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Kapitän Maistowe wartete immerhin, bis die beiden das Haus verlassen hatten, ehe er sich ein Zigarillo anzündete und einen tiefen, genießerischen Zug nahm.

»Sie sind ziemlich verwegen«, sagte Bast lächelnd. »Gloria wird Ihnen den Kopf abreißen.«

»Vermutlich«, bestätigte Maistowe, während er sein Streichholz auswedelte und zielsicher wie üblich zwei Fuß neben den Kamin schnippte. »Aber uns bleibt ja Zeit genug, das Zimmer zu lüften.«

Bast lächelte zwar weiter, aber ihr Blick wurde ernst. »Sie wissen, dass Sie wahrscheinlich nicht zurückkehren werden«, sagte sie.

»Das ... ist möglich«, sagte Maistowe zögernd. »Aber wäre das so schlimm?«

»Sie glauben, Gloria würde all das hier aufgeben?«, fragte Bast. »Es ist alles, was sie hat.«

»Ich weiß«, antwortete Maistowe. »Aber ich bin nicht so unvermögend, wie Gloria glaubt. Ich besitze ein kleines Haus in der Nähe Kairos und verfüge auch über einige Ersparnisse. Ich bin kein reicher Mann, aber wenn ich die Lady verkaufe und wir nicht mehr als einen normalen Lebenswandel pflegen, dürfte es für einen geruhsamen Lebensabend zu zweit ausreichen.«

»Sie würden Ihr Schiff aufgeben?«, fragte Bast überrascht.

»Warum nicht?« Maistowe setzte sich, nahm Cindys ersten Zug zurück und eröffnete das Spiel unkonventionell mit seinem rechten Springer. Er war entweder ein ganz besonders talentierter, oder ein ganz außergewöhnlich miserabler Schachspieler, dachte Bast. »Um ehrlich zu sein, habe ich schon mehrmals daran gedacht, mich zur Ruhe zu setzen. Und in letzter Zeit immer häufiger. Ich wusste nur nie, wie ich ... Gloria dazu bringen konnte, mich zu begleiten.« Er lächelte. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich Ihnen zu großem Dank verpflichtet bin.«

Bast machte einen Gegenzug und sah ihn dabei stirnrunzelnd an. »Und Sie würden das alles aufgeben? Das Leben auf See, die Freiheit ...?«

Maistowe schnaubte. »Wenn man es lange genug gemacht hat, dann verliert dieses freie Leben doch eine Menge von seinem Reiz«, sagte er und machte einen Zug, der Bast endgültig davon überzeugte, dass er gerade die Wahrheit gesagt hatte, als er von seiner Mühe berichtet hatte, die Züge zu lernen. Wie es aussah, hatte er auch heute noch so seine Schwierigkeiten damit. »Die meiste Zeit besteht es aus Arbeit und Mühe. Und die viel gelobte Freiheit entpuppt sich irgendwann als der Kampf gegen die See und das Wetter, und wenn man das alles übersteht, hat man es mit den Bürokraten und den Banken zu tun. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Hat Ihnen Gloria erzählt, wie wir uns kennen gelernt haben?« Bast nickte, aber Maistowe fuhr trotzdem fort: »Vor einigen Jahren war ich beinahe ruiniert, und es war nicht meine Schuld, das können Sie mir glauben. Nein.« Er schüttelte heftig den Kopf und machte einen weiteren Zug, ohne dass Bast ihre Figuren auch nur angerührt hätte. Sie sagte nichts dazu. »Das Beste, was mir noch passieren kann, ist, dass mir nichts passiert, und das ist es nicht, was ich mir von weiteren zehn oder zwanzig Jahren auf See erträume.«

Er sog an seiner Zigarre, und sein Ton und seine Gestik änderten sich. »Aber so weit ist es noch nicht, nicht wahr? Ich habe nicht vor, Gloria zu irgendetwas zu zwingen - einmal davon abgesehen, dass keine Macht der Welt Gloria zu etwas zwingen könnte, was sie nicht will -, aber vielleicht gefällt ihr ja das, was ich ihr zu bieten habe.«

»Ich gönne es Ihnen«, sagte Bast.

