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Mrs Walsh und Cindy rumorten hinter der offen stehenden Küchentür, während Maistowe am Tisch saß und in irgendwelchen Papieren blätterte. Als er ihre Schritte hörte, wollte er aufspringen, aber Bast hielt ihn mit einem raschen Kopfschütteln zurück. »Bleiben Sie sitzen, Jacob. Bitte.«

Maistowe war offensichtlich müde genug, um dieses Angebot, gegen die Regeln des Anstandes zu verstoßen, anzunehmen und ließ sich mit einem erschöpften Seufzen wieder zurücksinken. Bast nahm an, dass sie die Einzige im Haus war, die in dieser Nacht geschlafen hatte.

Sie deutete auf die beschädigte Tür. »Wieso hat der Bobby das Loch nicht bemerkt?«

»Das hat er«, antwortete Maistowe. »Er hat mir sogar geholfen, es notdürftig zu reparieren und mir die Adresse eines Tischlers gegeben, der die Reparatur fachgerecht und preiswert ausführen kann ... nachdem er sich köstlich über mein Ungeschick amüsiert hat.« Er lächelte müde. »Ich bin nun einmal Kapitän eines Schiffes, und kein Möbelpacker. Manche Dinge sollte man vielleicht doch besser Leuten überlassen, die wissen, was sie tun. Ein Profi hätte sich kaum so ungeschickt mit diesem schweren Schrankkoffer angestellt, dass er die Tür damit eingeschlagen hätte.«

Bast maß das unregelmäßig gesplitterte Loch mit einem prüfenden Blick. »Und das hat er geglaubt?«, fragte sie skeptisch.

Maistowe nickte. »Die Leute glauben viel, wenn man ihnen ein ganzes Pfund Trinkgeld gibt, nur damit sie einem die Nägel reichen. Wer weiß - für ein weiteres Pfund hilft er meinen Männern vielleicht heute Abend sogar, gewisse schwere Kisten auf den Wagen zu laden.«

»Übertreiben Sie es nicht, Jacob!«, sagte Bast ernst, aber Maistowe hob nur die Schultern und lächelte noch melancholischer.

»Ich bin nicht sicher, ob es da noch viel zu übertreiben gibt«, seufzte er. »Verstehen Sie das jetzt nicht falsch, es geht gewiss nicht gegen Sie - ganz bestimmt nicht. Sie können wahrscheinlich am allerwenigsten für das, was gestern Nacht passiert ist. Schließlich haben Sie es nur gut gemeint - aber ich fürchte, diese Angelegenheit wird mehr Folgen haben, als Gloria jetzt schon ahnt.«

»Es ist nicht damit getan, die Toten wegzuschaffen«, bestätigte Bast.

»Ich bin nicht sicher, ob wir das überhaupt sollten«, sagte Maistowe. »Frederick ist nicht dumm. Er muss nur einmal durch das Haus gehen und wird wissen, was passiert ist.« Er seufzte tief. »Es könnte gut sein, dass wir nie wieder hierher zurückkehren können.«

»Ich weiß«, antwortete Bast. Und das nicht nur wegen Abberline und Monro, dachte sie. Da waren noch Maude und ihre Mädchen und zweifellos etliche von Roys Freunden, die sich irgendwann Gedanken darüber machen würden, wo ihr kleines Rollkommando geblieben war. Sie konnte schließlich nicht ganz Whitechapel auslöschen, nur um die Spuren dieser Nacht zu verwischen. Sie zwang sich zu einem Lächeln.

»Aber war es denn nicht das, was Sie sich insgeheim immer gewünscht haben, Jacob?«, fragte sie. »Zusammen mit Mrs Walsh von hier wegzugehen?«

»Nicht so«, antwortete Maistowe niedergeschlagen.

Bast verzichtete darauf, ihm zu sagen, dass er noch Glück gehabt hatte. Die meisten von denen, die den Fehler begingen, ihr zu helfen, bezahlten dafür mit dem Leben.

