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„Und dadurch wollen Sie das Mädchen wirklich zwingen?“

„Sicher.“

„Sie wird, befürchte ich, nur obstinater werden.“

„Das treibe ich ihr aus. Finsternis, Durst und Hunger brechen auch den stärksten Willen. Sie muß ja sagen.“

„Vielleicht tut sie das, wird aber ihr Versprechen wohl nicht halten.“

„Da kennen Sie ihren Charakter nicht. Was sie einmal verspricht, das hält sie auch, und sollte es zu ihrem größten Unglück sein.“

„Und wann soll es geschehen?“

„Sobald es paßt. Heute, morgen, übermorgen.“

„Und wenn sie sich dennoch nicht entschließt?“

Da deutete der Alte mit dem Daumen über seine Achsel und rückwärts und sagte, höhnisch lachend:

„Da drinnen? Sich nicht entschließen. Sie wird mir noch gute Worte geben, mir meinen Willen tun zu dürfen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort. Aber lassen wir das. Ich bin meiner Sache sicher, und Sie können ruhig abreisen.“

„Leider muß ich. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen werden. Jeder Tag kann jetzt das Erwartete und auch das Unerwartete bringen.“

„Nun, wir sind gerüstet, wie Sie sehen. Alle diese Gewölbe sind voller Waffen und Munition, ich wollte, es ginge bereits morgen los.“

„Man wird nicht ermangeln, sich zu beeilen. Man fängt keinen Krieg im Dezember an, und jetzt haben wir bereits den Sommer vor der Tür.“

„Nun, Sie können melden, daß wir hier so ziemlich gerüstet sind. Ich bin bereit, die Rechnung mit Deutschland, welche so lange unberichtigt geblieben ist, einzufordern. Nun aber trinken wir aus und gehen. Es gab heute viel zu schaffen, viel Ärger und Verdruß. Ich bin müde.“

„Ja, gehen wir. Schließen Sie aber die Lieferbücher und den Wein hier vorher in den Kasten.“

„Natürlich! Ah, wo habe ich denn nur die Schlüssel.“

Müller hatte genug gehört. Er kehrte, so eilig dies möglich war, zu Fritz zurück und zog denselben mit sich fort.

„Rasch! Sie gehen.“

Als sie um die Ecke gebogen waren und sich der Tür näherten, konnte Müller es wagen, einen Schein aus der Laterne fallen zu lassen, um den Weg ohne Anstoß finden zu können. Da flüsterte Fritz:

„Sapperment! Zwei Schlüssel!“

„Wo?“

„Hier auf dem Kistenrand, welcher hervorragt.“

„Her damit.“

Müller griff zu, nahm die Schlüssel an sich und trat durch die Tür, welche sie offen gelassen hatten, in dem Gang hinaus. Fritz lehnte sie wieder an, so wie sie dieselbe vorgefunden hatten.

„Jetzt schnell zurück!“ gebot Müller.

Er ließ jetzt die Laterne voll auf den Weg scheinen. Sie eilten den Weg zurück, den sie gekommen waren, aber nur bis zur nächsten Tür, an welcher sie vorhin vorüber passiert waren. Dort zog Müller die Schlüssel hervor.

„Sie wollen doch nicht gar hier hinein?“ fragte Fritz.

„Natürlich! Ob er aufschließen wird?“

Er probierte in fieberhafter Eile. Welch ein Glück! Der eine der Schlüssel öffnete das Schloß. Müller zog die Tür auf und den Schlüssel ab, trat mit Fritz in den Raum, der ihnen finster entgegengähnte, und schloß die Tür von innen wieder zu.

„Was wollen wir denn hier?“ fragte Fritz.

„Der Kapitän suchte die Schlüssel, und wir haben sie. Es ist möglich, daß er glaubt, sie verlegt zu haben; aber ebenso möglich ist es auch, daß er Verdacht schöpft. In diesem Fall kehrt er sicher zurück, um zu sehen, ob sich eine Spur davon finden läßt, daß ein Unberufener hier gewesen ist. Dann muß ich möglichst wissen, was er denkt, und darum verstecke ich mich hier. Wenn wir sofort fliehen, weiß ich doch nicht, welche Ansicht er über das Verschwinden der Schlüssel hat.“

„Aber wir spielen ein gewagtes Spiel.“

„Nicht so sehr, wie du denkst. Hier herein kann er nicht, und übrigens sind wir bewaffnet.“

