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Da blickte er zufällig auf. Von weiter vorn kamen drei Männer gerannt, einer in der Uniform eines Bahnwärters, die beiden anderen in Zivil.

„Monsieur“, raunte er dem Amerikaner zu, „jedenfalls sind das die beiden.“

„Ja, sie müssen es sein. Wir nehmen sie fest.“

„Aber auf frischer Tat.“

„Wieso? Die Tat ist vorüber und wird ihnen wohl kaum bewiesen werden können, wenn Sie sie nicht genau zu rekognoszieren vermögen.“

„Ihre Gesichtszüge habe ich nicht gesehen; aber dennoch werden wir sie überführen.“

„Auf welche Weise?“

„Haben Sie den Mut, den Toten zu spielen?“

„Das wäre nicht schwer; aber der Messerstich, der Griff an die Gurgel.“

„Pah! Ich werde sie scharf überwachen.“

„Gut! Dann habe ich Ihren Plan verstanden und bin bereit, ihn mit auszuführen.“

„Nehmen Sie vorher die Wertpapiere aus der Brieftasche.“

„Das ist nicht nötig. Diese teuflischen Schufte haben sich getäuscht. Meine Papiere haben nur in meinen eigenen Händen Wert. Selbst wenn ihnen der Coup gelungen wäre, hätten sie keine Centime erhalten.“

„Dann also rasch! Sie sind vorn bei der Lokomotive, Sie aber, Monsieur, dürfen von ihnen vorher nicht bemerkt werden.“

„Wohin aber?“

„Hier ist dieses Coupé erster Klasse. Es ist ziemlich demoliert. Ich bedecke den Körper mit den Trümmern; so bemerkt man nicht, daß Sie unverletzt sind. Durch das Lampenloch von oben beobachte ich die Kerls. Tut einer etwas nur im geringsten bedrohliches für Sie, so schieße ich ihn mit dem Revolver über den Haufen. Also hinein!“

Der Amerikaner kroch in das arg beschädigte Coupé, und Fritz bedeckte ihn mit den Trümmern, so daß nur der Kopf und ein Teil des Oberkörpers zu sehen war.

„So! Warten Sie“, sagte er dann. „Jetzt hole ich vorerst noch einen Zeugen.“

Der Oberschaffner war unbeschädigt geblieben. Er leitete jetzt die Rettungsarbeit, während man die Hilfe erwartete, nach welcher gesendet worden war. Fritz näherte sich ihm und gab ihm einen Wink, abseits hinter einen umgestürzten Waggon zu kommen, wo sie von den beiden zukünftigen Franctireurs nicht beobachtet werden konnten.

„Was wünschen Sie?“ fragte der Beamte.

„Wollen Sie die Verbrecher haben, welche diesen Unfall hervorbrachten?“

„Herr, wenn Sie die mir verschaffen könnten!“

„Sie sind hier.“

„Hier? Unmöglich!“

„Und doch! Es ist keine Zeit zu langen Auseinandersetzungen; hören Sie nur kurz folgendes: Ich belauschte gestern im Wald zwei Männer, welche davon sprachen, daß mit diesem Zug ein Amerikaner komme, welcher ein Vermögen in seiner Brieftasche trage, Sie wollten ihn ermorden – nach seiner Ankunft in Thionville, wie ich vermutete. Ich fuhr ihm entgegen, um ihn zu warnen. Ich traf ihn. Aber diese Schurken hatten einen anderen Plan, als ich erraten konnte. Sie ließen den Zug entgleisen und sind jetzt gekommen, scheinbar, um Hilfe zu leisten, in Wirklichkeit aber, um den Amerikaner zu suchen und ihm noch rechtzeitig die Brieftasche abzunehmen.“

„Ah, wir werden sie bedienen. Wo ist der Herr?“

„Er hat sich dort in das Coupé erster Klasse gesteckt, um den Toten zu spielen.“

„Ich muß ihn sehen.“

Der Beamte trat zu dem Amerikaner und bat, das Taschentuch sehen zu dürfen. Deep-hill zog es hervor und reichte es ihm hin.

„Gut“, meinte der Oberschaffner. „Jetzt kenne ich es. Wollen sehen, ob sie die Probe bestehen.“

„Aber warten Sie noch einen Augenblick“, bat Fritz. „Ich muß auf den Wagen, um zu verhindern, daß sie ihn töten.“

„Das ist vorsichtig und löblich gehandelt. Da liegt ein Fetzen Wachsleinwand. Werfen wir ihn hinauf, damit Sie sich darunter verstecken können. Ich werde es bewerkstelligen, daß die Schufte hierherkommen. Das weitere wird sich dann finden.“

Der Oberschaffner entfernte sich. Fritz kroch auf den Wagen, unter das Glanzleinen, und zog den Revolver. Er konnte durch das Laternenloch alles genau beobachten. Der Amerikaner lag wirklich wie eine Leiche unter den Trümmern. Sein Rock war vorn geöffnet, so daß man sehr leicht zur Tasche gelangen konnte.

