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Endlich hätte noch die Nothaltevorrichtung das Unheil verhindern können. Das war ein einzelner roter Knopf, der, sobald man auf ihn drückte, den Strom abschaltete und den Fahrstuhl lahmlegte. In modernen Aufzügen war er hoch angebracht und deutlich zu sehen. Bei der Nummer vier war er in Kniehöhe. Cy Lewin beugte sich seitwärts und fummelte ungeschickt herum. Er fand ihn eine Sekunde zu spät.

Da das eine Paar Klammern die Kabine festhielt, das andere nicht, hing sie schief und bog sich durch. Krachend rissen Metallteile auseinander; ihr Eigengewicht und die schwere Last in ihrem Inneren bewirkte, daß die Kabine barst. Zwischen Tür und Wand, am unteren Ende des stark geneigten Fußbodens, entstand ein breiter, langer Spalt. Kreischend, sich wild aneinanderklammernd, glitten die Fahrgäste auf ihn zu.

Cy Lewin, der ihm am nächsten war, fiel als erster. Sein Schrei bei seinem Sturz neun Stockwerke tief verstummte erst, als er auf der betonierten Schachtsohle aufschlug. Ein Ehepaar aus Salt Lake City fiel als nächstes. Sie hielten einander umfaßt und starben, wie Cy Lewin, als sie unten aufprallten. Der Herzog von Croydon fiel unbeholfen und prallte auf eine Eisenstange an der Wandung des Schachts. Sie durchbohrte ihn, brach ab, und er fiel weiter. Er war tot, bevor sein Körper unten ankam.

Irgendwie gelang es den anderen, sich festzuhalten. Dann gaben die beiden Klammern nach, und der halbzertrümmerte Fahrkorb sauste in die Tiefe. Auf halbem Wege rutschte ein junger Delegierter des Zahnärztekongresses wild um sich schlagend durch den Spalt. Er überlebte den Unfall, starb jedoch drei Tage danach an inneren Verletzungen.

Herbie Chandler hatte mehr Glück. Er fiel, als die Kabine die Schachtsohle beinahe erreicht hatte. Dabei wurde er in den Nachbarschacht geschleudert und zog sich Kopfverletzungen zu, von denen er sich wieder erholte. Jedoch machte ihn eine schwere Beschädigung der Wirbelsäule zum lebenslänglichen Krüppel.

Eine Frau mittleren Alters lag mit gebrochenem Unterschenkel und zerschmettertem Unterkiefer auf dem Boden des Fahrstuhls.

Als die Kabine unten aufschlug, wurde Dodo hinausgeschleudert. Sie brach sich einen Arm und prallte mit dem Kopf gegen eine Führungsschiene. Bewußtlos, dem Tode nahe, lag sie da, und aus einer schweren Kopfwunde strömte Blut.

Drei andere - ein Gold-Crown-Cola-Delegierter und seine Frau und Keycase Milne - blieben wie durch ein Wunder unversehrt.

Unter dem zersplitterten Fahrkorb lag Billyboi Noble, der Wartungsmann, der vor zehn Minuten in den Schacht gekrochen war, mit zerschmetterten Beinen und Becken, blutend und schreiend.

13

In einem Tempo, das er im Hotel noch nie eingeschlagen hatte, raste Peter McDermott die Treppe hinunter.

In der Halle empfing ihn ein Höllenlärm. Schreie drangen durch die Fahrstuhltüren, und mehrere Frauen jammerten laut. Verwirrte Zurufe waren zu hören. Von einer hin und her wogenden Menschenmenge umlagert, versuchten ein kreidebleicher Direktionsassistent und ein Boy die Türen des Fahrstuhls Nummer vier aufzubrechen. Kassierer, Receptionisten und Büroangestellte strömten hinter Schaltern und Schreibtischen hervor. Gäste aus den Restaurants und der Bar ergossen sich in die Halle, gefolgt von den Kellnern und Barmixern. Im Hauptspeisesaal war die Lunchmusik verstummt, da sich die Kapelle dem Massenauszug angeschlossen hatte. Eine Reihe von Küchenhelfern kam durch den Personaleingang. Als Peter unten anlangte, wurde er mit Fragen überschüttet.

So laut er konnte, brüllte er: »Ruhe!«

Für einen Moment wurde es still, und er rief wieder: »Treten Sie bitte zurück, und wir werden unser möglichstes tun.« Er fing den Blick eines Receptionisten ein. »Hat jemand die Feuerwehr benachrichtigt?«

»Ich bin nicht sicher, Sir. Ich dachte...«

»Dann tun Sie's jetzt!« brüllte Peter. Einem anderen Empfangsangestellten befahl er: »Rufen Sie die Polizei an. Sagen Sie ihr, wir brauchen Ambulanzen, Ärzte und jemanden, der die Menge in Schach hält.«

Beide Männer verschwanden im Laufschritt.

