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„Ah! Weiß du den Namen?“

„Schneffka, Maler aus Polen, hat im Buch gestanden.“

„Donnerwetter! Das ist ja mein Maler!“

„Der deinige? Was soll das heißen?“

„Er wohnt bei mir und bessert meine Gemälde aus.“

„So wird dich das Ding doppelt interessieren. Nämlich, eben, als die beiden Schwestern in den Wagen steigen wollen, kommt dieser Mensch zur Treppe herab, barfuß und im Hemd, nur eine rote Tischdecke um sich geschlungen und einen riesigen Künstlerhut auf dem Kopf.“

„Verrückt! Was hat er gewollt?“

„Er hat mit den beiden Schwestern gesprochen und ist dann wieder in sein Zimmer gegangen.“

„Was hat er mit ihnen zu sprechen gehabt?“

„Das konnte ich nicht erfahren, den niemand hat so nahe gestanden, daß es zu hören gewesen wäre. Verdächtig ist es aber doch, daß dieser Kerl die Mädchen kennt und nun bei dir wohnt.“

„Das ist wahr! Sollte er mit ihnen unter einer Decke stecken? Sollte er, der Dicke, Kleine der Verbündete dieses langen, starken Flegels sein, dem wir es zu verdanken haben, daß uns die beiden Mädchen entgangen sind?“

„Ich denke es. Ja, ich bin sogar überzeugt davon.“

„Dann soll den Kerl der Teufel holen.“

„Pah, der Teufel! Wir selbst werden es sein, die ihn holen!“

„Allerdings. Denn in diesem Fall ist er ein gefährlicher Kerl, der noch ganz andere Absichten hat, als wir jetzt denken.“

„Welche Absichten sollten das sein?“

„Nun, wo wohnt der Kräutermann?“

„In Thionville.“

„Also in der Nähe von Ortry. Und wo wohnt diese Nanon?“

„In Ortry.“

„Gut! Und in Ortry haben wir nicht nur unsere Niederlagen, sondern dort laufen auch alle Fäden unserer geheimen Verbindungen zusammen. Hast du denn noch nichts von der Vermutung gehört, daß geheime Emissäre diese Gegend durchstreifen?“

„Man spricht allerdings davon.“

„Nun, dann möchte man fast denken, daß dieser Kräutersammler ein solcher deutscher Spion ist.“

„Donnerwetter! Wenn das wäre.“

„Dann läge auch die Vermutung nahe, daß der kleine Maler zu ihm gehört.“

„Höre, du kannst recht haben. Man muß diesem Kerl sehr scharf auf die Finger sehen.“

„Das werde ich bereits morgen tun. Ist er ein Spion, so gehört er nicht zur gewöhnlichen Volksklasse.“

„Nein, sondern er ist entweder ein Offizier oder ein Diplomat.“

„Dieser Schluß ist sehr richtig. Nur scheint er mir das Zeug zu einem Diplomaten nicht zu haben.“

„Zu einem Offizier freilich noch weniger. Wer, nackt und nur mit einem Tischtuch umwickelt, mit Damen spricht, der handelt ganz und gar nicht als Kavalier.“

„Allerdings. Kurz und gut, der Kerl ist mir ein Rätsel, und dieses werde ich lösen. Er wird mir gleich morgen Rede stehen müssen.“

„Das mußt du aber schlau anfangen.“

„Keine Angst! Ich werde mich natürlich hüten, mit der Tür in das Haus zu fallen.“

„Und morgen müssen wir Gewißheit haben.“

„Warum bereits morgen?“

„Narr, weil wir übermorgen nicht mehr hier sind.“

„Ah, richtig! Wegen des Pulvertransports!“

„Es würde da gut sein, wenn wir dem alten Kapitän gleich etwas Positives melden könnten. Irre ich mich nicht, so haben wir das Pulver diesesmal im Steinbruch abzuliefern?“

„Ja. Es ist das der sicherste Ort.“

„Können wir mit dem Wagen hin?“

„Ja. Es geht von der Stadt ein Fahrweg hin. Dieser ist zwar alt und seit langer Zeit nicht mehr benutzt, bietet aber dem, der ihn kennt, keine allzu großen Schwierigkeiten. Es ist der einzige Steinbruch der ganzen Umgegend.“

„Wann müssen wir dort eintreffen?“

„Punkt zwölf Uhr.“

„Wie aber die Fässer in die Niederlage bringen?“

„Dummkopf! Das ist die Sache des Kapitäns. Ich vermute, daß es auch dort einen geheimen Gang gibt, welcher mit den unterirdischen Gewölben zusammenhängt.“