Er wedelte mit seiner Zigarre herum und machte den dritten Zug hintereinander. »Aber wir reden immer nur über mich, nicht über Sie.«

»Da gibt es auch nicht viel zu reden.« Bast verschob unbemerkt zwei ihrer Figuren, damit es nicht ganz so auffiel. »Vielleicht sehen wir uns ja, wenn Sie tatsächlich in Kairo leben.«

»Das ist gelogen«, sagte Maistowe. »Nett gemeint, aber gelogen. Sie haben das nicht vor.«

»Das ist wahr«, bekannte Bast. »Aber es ist besser so, glauben Sie mir.«

»Besser für uns«, vermutete Maistowe. Er sah auf das Schachbrett hinab, blinzelte und legte einen Moment lang die Stirn in Falten, deutete aber dann nur ein Achselzucken an und verschob seinen Bauern nach rechts. Bast sparte es sich, ihn darauf hinzuweisen, dass dieser Zug nicht erlaubt war. »Ich mache mir eher Sorgen um Sie.«

Und das zu recht. Aber es gab nichts, was er für sie tun konnte - außer sein Leben vollkommen sinnlos wegzuwerfen. »Ich kann schon auf mich aufpassen.«

»Das ist mir aufgefallen«, sagte Maistowe, blieb dabei aber vollkommen ernst. »Ich frage mich nur, ob Sie die richtigen Prioritäten setzen.«

»Inwiefern?«

»Sie sind hier«, antwortete Maistowe. »Irgendwo dort draußen ist jemand, der Ihnen nach dem Leben trachtet. Aber statt sich um Ihre eigenen dringenden Angelegenheiten zu kümmern«, fuhr Maistowe ungerührt fort, »sitzen Sie hier und bringen Cindy das Schachspielen bei. Halten Sie das für klug?«

»Nein«, antwortete Bast. »Ich sollte es lieber Ihnen beibringen. Cindy wird Sie niedermetzeln, wenn Sie sich mit ihr einlassen.«

»Und Sie werden auch hier bleiben, bis wir abgereist sind, habe ich recht? Nicht um Cindy Schachunterricht zu erteilen, sondern um auf uns aufzupassen. Sie riskieren Ihr eigenes Leben, um unsere zu beschützen.«

»Unsinn!«, widersprach Bast, eindeutig zu hastig. »Ich bin nicht in Gefahr. Jedenfalls nicht so, wie Sie glauben. Haben Sie mir heute Morgen nicht zugehört? Horus würde mir nie etwas antun!«

»Sie gestatten, dass ich in diesem Punkt anderer Meinung bin«, antwortete Maistowe. »Frederick hat mir erzählt, was in der Tube passiert ist. Wenn dieser Horus, wie Sie sagen, das Inferno überlebt hat, dann ist er bestimmt ziemlich sauer auf Sie.«

»Damit haben Sie sogar recht, Jacob«, antwortete Bast. »Aber ich kann Sie beruhigen. Ich weiß, wie ich mit ihm umzugehen habe. Und wenn Sie die Wahrheit wissen wollen: Ich bin tatsächlich hier geblieben, um auf Sie, Gloria und Cindy aufzupassen ... aber aus einem anderen Grund. Wäre ich eine Anhängerin Ihrer Religion, dann würde ich drei Kreuze schlagen, sobald die Lady abgelegt hat.«

Maistowe wirkte ein bisschen beleidigt. »Wieso?«

»Horus würde mir tatsächlich niemals etwas antun, Jacob«, sagte Bast ernst. »Aber er hat kein Problem damit, allen etwas anzutun, die mir etwas bedeuten. Er würde Gloria oder auch Sie töten, nur um mich zu treffen. Sie sehen also, es ist durchaus in meinem eigenen Interesse, dafür zu sorgen, dass Sie unbeschadet an Bord Ihres Schiffes gehen.«

»Sie wollen mich vor den Kopf stoßen, um mir den Abschied leichter zu machen«, sagte Maistowe. »Aber das funktioniert nicht.« Er zog seinen Turm, indem er ihn unverfroren über den Bauern davor hinwegsetzte, und diesmal konnte Bast ein entsetztes Ächzen nicht mehr unterdrücken.

»Und Sie sind sicher, dass Sie Schach gelernt haben, und nicht Dame?«

Die Stunde, von der Mrs Walsh gesprochen hatte, verging, und auch noch eine weitere halbe, aber Bast gestattete sich nicht, wirklich besorgt zu sein. Wahrscheinlich hatte sich Mrs Walsh einfach festgeredet, oder es gab größeren Diskussionsbedarf bei der Auswahl der Kleidungsstücke, die Vater McNeills Kammer enthielt. Außerdem hatte sie andere Probleme. Mit ein bisschen unfairem Nachdruck war es ihr gelungen, die unangenehm werdende Diskussion abzuwürgen. Maistowe jedoch wenigstens die Grundbegriffe des Königlichen Spieles beizubringen entpuppte sich als eine Aufgabe, an der selbst sie zu scheitern drohte.

Hufschlag näherte sich, zuerst weit entfernt und leise, sodass sie kaum darauf achtete, aber er wurde rasch lauter und hektischer, und nach einem Augenblick mischte sich auch das Geräusch schnell rollender, eisenbeschlagener Räder hinein. Bast sah auf und blickte stirnrunzelnd zur Tür, und auch Maistowe riss seinen Blick von dem aus vierundsechzig Feldern bestehenden, unlösbaren Rätsel zwischen ihnen los.

»Da scheint es aber jemand eilig zu haben«, sagte er.