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Es war überflüssig, aber Bast sah trotzdem, dass ihre prinzipielle Vorsicht nur zu berechtigt gewesen war. Einer der Kerle war neben Roy auf die Knie gesunken und machte irgendwelche sehr hilflos wirkenden Gesten, als könnte er seinem Boss auf diese Weise das Atmen erleichtern, die beiden anderen jedoch bewegten sich bereits in ihre Richtung. Beide hatten Messer gezogen, und allein die Art, wie sie ihre Waffen hielten, machte ihr klar, dass sie auch damit umzugehen verstanden. Ihre Vorsicht war nur zu berechtigt gewesen, und sie sollte sich auch hüten, diesen Kampf unnötig in die Länge zu ziehen.

Sie hatte es auch nicht vor.

Bast wartete, bis einer der Kerle mit seinem Dolch nach ihr stieß, schlug seine Waffe mit der flachen Hand beiseite und stieß sich mit einem federnden Satz ab. Der grelle Schmerz, mit dem der rasiermesserscharfe Stahl in ihr Fleisch biss, entlockte ihr einen keuchenden Schrei, aber sie führte ihre Bewegung dennoch perfekt zu Ende, knickte mitten im Sprung in der Hüfte ein und schien für einen Sekundenbruchteil nahezu waagerecht in der Luft zu schweben, bevor sie mit dem rechten Bein zustieß und dem völlig überraschten Kerl neben sich den Schädel zertrümmerte. Gleichzeitig rammte sie den linken Ellbogen zur Seite, doch der pochende Schmerz in ihrer Hand und ihre eigene Hast beeinträchtigten ihre Zielsicherheit. Statt seines Kehlkopfes traf ihr Ellbogen nur sein Jochbein und brach es mit einem trockenen Knacken. Es reichte, dass der Kerl sein Springmesser fallen ließ und sich brüllend vor Schmerz am Boden wälzte, aber der Schlag ließ auch einen neuerlichen, noch heftigeren Schmerz durch ihren Arm zucken. Sie landete nicht halbwegs so elegant und fließend, wie sie es gewohnt war, sondern verlor das Gleichgewicht, glitt aus und fiel zu allem Überfluss nun auch noch auf das rechte Knie hinab.

Das Ergebnis war ein noch schlimmerer Schmerz, der ihr buchstäblich die Tränen in die Augen trieb.

Trotzdem stemmte sie sich unverzüglich wieder in die Höhe, machte einen humpelnden Schritt und wäre um ein Haar erneut gestürzt, als sich ihr geprelltes Knie mit einer wüsten Schmerzexplosion für die rücksichtslose Behandlung revanchierte.

Bast sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein und drängte den Schmerz mit einer bewussten Willensanstrengung zurück. Ihr Knie pochte noch immer, und sie würde in den nächsten Minuten sicher keine Luftsprünge vollführen können, aber es sah auch nicht so aus, als wäre das nötig. Einer der Kerle war mit Sicherheit tot, die beiden anderen wälzten sich wimmernd am Boden und pressten die Hände gegen das Gesicht, um es am Auseinanderfallen zu hindern, und Roy saß gegen die Wand gelehnt und mit aschfahlem Gesicht da und rang noch immer röchelnd nach Luft. Der Einzige, der noch stand, beziehungsweise neben Roy kniete, war der Kerl von vorhin, der den Streit im Ten Bells überhaupt erst angefangen hatte »Verschwinde«, sagte Bast ruhig. »Von dir will ich nichts. Aber ich warne dich auch nicht noch einmal.«

Der Kerl stand tatsächlich auf, aber er war entweder weitaus mutiger, als Bast ihn eingeschätzt hatte, oder noch dümmer - wahrscheinlich beides -, denn er wandte sich keineswegs um, um Fersengeld zugeben, wie es vermutlich jeder andere in seiner Lage jetzt getan hätte, sondern machte ganz im Gegenteil einen stampfenden Schritt auf sie zu und zog plötzlich ebenfalls eine Waffe unter seiner Jacke hervor - kein Stilett wie seine beiden Kumpane, sondern ein kurzstieliges Hackbeil, wie es Fleischer benutzten; eine gemeine Waffe, deren bloßer Anblick nicht von Tod, sondern von Schmerz und grausamen Verstümmelungen kündete, und ganz genau das sollte sie auch.

Bast hob bedauernd die Schultern. Sie hatte ihn schließlich gewarnt.