„Warst du bereits einmal drin?“

„Nein. Aber nach dem, was man davon im stillen sagt und erzählt, müssen bereits fürchterliche Vorräte von Waffen und Munition vorhanden sein. Sollten die Deutschen wirklich mit uns anfangen, so sind sie verloren.“

„Sie werden anfangen!“

„Dann sind sie dumm genug!“

„Sie werden dazu gezwungen. Der Kaiser ist der größte Diplomat der Gegenwart. Er will den Krieg, und da er die Schuld desselben nicht auf sich laden wollen wird, so findet er ganz sicher eine Gelegenheit, die Deutschen zu veranlassen, den Krieg zu erklären.“

„Das wäre ein famoser Kniff! Wir sind vorbereitet, sie aber jedenfalls nicht.“

„Nun, wir werden einen Spaziergang nach Berlin machen und unterwegs viel, sehr viel finden, was mitzunehmen ist.“

„Das ist die Hauptsache! Ich freue mich auf den Augenblick, in welchem uns der Alte die Ordre schickt. Denke dir, Offizier der Franctireurs!“

„Ich ja auch! Und das beste dabei ist, daß wir nicht mit in die Schlachtlinie gezogen werden. Wir blieben hinter den Aktiven, um – um – um –“

„Nun, um?“

„Um die Verbindung mit Frankreich zu unterhalten.“

„Ja, und um auf Ordnung zu sehen.“

„Hahahaha! Ordnung! Man schweift rechts und links ab und sucht, was zu finden ist! Also, nimm zunächst gleich morgen den Maler gehörig vor und sorge, wenn er dir wirklich verdächtig vorkommt, dafür, daß er uns nicht entwischen kann.“

„Habe keine Sorge! Wen ich einmal anfasse, der entgeht mir nicht. Verdächtig hat er sich bereits dadurch gemacht, daß er mit dem Beschließer verkehrt.“

„Hältst du den wirklich für einen Deutschenfreund?“

„Das ist er auf alle Fälle. Weil er ein Nachkomme Melacs ist, hält er es für seine Pflicht, das zu bereuen, was sein Ahne Großes getan hat. Aber komm; wir müssen ausruhen, da wir morgen bereits mit der Dämmerung aufzuladen haben, um dann übermorgen zur angegebenen Zeit in dem Steinbruch bei Ortry einzutreffen.“

Sie gingen.

Erst als ihre Schritte verklungen waren, trat der Dicke hinter seinem Versteck hervor.

„Donnerwetter!“ brummte er. „Das war eine wichtige Unterredung! Da hätte mein Freund Tannert, der Telegrafist und Husarenwachtmeister mit dabei sein sollen! Ich und ein deutscher Spion! Hahaha!“

Er setzte sich auf die Bank und dachte über das Gehörte nach.

„Na“, fuhr er fort, „eine Art von Spion bin ich allerdings, da ich ja gekommen bin, diesen Berteu auszuhorchen; aber ein wirklicher – so was man Eclaireur nennt, das bin ich nun freilich nicht. Ich stehe mich leider mit unserem Moltke nicht so familiär, daß er wissen könnte, was für ein gescheiter Kerl ich bin! Also aushorchen will er mich, ob ich Offizier oder Diplomat bin! Schön! Horche nur zu, Bursche!“

Nach einer Weile lachte er leise vor sich hin und sagte für sich:

„Vielleicht drehen wir den Spieß um, und ich horche euch aus, anstatt ihr mich. Pulver und Waffen in unterirdischen Gewölben in oder bei Ortry. Sapperment! Das ist ja so gefährlich wie Pudding, wenn er mit Dynamit gefüllt ist. Franctireurs, also Freischaren sollen gebildet werden? Von dem alten Kapitän? Wartet, ihr Kerls, euch werde ich belauschen! Und was ich erfahre, das sage ich meinem Freund Martin Tannert, der – ah, sagte er denn nicht, daß auch in Ortry bereits einer ist, nämlich der Rittmeister von Königsau? Und dann der Wachtmeister Fritz Schneeberg? Sollte das der Kräutermann sein, von dem diese beiden gesprochen haben? Sehr wahrscheinlich. An ihn oder Königsau kann ich mich doch auch wenden, wenn Gefahr im Verzug ist. Wartet, ihr Burschen, der Hieronymus Aurelius Schneffke wird euch einen dicken Strich durch eure Rechnung machen. Übermorgen bin ich in Thionville und Ortry und suche den Steinbruch auf. Pulverlieferung. Unterirdische Gewölbe. Geheime Gänge. Vorrat an Waffen und Munition. Hinter diese Schliche und Geheimnisse muß ich kommen. Man wird dafür sorgen, daß euch euer Spaziergang nach Berlin nicht allzu gut bekommen soll.“