wenn ich sehe, daß meine Leute ihre Pflicht erfüllen. Jetzt will ich mich zurückziehen. Gute Nacht!“

„Gute Nacht, Herr Kapitän!“

„Zieht den Keil richtig an, damit der Stein gut schließt!“

„Ihr braucht keine Sorge zu haben!“

Der Alte bückte sich nieder und kroch in das Loch zurück, welches sich dann hinter ihm schloß. Einer der beiden Männer kauerte sich nieder und machte sich mit dem Stein zu schaffen. Als er sich wieder erhoben hatte, sagte der andere, indem er viel leiser redete, als bisher gesprochen worden war.

„Also eine Extragratifikation.“

„Ja. Er ist doch zuweilen splendid.“

„Pah! Das kann er auch. Was bekommen wir? Welchen Teil des Ganzen wird er uns auszahlen? Gib dir einmal die Mühe, es auszurechnen.“

„Ich habe auch bereits daran gedacht.“

„Wir holen die Kastanien aus dem Feuer.“

„Und wagen dabei Freiheit, Ehre und Leben.“

„Er bleibt auf dem Sofa sitzen und wartet ruhig, bis wir ihm die Millionen bringen.“

„Verdammt! Man müßte sich eigentlich ganz gewaltig darüber ärgern.“

„Ärgern? O nein! Ich freue mich im Gegenteil.“

„Wieso? Warum?“

„Ahnst du das denn nicht? Das heißt, ich freue mich, weil ich voraussetze, daß du doch kein Dummkopf sein wirst.“

„Habe ich dir jemals Veranlassung gegeben, mich für einen solchen zu halten?“

„Allerdings nicht. Und darum denke ich auch, daß du mit mir einverstanden sein wirst.“

„Das klingt ja gerade, als ob du mir einen Vorschlag zu machen hättest.“

„So ist es auch. Einen Vorschlag. Und zwar was für einen!“

„So laß hören.“

„Hm! Eigentlich ist es gefährlich sich einem andern mitzuteilen, von dessen Zustimmung man noch nicht überzeugt ist.“

„Traust du mir etwa nicht?“

„Du weißt bereits, daß ich dir mehr traue, als jedem anderen; aber die Sache ist wirklich mit einer ganz außergewöhnlichen Gefahr verbunden.“

„So solltest du auch nicht hier an diesem Ort, im offenen Wald, von ihr sprechen.“

„Oh, hier sind wir sicherer als sonst irgendwo. Oder denkst du etwa, daß der Alte hier mit uns gesprochen hätte, wenn er nicht vollständig überzeugt gewesen wäre, daß es keinen Lauscher gibt?“

„Es kann einer zurückgeblieben sein.“

„Das wagt keiner. Sie haben alle einen viel zu großen Respekt vor dem Kapitän.“

„Wir aber doch nicht. Da könnte es auch anderen einfallen, sich ein wenig zu emanzipieren.“

„Ich sage dir, daß keiner dies wagen wird. Bei uns beiden ist dies etwas anderes. Uns läßt er zuweilen einen Blick in seine Karten tun; das schadet dem Respekt. Ich denke wirklich, daß es keinen besseren Ort gibt, von einem Geheimnis zu sprechen, als dieses Loch.“

„Und wenn der Alte noch anwesend wäre?“

„Er kann uns nicht hören. Der Eingang ist verschlossen.“

„Na, meinetwegen. Also, was hast du vor?“

„Zunächst noch nichts. Ich denke nur daran, daß der Alte alles bekommen soll und wir nichts.“

„Wenigstens fast so viel wie nichts.“

„Wäre es nicht sehr prächtig, wenn er garnichts erhielte?“

„Hm! Wer soll es denn erhalten?“

„Wir.“

„Donnerwetter! Welcher Gedanke!“

„Ist er etwa schlecht?“

„Nein, famos, sogar höchst famos.“

„Was sagst du dazu?“

„Ich muß mir Zeit nehmen. Der Gedanke ist so großartig, daß man sich nicht sofort an ihn gewöhnen kann.“

„Nun, so beeile dich möglichst.“

„Es sind Millionen.“

„Der Alte sagte dies allerdings.“

„Bedenke! Millionen! Herrgott! Und jetzt sind wir solche arme Teufel, daß hundert Francs ein Vermögen für uns bilden.“

„Aber gefährlich ist es, verteufelt gefährlich.“

„Wir haben es da ganz mit derselben Gefahr zu tun. Ob wir das Geld für uns nehmen oder für den Alten, das bleibt sich in dieser Beziehung ganz gleich.“

„Das ist wahr. Aber dann die Folgen!“

„Ich kenne andere Folgen nicht, als daß wir sehr reich sein werden und das Leben genießen können. Sage mir überhaupt, weshalb du gerade unter die Franctireurs gehen willst?“

„Nun, der Beute wegen.“

„Richtig! Ich auch. Warum aber willst du bis später warten, wenn du gleich jetzt eine Beute in Aussicht hast, wie dir eine zweite gar nicht geboten werden kann?“