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Er wurde von Flora Yates unterbrochen, seiner unschönen, sommersprossigen Sekretärin. Floras kurze, dicke Finger, die flinker über die Tasten einer Schreibmaschine tanzten, als er es je zuvor erlebt hatte, umklammerten ein Bündel Telefondurchsagen. Er zeigte darauf und fragte: »Irgendwas Dringendes?«

»Ja, aber auch das hat Zeit bis heute nachmittag.«

»Schön, sollen sie warten. Ich habe die Kasse gebeten, mir die Rechnung für Zimmer 1126-7 heraufzuschicken. Der Name ist Stanley Dixon.«

»Hier ist sie.« Flora zog von mehreren Schnellheftern auf seinem Schreibtisch einen hervor. »Ein Kostenvoranschlag von der Schreinerei über den angerichteten Schaden in der Suite ist auch dabei. Ich habe beides zusammen eingeheftet.«

Er überflog die zwei Schriftstücke. Die Rechnung, die mehrere Posten für Dienste des Zimmerkellners enthielt, betrug 75 Dollar, der Kostenvoranschlag der Schreinerei belief sich auf 110 Dollar. »Suchen Sie mir die Telefonnummer für diese Adresse heraus. Sie läuft vermutlich unter dem Namen seines Vaters.«

Auf seinem Schreibtisch lag eine zusammengefaltete Zeitung, in die er bisher noch keinen Blick geworfen hatte. Es war die Morgenausgabe der »Times-Picayune«. Als Flora hinausgegangen war, schlug er die Zeitung auf, und fettgedruckte Schlagzeilen sprangen ihm förmlich entgegen. Der Unfall mit Fahrerflucht vom letzten Abend hatte sich zu einer doppelten Tragödie ausgewachsen, denn auch die Mutter des getöteten Kindes war in den frühen Morgenstunden im Krankenhaus ihren Verletzungen erlegen. Peter las den Bericht, der das, was der Polizist ihm und Christine in der vergangenen Nacht erzählt hatte, ergänzte, hastig durch. Es hieß darin: »Bisher führen keine eindeutigen Spuren zu dem Unfallwagen und seinem Fahrer. Die Polizei hält jedoch die Aussage eines nicht genannten Zeugen für aufschlußreich, nach dessen Beobachtungen ein sehr schnell fahrender, niedriger schwarzer Wagen Sekunden nach dem Unfall den Tatort verließ.« Die »Times-Picayune« fügte hinzu, daß städtische und Staatspolizei gemeinsam in ganz Louisiana nach einem wahrscheinlich beschädigten Auto fahndeten, auf das diese Beschreibung paßte.

Peter fragte sich, ob Christine den Zeitungsbericht schon gelesen hatte. Ihr eigener flüchtiger Kontakt mit dem Unfallort schien seine Wirkung noch zu erhöhen.

Floras Rückkehr mit der von ihm gewünschten Telefonnummer zwang ihn, sich auf Näherliegendes zu konzentrieren. Er schob die Zeitung beiseite und rief die Nummer über eine direkte Leitung selbst an. Am anderen Ende meldete sich eine tiefe männliche Stimme: »Villa Dixon.«

»Ich hätte gern mit Mr. Stanley Dixon gesprochen. Ist er zu Haus?«

»Darf ich ihm sagen, wer anruft, Sir?«

Peter nannte seinen Namen und fügte hinzu: »Das St.-Gregory-Hotel.«

Eine Pause trat ein, in der sich Schritte gemächlich entfernten und im gleichen Tempo zurückkehrten. »Bedaure, Sir, Mr. Dixon junior ist leider verhindert.«

»Richten Sie ihm bitte folgendes aus«, sagte Peter scharf.

»Sollte er sich auch weiterhin weigern, ans Telefon zu kommen, dann werde ich mich direkt an seinen Vater wenden.«

»Es wäre vielleicht besser, wenn Sie das gleich täten...«

»Gehen Sie schon. Richten Sie ihm aus, was ich sagte.«

Der andere zögerte spürbar. Dann murmelte er: »Sehr wohl, Sir«, und tappte wieder davon.

