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»Es war nicht meine Absicht, diesen Eindruck zu erwecken. Ich nehme an, daß W. T. über die Rechtslage im Bilde ist, falls er aber eine Zusammenfassung der Präzedenzfälle haben möchte, so habe ich eine, die ich ihm geben kann.«

»Er wird vermutlich dankbar dafür sein. Ich hefte eine diesbezügliche Notiz an den Brief.« Sie sah Peter offen an. »All das macht Ihnen Spaß, nicht wahr? Ein Hotel zu leiten und was sonst damit zusammenhängt.«

»Ja«, antwortete er ehrlich. »Obwohl es mir noch mehr Spaß machen würde, wenn wir hier ein paar Veränderungen durchdrücken könnten. Hätten wir das schon früher getan, dann brauchten wir jetzt vielleicht Curtis O'Keefe nicht. Dabei fällt mir ein... wissen Sie schon, daß er angekommen ist?«

»Sie sind der siebzehnte, der mir das sagt. Ich glaube, das Telefon fing in dem Moment an zu läuten, als er erst mit einem Bein aus dem Wagen gestiegen war.«

»Das ist nicht überraschend. Inzwischen werden sich eine Menge Leute fragen, warum er hier ist. Oder vielmehr, wann man uns offiziell mitteilt, warum er hier ist.«

»Ich habe eben alles für ein privates Dinner heute abend in W. T.s Suite in die Wege geleitet - für Mr. O'Keefe und seine Begleiterin. Haben Sie sie schon gesehen? Sie soll etwas ganz Besonderes sein.«

Er schüttelte den Kopf. »Mein eigenes Dinner interessiert mich mehr. Ich rechne dabei auf Sie. Deshalb bin ich hier.«

»Falls das eine Einladung für heute abend sein soll, kann ich bloß sagen, ich bin frei und Hunger habe ich auch.«

»Fein!« Er sprang auf und überragte sie wie ein Turm. »Ich hole Sie um sieben in Ihrer Wohnung ab.«

Auf dem Weg nach draußen erspähte er auf einem Tisch dicht neben der Tür ein zusammengefaltetes Exemplar der »Times-Picayune.« Er blieb stehen und erkannte an der fetten Schlagzeile über den Tod der beiden Unfallopfer, daß es sich um dieselbe Ausgabe handelte, die er auch gerade gelesen hatte. »Ich nehme an, Sie haben das hier schon gesehen?« fragte er bedrückt.

»Ja. Es ist schrecklich, nicht? Beim Lesen hatte ich das gräßliche Gefühl, als hätte ich das Ganze mit angesehen, weil wir gestern nacht da vorbeikamen.«

»Komisch, daß Sie das sagen.« Er blickte sie seltsam an. »Ich hatte auch ein ganz eigenartiges Gefühl dabei. Es hat mich gestern nacht verfolgt und heute morgen wieder.«

»Was für ein Gefühl?«

»Ich bin mir nicht sicher. Irgendwie kommt's mir vor, als wüßte ich etwas - genauer kann ich's nicht ausdrücken -, und dabei weiß ich nichts.« Peter zuckte mit den Schultern und schlug sich den Gedanken aus dem Kopf. »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich bilde mir das ein, weil wir da vorbeigefahren sind.« Er legte die Zeitung wieder auf den Tisch.

Als er mit Riesenschritten hinausging, wandte er sich um und winkte ihr lächelnd zu.

Christine ließ sich, wie schon oft, zum Lunch belegte Brote und Kaffee heraufbringen. Während sie noch beim Essen war, tauchte Warren Trent auf, blieb jedoch nur, um die Post zu lesen, bevor er sich zu einem seiner Streifgänge durchs Hotel aufmachte, die, wie Christine wußte, Stunden dauern konnten. Es bekümmerte sie, als sie das abgespannte Gesicht des Hotelbesitzers sah und bemerkte, wie schwerfällig er sich fortbewegte, ein sicheres Anzeichen dafür, daß sein Ischias ihm zu schaffen machte.

Um halb drei, nachdem sie einer der Sekretärinnen im Vorzimmer Bescheid gesagt hatte, begab sie sich zu einem Besuch bei Albert Wells.

Sie fuhr im Lift in die vierzehnte Etage hinauf und erspähte, als sie in den Korridor einbog, eine sich nähernde untersetzte Gestalt. Es war Sam Jakubiec, der Kreditmanager. In der Hand hielt er ein Blatt Papier, und seine Miene war verdrossen.