Als das Beil heruntersauste, täuschte sie eine Bewegung an, wie um ihm auszuweichen, und machte dann stattdessen einen raschen Schritt nach vorne. Die boshafte Waffe verfehlte ihr Gesicht knapp und zischte harmlos hinter ihr durch die Luft. Bast versetzte dem Burschen mit der rechten Hand eine schallende Ohrfeige, die seine Lippen aufplatzen und einen Strom von hellrotem Blut aus seiner Nase schießen ließ, griff mit der anderen Hand nach unten und zwischen seine Beine und schloss die Finger mit aller Gewalt zur Faust.

Sein Schrei hatte kaum noch etwas Menschliches. Aber er dauerte auch nicht sehr lange.

»Nein«, wimmerte Roy, als Bast mit einem weiten Schritt über den wimmernden Kerl hinwegstieg und sich bewusst langsam auf ihn zubewegte. Er versuchte, rücklings vor ihr davonzukriechen, aber seine gebrochenen Rippen machten ganz offensichtlich jede Bewegung zur Qual. Alles, was er erreichte, war, seinen Halt an der Wand zu verlieren und schwer auf den Hinterkopf zu fallen. Nicht dass es ihm irgendetwas genutzt hätte, wäre es anders gewesen.

»Nein!«, wimmerte er erneut. »Wer ... wer bist der? Was willst du von mir? Was bist du?«

Bast nahm mit gespreizten Beinen über ihm Aufstellung, lächelte fast sanft auf ihn hinab und ließ sich dann auf seinen Schoß sinken. »Welche Frage soll ich zuerst beantworten?«, fragte sie. »Obwohl ich glaube, dass du die Antwort auf mindestens eine davon schon kennst.«

Roy quietschte vor Schrecken, als Bast die Hand nach seinem Gesicht ausstreckte. Aber sie tat es nicht, um ihn zu verletzen oder ihm irgendetwas anzutun, sondern nur, um das Blut abzuwischen, das noch immer ihre Handfläche besudelte. Ihr eigenes Blut. Das Ungeheuer in ihr kreischte vor Gier, doch obwohl Bast seine Fesseln längst gelöst hatte, stürzte es sich noch nicht auf ihn. Jetzt, wo ihm seine Beute sicher war, genoss es die Vorfreude auf sein Mahl, als wäre es in dieser Hinsicht seinem Opfer ähnlich.

Was es auch war, wie Bast nur zu gut wusste.

Roy bäumte sich plötzlich unter ihr auf, und Bast schlug ihm so hart mit dem Handrücken ins Gesicht, dass er vor Schmerz keuchte.

»Keine Angst«, sagte sie sanft. »Ich tue dir nichts. Ich weiß doch, was eine Lady einem echten Gentleman schuldig ist.«

»Was ... was willst du?«, wimmerte er.

Bast schlug ihn noch einmal, und härter, sodass sich sein eigenes Blut zu den roten Schmieren hinzugesellte, die sie gerade auf seinem Gesicht hinterlassen hatte. Roy ächzte, und unter ihrem Schoß wurde es warm. Ein durchdringender Gestank stieg ihr in die Nase, und Bast harte Mühe, ihren Ekel zu unterdrücken. Der Kerl hatte sich vor Angst in die Hosen gepinkelt.

Nun, er hatte Grund dazu.

Trotzdem musste sich Bast beherrschen, um ihm nicht das Knie dorthin zu rammen, woher diese Wärme kam. Aber das verbot sich im Moment von selbst.

»Du ... du hast sie alle ... alle umgebracht«, wimmerte er. »Einfach so.«

»Nicht einfach so, und nicht alle«, antwortete Bast. »Jedenfalls noch nicht.«

»Bitte!«, winselte Roy. »Ich tue alles, was du ...«

Bast legte ihm den Zeigefinger über die Lippen. »Schschsch«, machte sie. »Ganz ruhig. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dir nichts tun. Keine Angst.«

Roy wimmerte noch erbärmlicher, und für einen ganz kurzen Moment regte sich fast so etwas wie Mitleid in ihr. Vielleicht wäre es sogar zu echtem Mitleid geworden, wäre sie ihm nicht nahe genug gewesen, um trotz ihrer sorgfältigen Blockade zu spüren, wie oft er selbst schon dieses Wimmern gehört und dieselbe, bodenlose Angst in den Augen seiner Opfer gesehen hatte, ohne mehr als Verachtung und böse Freude dabei zu fühlen.