„Na, ich fürchte mich auch nicht etwa, aber, Herr Doktor, Sie hatten es so eilig, ich dachte, die beiden Kerls wären hart hinter Ihnen her, und nun hört man nichts von ihnen.“

„Sie werden eben nach den Schlüsseln suchen. Horch!“

Er drehte den Schlüssel im Schloß um und öffnete die Tür ein wenig. Durch diese Lücke bemerkte er den Grafen und den Kapitän, welche jetzt in den Gang hinausgetreten waren. Sie sprachen laut miteinander, jedenfalls ein gutes Zeichen für Müller. Hätten sie Verdacht gehabt, so wäre ihre Unterhaltung jedenfalls eine leisere gewesen.

Die beiden Türen waren vielleicht fünfzig Fuß voneinander entfernt. Diesem Umstand war es zu danken, daß Müller hörte, was gesprochen wurde.

„Nein“, sagte der Kapitän, „ich habe sie nicht hierher gelegt. Ich habe sie mit mir genommen. Ich mußte doch die Zelle und auch die Truhe aufschließen.“

„Ja. Aber dann gingen wir vor nach der Tür, um die Kisten zu zählen.“

„Da hätte ich die Schlüssel mitgehabt?“

„Sie haben sie da auf eine der Kisten gelegt, wie ich glaube.“

„Dann müßten sie noch da liegen.“

„Hm! Befinden wir uns wirklich ganz allein hier?“

„Ohne allen Zweifel.“

„Nun, sie müssen am besten wissen, ob jemand Zutritt hat. Ich glaube mich in Beziehung der Schlüssel nicht zu irren.“

„Und doch irren Sie sich. Ich habe sie ganz hinten mitgehabt. Sie sind mir jedenfalls zwischen zwei Kisten hinabgefallen. Es ist mir unangenehm, aber ich habe keine Zeit zu suchen und alles umzustürzen.“

„Aber was wird hier mit der Tür?“

„Die bleibt einstweilen angelehnt. Ich muß wieder zurück, um sie zu verschließen.“

„Haben Sie denn noch andere Schlüssel?“

„Gewiß. Ein Schlüssel geht leicht verloren, ich befinde mich darum im Besitz doppelter Hauptschlüssel.“

„Donnerwetter! Hauptschlüssel waren es? Ist das nicht ziemlich unvorsichtig von Ihnen?“

Die Frage mochte den Alten wohl ärgern. Er antwortete:

„Lassen Sie mich in Ruhe. Ich bin kein Schulknabe, sondern alt genug, um zu wissen, was ich tue. Wenn sich unser Lager leert, werden sich die verlorenen Schlüssel ganz sicher wiederfinden. Basta! Gehen wir.“

Der Alte zog den Grafen mit sich fort. Da sagte Fritz leise:

„Gratuliere, Herr Doktor! Hauptschlüssel! Donnerwetter!“

„Ja, das ist ein Zufall, dem wir vielleicht sehr viel zu verdanken haben werden. Wie gut, daß du sie bemerktest.“

„Und ebensogut, daß Sie gerade dort die Laterne aufmachten. Ich hätte übrigens den Alten für klüger gehalten. Er ist wirklich leichtsinnig.“

„Das denke ich nicht. Er kann es wirklich nicht für möglich halten, daß jemand in seiner Gegenwart in diesen unterirdischen Raum eindringt, um ihm seine Hauptschlüssel zu stehlen.“

„Nun können wir alles genau durchsuchen.“

„Für heute werden wir das unterlassen.“

„Ah! Wie schade! Warum?“

„Hast du nicht gehört, daß der Alte zurückkehren wird? Ich werde mich sehr hüten, mich von ihm überraschen zu lassen.“

„Wir müßten nur vorsichtig sein.“

„Aber wir wissen nicht, ob diese Vorsicht hinreichend sein wird. Die beste Vorsicht ist jedenfalls, für heute auf alles weitere zu verzichten. Wir kennen die Räumlichkeiten nicht. Es ist sehr leicht möglich, daß man in eine Falle gerät, von der man keine Ahnung hatte.“

„So gehen wir also?“

„Nein, wir bleiben.“

„Sapperment! Diese beiden sind ja fort!“

„Ganz richtig. Aber ich bleibe dennoch, bis der Alte wieder da gewesen ist. Ich muß sehen, ob er zuschließt und dann beruhigt ist. Es kommt für mich viel darauf an, zu wissen, ob er Unruhe oder gar Bedenken hegt.“