Gleich darauf klickte es in der Leitung, und eine mürrische Stimme knurrte: »Hier ist Stanley Dixon. Wo brennt's denn?«

Peter antwortete schroff: »Ich rufe wegen des Vorfalls gestern nacht an. Überrascht Sie das vielleicht?«

»Wer sind Sie?«

Er wiederholte seinen Namen. »Mit Miss Preyscott habe ich schon gesprochen. Jetzt will ich noch mit Ihnen sprechen.«

»Sie sprechen ja mit mir«, sagte Dixon. »Sie haben erreicht, was Sie wollten, oder etwa nicht?«

»Nein. Ich schlage vor, daß Sie mich in meinem Büro im Hotel aufsuchen.« Am anderen Ende wurde ein Protestruf laut, den Peter ignorierte. »Um vier Uhr morgen nachmittag, mit den drei anderen. Sie werden sie mitbringen.«

Die Antwort kam schnell und ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. »Teufel, das könnte Ihnen so passen! Ich denke gar nicht daran. Wer immer Sie auch sind, Bürschchen, für mich sind Sie bloß ein mieser kleiner Hotelangestellter, uid ich laß mir von Ihnen nichts befehlen. Und machen Sie sich ja nicht mausig. Mein alter Herr kennt Warren Trent.«

»Zu Ihrer Information, ich habe die Angelegenheit bereits mit Mr. Trent besprochen. Er hat alles Weitere mir überlassen, auch die Entscheidung darüber, ob wir Strafantrag stellen sollen oder nicht. Aber ich werde ihm sagen, daß Sie es wünschen, wenn wir Ihren Vater verständigen. Danach werden wir weitersehen.«

»Moment mal!« Durch die Leitung kam das Geräusch schnaufender Atemzüge und dann in merklich gemäßigtem Ton die Antwort: »Morgen um vier hab' ich Unterricht.«

»Schwänzen Sie ihn und veranlassen Sie auch die anderen dazu«, sagte Peter. »Mein Büro befindet sich im Zwischengeschoß. Denken Sie dran - Punkt vier Uhr.«

Als er den Hörer auflegte, stellte er fest, daß er sich auf die morgige Zusammenkunft freute.

8

Die auseinandergerissenen Seiten der Morgenzeitung lagen verstreut um das Bett der Herzogin von Croydon. Es gab kaum eine Meldung, die sie nicht wenigstens überflogen hatte, und nun saß sie in die Kissen zurückgelehnt und dachte angestrengt nach. Noch nie hatte sie ihren Scharfsinn und ihre Findigkeit so dringend gebraucht wie jetzt.

Auf einem Tischchen neben dem Bett stand ein Tablett, das benutzt und beiseite geschoben worden war. Selbst in Krisenzeiten konnte die Herzogin auf ein ausgiebiges Frühstück nicht verzichten. Diese Angewohnheit stammte noch aus ihrer Kindheit, die sie in »Fallingbroke Abbey«, dem Landsitz ihrer Familie, verbracht hatte. Dort war das Frühstück eine umfangreiche herzhafte Mahlzeit aus mehreren Gängen und wurde häufig erst nach einem flotten Querfeldeingalopp eingenommen.

Der Herzog, der allein im Salon gefrühstückt hatte, war vor einigen Minuten ins Schlafzimmer zurückgekehrt. Auch er hatte die Zeitung sofort nach ihrem Eintreffen gierig gelesen. Nun schritt er in einem gegürtelten scharlachroten Morgenmantel, unter dem die Pyjamahosen hervorsahen, rastlos auf dem Teppich auf und ab. Gelegentlich fuhr er sich mit der Hand durch sein noch wirres Haar.

»Bleib stehen, um Himmels willen!« Die Anspannung, unter der sie beide standen, kam in der erregten Stimme seiner Frau zum Ausdruck. »Wie soll ich nachdenken, wenn du wie ein Wilder im Zimmer umherläufst!«

Er drehte sich zu ihr um; im hellen Licht des Morgens wirkte sein Gesicht zerknittert und verzweifelt. »Nachdenken nutzt uns verteufelt wenig. Das ändert auch nichts mehr.«

»Nachdenken hilft immer - wenn man gründlich und methodisch vorgeht. Deshalb bringen es manche Leute zu etwas und andere nicht.«

Er fuhr sich erneut durchs Haar. »Unsere Lage hat sich seit gestern abend nicht gebessert.«

»Aber sie hat sich auch nicht verschlimmert«, sagte sie nüchtern, »und das ist schon ein Grund, um dankbar zu sein. Wir sind noch immer hier - unversehrt.«

Der Herzog schüttelte müde den Kopf. Er hatte in der Nacht kaum ein Auge zugetan. »Und wieso hilft uns das?«

»Nun, so wie ich es sehe, ist das Ganze eine Frage der Zeit. Und die Zeit arbeitet für uns. Je länger wir warten und je länger nichts geschieht...« Sie unterbrach sich und dachte dann laut weiter. »Was wir jetzt verzweifelt nötig hätten, wäre ein bißchen Publicity. Wir müssen die öffentliche Aufmerksamkeit auf dich lenken, aber so, daß die andere Sache zu phantastisch erscheint, als daß sie jemals auch nur in Betracht gezogen wird.«