Ein hochgewachsener hagerer Mann in Tweedjacke und Drillichhosen trat vor. »Ich bin Marineoffizier. Sagen Sie mir, was ich tun kann.«

»Die Mitte der Halle muß frei bleiben. Bilden Sie aus den Hotelangestellten einen Kordon. Lassen Sie nach dem Haupteingang hin eine Passage frei. Klappen Sie die Drehtür zusammen.«

»Okay!«

Der große Mann machte kehrt und gab eine Reihe knatternder Kommandos. Die anderen gehorchten bereitwillig, als seien sie dankbar, daß jemand die Führung übernommen hatte. Bald erstreckte sich eine von Kellnern, Köchen, Buchhaltern, Boys, Musikern und einigen requirierten Gästen gebildete Kette quer durch die Halle bis zum Portal an der St. Charles Avenue.

Aloysius Royce hatte sich zu den zwei Männern gesellt, die an der Fahrstuhltür herumhantierten. Er wandte sich um und rief Peter zu: »Ohne Werkzeug schaffen wir das nicht. Wir müssen woanders durchbrechen.«

Ein Wartungsarbeiter in Overalls kam in die Halle gerannt. »Wir brauchen Hilfe an der Schachtsohle. Ein Mann ist unter dem Fahrkorb eingeklemmt. Wir können ihn nicht rausholen und kommen an die anderen nicht ran.«

»Kommt, schnell!« Peter sauste auf die Personaltreppe zu, dicht gefolgt von Aloysius Royce.

Ein schwachbeleuchteter grauer Backsteintunnel führte zum Fahrstuhlschacht. Hier waren die Schreie, die sie oben gehört hatten, viel lauter und unheimlicher. Die zertrümmerte Kabine befand sich direkt vor ihnen, aber der Zugang zu ihr war versperrt von verbogenen Metallteilen des Fahrstuhls und der Installation, die durch die Wucht des Aufpralls stark beschädigt worden war. Wartungsarbeiter mühten sich mit Brecheisen ab. Andere standen hilflos daneben. Zurufe, das Rattern von Maschinen vermischten sich mit dem unaufhörlichen Ächzen und Stöhnen aus dem Inneren der Kabine.

Peter brüllte den unbeschäftigten Männern zu: »Schafft mehr Licht her!« Mehrere hasteten durch den Tunnel davon. Zu dem Mann in Overalls sagte er: »Gehen Sie zurück in die Halle.

Zeigen Sie den Feuerwehrleuten den Weg.«

»Und schicken Sie einen Arzt runter!« rief Aloysius Royce, der vor den Trümmern kniete.

»Ja«, sagte Peter, »lassen Sie oben ausrufen, daß wir einen Arzt brauchen, und schicken Sie ihn mit jemanden herunter. Es sind mehrere Ärzte im Hotel.«

Der Mann nickte und rannte los.

Immer mehr Leute fanden sich im Tunnel ein und begannen ihn zu blockieren. Der Chefingenieur Doc Vickery zwängte sich durch die Menge.

»Mein Gott!« Er starrte auf die Unglücksstätte. »Mein Gott! Ich hab' sie gewarnt! Ich hab' immer wieder gesagt, wenn wir kein Geld reinstecken, würde was passieren...« Er packte Peter am Arm. »Sie haben's gehört, Jungchen. Sie haben mich oft genug sagen hören... «

»Später, Doc.« Peter machte seinen Arm los. »Wie können wir die Leute rausholen?«

Doc Vickery schüttelte hilflos den Kopf. »Dazu müßten wir schweres Werkzeug haben..., Winden, Abstützgeräte, Schweißbrenner... «

Es war offenkundig, daß der Chefingenieur der Situation nicht gewachsen war. »Überprüfen Sie die anderen Fahrstühle«, sagte Peter. »Stoppen Sie sie, wenn's sein muß. Wir dürfen keine Wiederholung riskieren.« Der alte Mann nickte benommen und trabte gebeugt und gebrochen davon.

Peter packte einen grauhaarigen Techniker, den er erkannte, bei der Schulter.

»Kümmern Sie sich darum, daß der Tunnel geräumt wird. Schicken Sie alle weg, die nicht unmittelbar mit den Rettungsarbeiten zu tun haben.«

Der Techniker nickte. Er rief Befehle und drängte die Schaulustigen langsam zurück.

Aloysius Royce hatte sich auf allen vieren unter die Trümmer geschoben und hielt den verletzten, stöhnenden Wartungsmann an den Schultern. Trotz der schlechten Beleuchtung war deutlich zu sehen, daß seine Beine und sein Unterleib unter Holz- und Eisenteilen begraben waren.