Der Beamte war an seinen früheren Standort zurückgekehrt, um seines Amtes weiter zu walten. Er beobachtete die beiden Männer, welche sich scheinbar eifrig bei der Rettungsarbeit beteiligten, sich aber nur wenige Augenblicke an einer und derselben Stelle verweilten. Jetzt, da er aufmerksam gemacht worden war, mußte er bemerken und überzeugt sein, daß sie nach einem Gegenstand suchten. Er trat ihnen näher, sagte einige belobende Worte und fügte dann hinzu:

„Da hinten gibt es auch noch Arbeit, Leute. In der zweiten Klasse saßen einige Weinreisende, und in der ersten Klasse fuhr ein Amerikaner. Man hat noch nichts von ihnen erblickt.“

Er sah ganz deutlich, wie sie sich erfreut ansahen. Sie wurden da gerade auf das, was sie suchten, hingewiesen; darum ließen sie sich den Befehl nicht zum zweiten Mal geben. Der Beamte wendete sich ab und tat gar nicht so, als ob er sie beobachte.

„Das trifft sich gut!“ flüsterte der eine dem anderen zu. „Also in der ersten Klasse liegt er. Ich brenne vor Begierde, ob er das Geld bei sich hat.“

„Das wird sich sofort zeigen. Komm!“

Sie traten an das Coupé und blickten hinein.

„Donnerwetter! Der muß ganz zerquetscht sein“, sagte der eine.

„Man sieht es, daß er tot ist.“

Die meisterhaft verteilten Trümmer täuschten sie.

„Oben ist er noch gut erhalten. Also, zugegriffen.“

Der Sprecher fuhr nach der Rocktasche und zog das Buch hervor. Er öffnete es und sagte, beinahe zu laut für die Lage, in der sie sich auch ohne Beobachtung befunden hätten:

„Alle tausend Teufel! Sieh, diese Zahlen. Lauter Zehn-, Zwanzig- und Fünfzigtausend.“

„Rasch weg damit.“

„Schön! Da hab ich's nun in meiner Tasche. Aber was nun? Gehen wir?“

„Nicht gleich. Das würde auffallen. Sehen wir erst in die zweite Klasse. Man hat nach Thionville und Königsmachern Nachricht gegeben. Es kann jeden Augenblick Hilfe kommen. Sobald diese eingetroffen ist, machen wir uns davon.“

„Bleibt es bei unserem Plan?“

„Ja. Der Alte bekommt keinen Heller.“

„Und Lefleur?“

„Der mag im Buchsbaum jetzt auf uns warten. Was geht er uns an? Wir haben nichts gefunden.“

„Dann vorwärts also.“

Sie entfernten sich und machten sich an anderen Wagen zu schaffen. Dabei gelang es Fritz, unbemerkt von dem seinigen herabzukommen und wieder zu dem Oberschaffner zu gelangen.

„Haben sie es?“ fragte dieser.

„Ja.“

„Das paßt! Hören Sie! Man sendet von Thionville Hilfe. Ich höre das Rasseln der Räder. Warten wir, bis diese da ist, und dann nehmen wir die Teufel fest.“

„Auch sie wollen nur das Nahen der Hilfe abwarten, um sich dann sogleich zu entfernen.“

„So ist es notwendig, sie zu bewachen. Wollen Sie das tun?“

„Gern.“

„Sie haben einen Revolver, wie ich bemerkte, Monsieur? So schießen Sie, ehe Sie einen der Kerle entkommen lassen, ihn lieber kaputt. Ah, da kommt eine Maschine mit Waggons. Gott sei Dank! Diese Hilfe ist sehr nötig.“

Er eilte fort. Fritz aber machte sich an die beiden Männer und tat, als ob er sie bei ihrer Arbeit unterstützen wolle.

Auf die Nachricht von dem Eisenbahnunfall war von Thionville sofort ein Zug abgelassen worden. Er enthielt Beamte, Militär und einige Ärzte. Diese Passagiere sprangen sofort aus den Waggons, als die Maschine vor der Unglücksstelle hielt. Der Oberschaffner eilte sofort auf den Offizier zu, welcher die Truppen anführte, und sagte: