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„Das weiß ich sehr wohl.“

„Dann dürfen Sie auch nichts tun, was gegen meinen Willen ist.“

„Oho! Was ist denn gegen Ihren Willen?“

„Ihr Besuch bei diesen Melacs.“

„Pah! Ich bin Ihr Gast, aber nicht Ihr Sklave. Übrigens arbeite ich für Sie. Es ist eine Ehre für Sie, einen Künstler bei sich zu haben. Verstehen Sie wohl. Auch handelt es sich gar nicht um einen Besuch bei Melacs, sondern um eine Arbeit, welche ich da vorzunehmen hatte.“

„Gearbeitet haben Sie drüben?“

„Allerdings.“

„Das soll doch heißen, gemalt? Haben Sie vielleicht porträtiert?“

„Ja, porträtiert.“

Man sah es diesem Berteu an, daß er ganz erregt war. Er vergaß alle Höflichkeit und fragte zudringlich weiter:

„Wen? Den Alten?“

„Nein.“

„Die Frau?“

„Nein.“

„Das Mädchen?“

„Auch nicht.“

„Donnerwetter! Wenn denn? Es gibt da ja nur diese einzigen drei Personen.“

„Wenn ich sagte, daß ich porträtiert habe, so ist das richtig, denn ich habe an einem Porträt gearbeitet, aber allerdings an einem bereits vorhandenen.“

„Es gibt da nur ein Bild, welches Sie meinen können: ein Pastellbild.“

„Das war es allerdings.“

„Es stellt einen jungen Mann dar?“

„Stimmt auffallend.“

„Wer mag das sein?“

„Ich weiß es nicht.“

„Sie haben das Bild natürlich geöffnet?“

„Das versteht sich ganz von selbst.“

„Hat sich nichts dabei ereignet?“

„O doch.“

„Was denn? Was?“ fragte Berteu schnell.

„Es fiel ein Nagel herunter, so daß Mademoiselle Marie gezwungen war, ihn aufzuheben.“

„Monsieur!“

„Was wünschen Sie?“

„Denken Sie etwa, mich zum Narren machen zu wollen?“

„Pah! Ich antwortete Ihnen. Kann denn ich dafür, daß Sie alles, selbst bis auf solche Kleinigkeiten, wissen wollen?“

„Nach dem Nagel habe ich Sie nicht gefragt. Aber, Sie sind Kenner. Ist das Bild wertvoll?“

„Allerdings sehr.“

„Wie hoch schätzen Sie es?“

„Es kann sechstausend Francs gekostet haben.“

„Sechst – alle Teufel! Und jetzt? Hat es auch noch denselben Wert?“

„Den behält es.“

„Also doch. Welch ein Fehler von meinem Vater!“

„Einen Fehler? Was meinen Sie?“

„Wissen Sie denn nicht, wie das Bild in die Hände der Melacs gekommen ist?“

„Ich hörte, daß es ein Geschenk sei.“

„Nein, das ist nicht wahr. Jene haben es nur zur Aufbewahrung erhalten. Es gehört meinen Stiefschwestern. Vater hätte darauf bestehen sollen, es zurückzuerhalten. Haben Sie die Restaurierung vollendet?“

„Nein. Ich habe morgen noch einige Zeit daran zu arbeiten.“

„Und meine Gemälde werden dabei vernachlässigt.“

„Haben Sie keine Sorge. Ehe ich fortgehe, werde ich auch mit diesen fertig.“

Es war noch nicht spät, und so hatte der Maler noch nicht Lust, schlafen zu gehen. Er befand sich in einer ganz eigentümlichen Stimmung. Es war ihm, als ob er das große Los gewonnen hätte. Er hatte sehr viele Mädchen gesehen, und keine war ohne Eindruck auf ihn gewesen, er hatte sie alle haben wollen; aber diese Marie – das war doch etwas ganz anderes. Er hatte das Gefühl, als ob er sich verloren gehabt und nun wiedergefunden habe.

Es wurde ihm in der Stube zu eng. Er brannte eine Zigarre an und begab sich in das Freie. Natürlich ging er in den Park. Es verstand sich das ganz von selbst, daß er sich nach kurzem gerade vor der Bank sah, auf welcher er mit Marie gesessen hatte. Er setzte sich nieder.

Er hatte nicht etwa erwartet, sie hier zu treffen, o nein. Aber er blieb doch eine längere Zeit, als ob er meine, daß jemand kommen solle. Und da – da hörte er Schritte. Er horchte auf. Die Schritte näherten sich. Es waren die Schritte zweier Personen.

