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Das wiedererlangte Papier war fleckig und feucht. An einer Stelle war die Schrift verschmiert. Aber nur ein wenig. Alles übrige war deutlich zu lesen.

Booker T. zog seinen schäbigen, schmutzigen Mantel an. Ohne sich um den Rest der ausgeleerten Abfälle zu kümmern, steuerte er auf die oberen Gefilde des Hotels zu.

5

In Warren Trents geräumigem Büro hatte Mr. Dempster sein privates Gespräch mit dem Rechnungsprüfer beendet. Um sie herum lagen Bilanzaufstellungen und Kontoauszüge, die Royall Edwards einsammelte, als die übrigen Konferenzteilnehmer eintraten. Als erster kam Emile Dumaire, der pompöse Bankier, mit leicht gerötetem, aufgedunsenem Gesicht. Ihm folgte der fahle, spindeldürre Anwalt, der fast alle Rechtsgeschäfte des St. Gregory erledigte, und ein jüngerer ortsansässiger Anwalt, der Albert Wells vertrat.

Peter McDermott kam als nächster, in Begleitung von Warren Trent, der vor einigen Minuten aus der fünfzehnten Etage eingetroffen war. Paradoxerweise wirkte der Besitzer des St. Gregory, obwohl er seinen langen Kampf um Beibehaltung der Kontrolle über das Hotel verloren hatte, so liebenswürdig und entspannt wie schon lange nicht mehr. Er trug eine Nelke im Knopfloch und begrüßte die Besucher herzlich, auch Mr. Dempster, den Peter vorstellte.

Für Peter hatte der Vorgang etwas von einer Chimäre. Er bewegte sich mechanisch und sprach, ohne zu wissen, was er sagte. Es war, als hätte ein Roboter in seinem Inneren den Befehl übernommen bis zu dem Moment, in dem Peter sich von dem Schock, den cfer Mann aus Montreal ihm versetzt hatte, erholt haben würde.

Vizepräsident. Ihn beeindruckte weniger der Titel als das, was er implizierte.

Das St. Gregory in eigener Verantwortung zu leiten, war wie die Erfüllung einer Vision. Peter hatte die leidenschaftliche innere Gewißheit, daß aus dem St. Gregory ein ausgezeichnetes Hotel werden konnte. Es konnte hochgeschätzt, leistungsfähig, profitabel sein. Curtis O'Keefe, dessen Meinung zählte, dachte offensichtlich auch so.

Als er von dem Ankauf des Hotels durch Albert Wells und seinem Weiterbestehen als unabhängiges Haus gehört hatte, hoffte Peter, daß jemand anders mit der erforderlichen Einsicht und Schwungkraft fortschrittliche Maßnahmen ergreifen würde. Nun bekam er selbst die Möglichkeit dazu. Die Aussicht war erregend - und ein wenig erschreckend.

Auch für ihn persönlich war sie von Bedeutung. Die Beförderung, und was ihr folgte, würde Peter McDermotts Status innerhalb der Hotelindustrie wiederherstellen. Falls er das St. Gregory zum Erfolg führte, würde alles, was vorher war, vergessen und seine Weste wieder makellos weiß sein. Hoteliers waren in ihrer Mehrzahl weder bösartig noch kurzsichtig. Am Ende kam es vor allem auf die Leistung an.

Peters Gedanken rasten. Noch immer leicht benommen, gesellte er sich zu den anderen, die sich nun an dem langen, in der Mitte des Raumes stehenden Konferenztisch niederließen.

Albert Wells trat als letzter ein. Er kam scheu, von Christine begleitet, durch die Tür, und alle im Raum Anwesenden erhoben sich von ihren Stühlen.

Sichtlich verlegen, winkte der kleine Mann ab. »Nein, nein! Bitte!«

Warren Trent ging lächelnd auf ihn zu. »Mr. Wells, ich heiße Sie in meinem Haus willkommen.« Sie schüttelten einander die Hand. »Wenn es Ihr Haus wird, ist es mein tiefgefühlter Wunsch, daß diese alten Wände Ihnen ebensoviel Glück und Befriedigung bringen mögen wie sie - zuweilen - mir gebracht haben.«

Aus den Worten sprach Ritterlichkeit und Charme. Bei jedem anderen, dachte Peter McDermott, hätten sie vielleicht hohl und übertrieben geklungen. In Warren Trents Mund bekamen sie eine Überzeugungskraft, die irgendwie rührend wirkte.

Albert Wells blinzelte. Mit derselben Ritterlichkeit nahm Warren Trent seinen Arm und stellte ihm die übrigen Anwesenden vor.

Christine schloß die Tür und begab sich zu den anderen.