Als er Christine sah, blieb er stehen. »Ich habe eben mit Ihrem kranken Freund, Mr. Wells, gesprochen.«

»Wenn Sie bei ihm genauso finster dreingeschaut haben, kann der Besuch für ihn nicht sehr vergnüglich gewesen sein.«

»Na, ehrlich gesagt, für mich war's auch nicht gerade ein Vergnügen. Ich hab' ihm das hier abgeluchst, aber weiß der Himmel, ob's was taugt.«

Christine griff nach dem Blatt Papier, das der Hotelmanager in der Hand hatte. Es war ein schmieriger Bogen Hotelbriefpapier mit einem Fettfleck in einer Ecke. Darauf hatte Albert Wells in plumper sperriger Schrift eine Zahlungsanweisung über zweihundert Dollar für eine Bank in Montreal ausgestellt und mit seinem Namen unterzeichnet.

»Er ist auf seine stille Art ein zäher alter Bursche«, sagte Jakubiec. »Zuerst wollte er gar nichts herausrücken. Erklärte, er würde seine Rechnung bezahlen, sobald sie fällig wäre. Als ich ihm sagte, wir würden ihm, wenn nötig, die Zahlungsfrist verlängern, schien ihn das nicht zu interessieren.«

»Wenn es um Geld geht, sind die Leute empfindlich«, meinte Christine. »Besonders, wenn sie knapp dran sind.«

Der Kreditmanager schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Teufel! - die meisten von uns sind knapp bei Kasse. Ich bin's immer. Aber da laufen die Leute herum und bilden sich ein, es wäre eine Schande, und dabei gäb's in den meisten Fällen einen Ausweg, wenn sie bloß offen mit der Sprache herauskämen.«

»Ist das legal?« fragte Christine und betrachtete das Papier bedenklich.

»Es ist legal, wenn Geld auf dem Konto ist. Man kann einen Scheck auf Notenpapier oder einer Bananenschale ausschreiben, wenn's einem in den Kram paßt. Aber die meisten Leute, die Geld auf der Bank haben, benutzen ein vorgedrucktes Scheckheft. Ihr Freund Wells sagte, er könne seines nicht finden.«

Als Christine ihm den Wisch zurückgab, fügte Sam Jakubiec hinzu: »Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, er ist ehrlich und hat das Geld - aber gerade so viel und nicht mehr - und wird sich krummlegen, um es aufzutreiben. Der Haken dabei ist, er schuldet schon mehr als die Hälfte von den zweihundert, und die Privatpflege wird den Rest verdammt schnell schlucken.«

»Was werden Sie machen?«

Der Kreditmanager fuhr sich mit der Hand über die Glatze. »Zuerst mal werde ich das Geld für einen Anruf in Montreal springen lassen und mich erkundigen, ob der Scheck hier gut ist oder nicht.«

»Und wenn er schlecht ist, Sam?«

»Dann muß Ihr Freund gehen - wenigstens, soweit es mich betrifft. Falls Sie allerdings mit Mr. Trent reden wollen und der ihn bleiben läßt -«, Jakubiec zuckte mit den Schultern -, »ist das natürlich was anderes.«

Christine schüttelte den Kopf. »Ich möchte W. T. nicht damit belästigen. Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir Bescheid sagen, bevor Sie etwas unternehmen.«

»Gern, Miss Francis.« Der Kreditmanager nickte und stapfte dann mit kurzen, energischen Schritten den Korridor hinunter.

Gleich darauf klopfte Christine an die Tür des Zimmers 1410.

Eine uniformierte Pflegerin mittleren Alters mit ernstem Gesicht und Hornbrille öffnete. Christine nannte ihren Namen, und die Krankenschwester sagte: »Warten Sie bitte einen Moment. Ich werde Mr. Wells fragen, ob er sie sehen möchte.«

Christine hörte aus dem Inneren des Zimmers Schritte und mußte lächeln, als eine Stimme nachdrücklich sagte: »Natürlich möchte ich sie sehen. Lassen Sie sie nicht warten.«

Als die Pflegerin zurückkehrte, schlug Christine ihr vor: »Falls Sie eine Weile weggehen wollen, könnte ich Sie solange vertreten.«

»Also, ich weiß nicht recht...« Sie zögerte, taute aber sichtlich auf.

Die Stimme aus dem Zimmer sagte: »Gehen Sie ruhig. Miss Francis kennt sich aus. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte's mich gestern nacht erwischt.«

»Nun gut«, sagte die Pflegerin. »Ich bleibe nur zehn Minuten weg, und sollten Sie mich in der Zwischenzeit brauchen, können Sie mich in der Cafeteria erreichen.«

Albert Wells strahlte über das ganze Gesicht, als Christine hereinkam. Der kleine Mann saß zurückgelehnt in einem Berg von Kissen und sah winzig aus. Seine äußere Erscheinung, die gebrechliche, in ein altmodisches Nachthemd gehüllte Gestalt, erinnerte noch immer an einen Sperling, aber im Vergleich zu seiner beinahe hoffnungslosen Schwäche in der vergangenen Nacht an einen recht munteren Sperling. Seine Gesichtsfarbe war noch blaß, aber nicht mehr grau. Er atmete, von einem gelegentlichen Keuchen abgesehen, regelmäßig und anscheinend mühelos.