Er wollte nicht gesehen werden, darum stand er auf und trat zwischen die Büsche, vor denen die Bank stand. Es waren zwei Männer, welche kamen. Als sie die Bank erreichten, blieben sie stehen.

„Setzen wir uns ein wenig?“ fragte der eine, in welchem der Maler seinen Wirt Berteu erkannte.

„Meinetwegen.“

„Du bist heute sehr kurz angebunden.“

„Habe auch Veranlassung dazu.“

„Wegen der Mädels?“

„Weswegen sonst!“

„Pah! Es war ein Scherz, der uns leider mißlungen ist.“

„Der mich aber um allen Kredit gebracht hat.“

„Unsinn, Ribeau. Kein Mensch weiß genau, was geschehen ist, kein Mensch.“

„Aber man hat uns doch in der Pulvermühle gefunden, gebunden und geknebelt, und zwar der Mädels wegen.“

„Mich kränkt das nicht im mindesten. Das heißt, dem Volk gegenüber. Daß mir aber die Nanon entgangen ist, darüber könnte ich verrückt werden vor Wut. Könnte man nur eine Ahnung haben, wer der Kerl gewesen ist.“

„Lang und stark war er, baumstark.“

„Blond. Bist du in Etain gewesen und hast du nichts erfahren?“

„Na, ich will dich nicht auf die Folter stellen. Meine Erkundigungen sind von Erfolg gewesen.“

„Das wäre prächtig. Also heraus damit!“

„Am Abend vor dem Begräbnis sind sie angekommen.“

„Wer denn eigentlich?“

„Nun, Mademoiselle Nanon Charbonnier aus Ortry und Mademoiselle Madelon Charbonnier aus Berlin. Sie sind am Gasthof Napoleon abgestiegen. Sie haben eine Kutsche gehabt, welche sie in Metz gemietet hatten.“

„Das alles ist mir verteufelt gleichgültig. Der Kerl, der Kerl! Wer war der?“

„Als sie angekommen sind, hat ein langer starker Kerl neben dem Kutscher gesessen.“

„Ah! Der war es also.“

„Auch er hat seinen Namen in das Fremdenbuch eingetragen.“

„Wie heißt er?“

„Fritz Schneeberg aus Thionville.“

„Fritz Schneeberg? Ein deutscher Name! Hole ihn der Teufel! Was ist er denn?“

„Pflanzensammler.“

„Sapperment! Das ist ja etwas verdammt Vornehmes! Das stand mit im Fremdenbuch?“

„Ja, ich habe es gelesen.“

„Das ist nun alles, was du erfahren hast?“

„O nein. Ich weiß sogar, daß dieser Mensch der Geliebte deiner hübschen Nanon ist.“

„Unsinn! Die und ein Pflanzensammler.“

„Und doch.“

„Wieso? Sprich!“

„Nun, der Kellner hat ein kleines Verhältnis mit dem Zimmermädchen. Die beiden haben im dunklen Korridor gestanden, um sich ein wenig beim Kopf zu nehmen, da ist Nanon gekommen und hat diesen Schneeberg in seinem Zimmer aufgesucht.“

„Alle Wetter! Den Kerl vergifte ich! War es denn auch wirklich Nanon und nicht die andere?“

„Es handelt sich um ein Liebesverhältnis. Da versteht es sich ja ganz von selbst, daß Nanon seine Geliebte sein muß, nicht aber Madelon, die er gar nicht kennen kann.“

„Gut, gut! Ich komme übermorgen nach Thionville. Ich werde mich einmal nach diesem Herrn erkundigen. Was weißt du weiter?“

„Die beiden Mädchen sind am anderen Morgen mit dem Lohnkutscher nach Malineau gefahren. Der Kerl ist ihnen zu Fuß gefolgt. Er hat die ganze Gegend auskundschaftet.“

„Woher weißt du das?“

„Man hat ihn überall gesehen. Auch in der Dorfschenke ist er gewesen und hat mit dem Kutscher gesprochen.“

„So geht mir ein Licht auf. Er hat mich auf irgendeine Weise belauscht.“

„Jedenfalls. Des Abends spät ist er mit den Mädchen nach Etain zurückgekehrt und sofort aufgebrochen.“

„Wohin sind sie gefahren.“

„Nach Metz zurück.“

„Woher weiß man das?“

„Sie haben ja das Metzer Geschirr benutzt. Der Urian ist natürlich auch mit. Vorher aber hat es noch ein komisches Intermezzo gegeben. Nämlich, es hat da ein kleiner, dicker Kerl logiert, ein Maler –“