»Ich glaube, Sie kennen meine Assistentin Miss Francis und Mr. McDermott.«

Der kleine Mann lächelte verschmitzt. »Wir hatten ein paarmal miteinander zu tun.« Er zwinkerte Peter zu. »Und dabei wird's nicht bleiben, schätz' ich.«

Emile Dumaire räusperte sich mahnend und eröffnete die Verhandlungen.

Über die Kaufbedingungen habe man sich im wesentlichen schon geeinigt, meinte der Bankier. Zweck der Konferenz, bei der er auf Bitten von Mr. Trent und Mr. Dempster den Vorsitz übernommen habe, sei die Festlegung des weiteren Verlaufs einschließlich des Übergabedatums. Mit Schwierigkeiten brauche man nicht zu rechnen. Die Hypothek auf dem Hotel, die mit dem heutigen Tag verfallen gewesen wäre, habe die Industrie- und Handelsbank pro tempore übernommen, auf die Bürgschaft von Mr. Dempster hin, dem Bevollmächtigten von Mr. Wells.

Peter fing einen ironischen Blick von Warren Trent auf, der seit Monaten vergeblich versucht hatte, eine Erneuerung der Hypothek durchzusetzen.

Der Bankier zog eine Aufstellung der zu erledigenden Punkte hervor und verteilte sie. Die Tagesordnung wurde unter Beteiligung Mr. Dempsters und der Anwälte kurz diskutiert. Dann ging man sie Punkt für Punkt durch. Bei der folgenden Debatte blieben Warren Trent und Albert Wells nur Zuschauer; der erstere sann vor sich hin, der kleine Mann saß zusammengesunken in seinem Sessel, als wolle er sich darin verkriechen. Nicht ein einziges Mal verwies Mr. Dempster auf Albert Wells oder streifte ihn auch nur mit einem Blick. Offenbar respektierte der Mann aus Montreal den Wunsch seines Arbeitgebers, unbeachtet zu bleiben, und war daran gewöhnt, selbst Entscheidungen zu treffen.

Peter McDermott und Royall Edwards beantworteten verwaltungstechnische und finanzielle Fragen, die sich während der Debatte ergaben. Zweimal verließ Christine den Raum und kehrte mit Dokumenten aus den Hotelakten zurück.

Trotz seiner Wichtigtuerei leitete der Bankier die Konferenz gut. In einer knappen halben Stunde herrschte über die wichtigsten Punkte Klarheit. Die offizielle Übergabe wurde auf den folgenden Dienstag festgesetzt. Die Entscheidung nebensächlicher Details überließ man den Anwälten.

Emile Dumaire warf einen schnellen Blick in die Runde. »Falls jemand noch etwas bemerken möchte...?«

»Ja, da wäre noch eine Kleinigkeit.« Warren Trent beugte sich in seinem Sessel vor. Alle Augen wandten sich ihm zu. »Zwischen Gentlemen ist die Unterzeichnung eines Vertrages eine Formalität, die lediglich dazu dient, eine bereits getroffene mündliche Vereinbarung zu bekräftigen.« Er sah Albert Wells an. »Ich vermute, Sie pflichten mir bei.«

»Gewiß«, sagte Mr. Dempster.

»Dann bitte ich Sie, Ihre Tätigkeit sofort zu beginnen.«

»Danke.« Mr. Dempster nickte anerkennend. »Es gibt in der Tat einige Dinge, die wir sofort in die Wege leiten möchten. Unmittelbar nach der Übergabe am Dienstag wird auf Wunsch von Mr. Wells der Aufsichtsrat zusammentreten und Ihre Wahl zum Vorsitzenden beschließen, Mr. Trent.«

Warren Trent neigte liebenswürdig den Kopf. »Es wird mir eine Ehre sein, den Posten zu akzeptieren. Ich werde mich bemühen, ihn mit der angemessenen dekorativen Würde auszufüllen.«

Mr. Dempster gestattete sich ein leichtes Lächeln. »Ferner ist es Mr. Wells' Wunsch, daß ich den Posten des Präsidenten übernehme.«

»Ein Wunsch, den ich verstehen kann.«

»Mit Peter McDermott als geschäftsführendem Vizepräsidenten.«

Ein Chor von Glückwünschen tönte Peter von allen Seiten entgegen. Christine lächelte. Wie die anderen schüttelte auch Warren Trent ihm die Hand.

Mr. Dempster wartete, bis wieder Ruhe herrschte. »Dann ist da noch ein anderer Punkt. Ich war gerade in New York, als der unselige Zwischenfall hier im Hotel von der Presse ausgeschlachtet wurde. Ich möchte die Versicherung haben, daß sich das nicht wiederholt.«