»Ah, da sind Sie ja.« Mrs Walsh kam, einen dampfenden Suppenteller in beiden Händen vor sich her balancierend, aus der Küche und steuerte den Tisch an. »Genau noch im richtigen Moment. Viel länger hätte ich die Suppe nicht mehr warm halten können.«

»Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich bin wirklich nicht hungrig«, sagte Bast. »Und ich fürchte, ich habe auch nicht die Zeit, jetzt in Ruhe etwas mit Ihnen zu essen. Ich muss fort.«

»Um mit dieser Faye zu sprechen, ich weiß«, antwortete Mrs Walsh. »Aber Sie werden mit niemandem reden, wenn Sie vor lauter Schwäche zusammengebrochen sind, glauben Sie mir. Und was, wenn Sie vielleicht auf noch mehr Kerle wie die von vergangener Nacht treffen, und Ihre Kräfte brauchen, um sich zu verteidigen?«

Dann würde ein Teller Suppe ganz bestimmt keinen Unterschied mehr machen, dachte Bast. Aber sie nahm trotzdem am Tisch Platz, nachdem sie einen weiteren Blick auf das Ziffernblatt der großen Standuhr geworfen hatte. Es war gerade neun vorbei. Wenn Faye überhaupt schon zurück war, dann lag sie jetzt vermutlich im Bett und schlief. Auf ein paar Minuten kam es nun wirklich nicht an.

»Und bevor Sie zu dieser Faye gehen und ihr vielleicht noch einmal Ihr Vertrauen schenken«, fuhr Mrs Walsh fort, »möchte ich Sie um einen Gefallen bitten. Wenn Sie ihn mir nicht erweisen wollen, dann tun Sie es um Cindys willen.«

Bast setzte sich widerstrebend und griff noch widerstrebender nach dem Löffel, den Mrs Walsh ihr reichte. Nachdem sie gekostet hatte, musste sie jedoch eingestehen, dass sie wirklich hungrig war, und sie begann mit Appetit zu essen. Mrs Walsh sah ihr eine Weile ganz unverhohlen geschmeichelt zu, bevor sie weitersprach.

»Sie wissen, was ich davon halte, Cindy dieser Frau anzuvertrauen, Bast. Jetzt, wo mir ... gewisse Dinge klar geworden sind, sogar noch mehr als zuvor.«

»Aber Cindy kann nicht hier bleiben«, beharrte Bast. »Maude würde sie finden, früher oder später.«

»Das ist mir klar«, antwortete Mrs Walsh. »Aber es gibt vielleicht noch eine dritte Möglichkeit, an die wir bisher noch gar nicht gedacht haben.«

»Eine dritte Möglichkeit?«, wiederholte Bast. Sie versuchte einen verstohlenen Blick durch die offen stehende Küchentür zu werfen. Cindy war zwar nicht zu sehen, aber sie spürte, dass sie auf der anderen Seite stand und lauschte.

»Warum kommst du nicht herein und setzt dich zu uns, mein Kind?«, fragte Mrs Walsh laut. Bast war nicht ganz sicher, ob ihr forschender Blick vielleicht doch nicht ganz so unauffällig gewesen oder diese kleine Scharade sorgsam einstudiert war.

Cindy tauchte denn auch prompt und geflissentlich auf. Mrs Walsh wartete, bis das Mädchen auf dem einzigen freien Stuhl am Tisch Platz genommen hatte. »Cindy, Jacob und ich hatten in der vergangenen Nacht ein längeres Gespräch«, sagte sie. »Cindy hat sich noch nicht endgültig entschieden, aber sie könnte sich zumindest vorstellen, bei uns zu bleiben. Bei Jacob und mir.«

Es kam selten vor - aber Bast war so überrascht, dass sie zuerst Mrs Walsh und dann Cindy jeweils eine geschlagene Sekunde lang einfach nur fassungslos anstarrte.

»Wie?«, murmelte sie dann.

»Ja, das dachte ich mir, dass Sie so reagieren«, schmunzelte Maistowe. Bast drehte sich zu ihm herum und erkannte an dem amüsierten Funkeln in seinen Augen, dass er ihre Reaktion nicht nur vorausgesehen, sondern sich regelrecht darauf gefreut hatte.

»Du würdest ... wirklich bei Mrs Walsh bleiben?«, fragte sie zögernd.

Cindy reagierte gar nicht, aber Mrs Walsh setzte ein übertrieben verletztes Gesicht auf und fragte: »Was ist daran so erstaunlich, um Ihren Ton zu rechtfertigen, mein Kind? Trauen Sie mir vielleicht nicht zu, mich um ein Kind zu kümmern?«