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Müde und in der Haltung einer Besiegten sank die Herzogin von Croydon auf den Stuhl zurück. Sie faltete die Hände, um ihr Zittern zu verbergen, und fragte: »Was wissen Sie?«

»Okay, ich will's Ihnen sagen.« Der Hoteldetektiv ließ sich Zeit, paffte gleichmütig eine blaue Rauchwolke in die Luft und beäugte dabei ironisch die Herzogin, als wollte er ihren Einspruch herausfordern. Aber bis auf ein angewidertes Naserümpfen enthielt sie sich jeden Kommentars.

Ogilvie zeigte auf den Herzog. »Gestern ziemlich früh am Abend gingen Sie zu >Lindy's Place< in Irish Bayou. Sie fuhren in Ihrem noblen Jaguar und hatten 'ne Dame bei sich. Ich schätze wenigstens, man könnte sie so nennen, wenn man's nicht zu genau nimmt.«

Als Ogilvie grinsend zur Herzogin hinüberblickte, sagte der Herzog scharf: »Los, die Details können Sie sich sparen!«

»Also«, das fette selbstgefällige Gesicht wandte sich wieder dem Herzog zu, »wie ich gehört hab', gewannen Sie einhundert Lappen beim Spiel und verloren sie dann wieder an der Bar. Sie hatten gerade die Hälfte vom zweiten Hunderter auf den Kopf gehauen - mit einer wirklich flotten Gesellschaft -, da platzte Ihre Frau mit einem Taxi dazwischen.«

»Woher wissen Sie das alles?«

»Tjah, sehen Sie, Herzog - ich bin schon seit einer Ewigkeit hier in der Stadt und im Hotel. Ich hab' überall Freunde. Mal erweis' ich ihnen einen Gefallen und ein andermal sie mir, und so bin ich immer auf dem laufenden. Wenn die Leute, die hier im Hotel wohnen, was anstellen, erfahr' ich's meistens. Im allgemeinen ahnen sie gar nicht, daß ich was weiß; sie kennen mich nicht mal. Sie bilden sich ein, ihre kleinen Geheimnisse wären sicher verstaut, und das sind sie auch. Ich kann schweigen. So 'n Fall wie Ihrer ist natürlich was anderes.«

Der Herzog sagte kalt: »Ich verstehe.«

»Eins würde ich gern wissen. Ich bin von Natur aus neugierig, Gnädigste. Wie haben Sie herausbekommen, wo er war?«

»Sie wissen so viel... ck macht das vermutlich auch nichts mehr aus. Mein Mann hat die Angewohnheit, sich beim Telefonieren Notizen zu machen. Und er vergißt dann oft, sie zu zerreißen.«

Ogilvie klickte vorwurfsvoll mit der Zunge. »Tjah, wenn man in Kleinigkeiten nachlässig ist, Herzog... nun sehen Sie selbst, in was für Schwulitäten einen das bringt. Na und den Rest stell' ich mir etwa so vor. Sie gondeln nach Haus, mit Ihrer Frau, und Sie sitzen am Steuer, obwohl's nach allem, was später passiert ist, besser gewesen wäre, sie hätte am Steuer gesessen.«

»Meine Frau kann nicht fahren.«

»Damit wäre der Punkt auch geklärt.« Der Detektiv nickte verständnisvoll. »Und außerdem, schätz' ich, hatten Sie geladen, und zwar schwer... «

Die Herzogin unterbrach ihn. »Dann wissen Sie also doch nichts! Nichts Genaues jedenfalls! Sie können womöglich nicht mal beweisen, daß -«

»Lady, ich hab' so viele Beweise, wie ich brauche.«

»Laß ihn ausreden, altes Mädchen«, sagte der Herzog warnend.

»Ganz recht. Halten Sie die Klappe und sperren Sie die Ohren auf. Gestern nacht hab' ich Sie zufällig bei der Rückkehr ins Hotel gesehen. Sie sind durchs Souterrain gekommen und nicht durch die Halle und waren beide verdammt blaß um die Nase. Ich war auch gerade erst gekommen und hab' mir natürlich so meine Gedanken gemacht. Wie ich schon sagte, bin ich neugierig von Natur aus.«

»Weiter«, flüsterte die Herzogin.

»Ziemlich spät gestern nacht kam dann die Meldung über den Unfall mit Fahrerflucht durch, und das hat mich auf die Idee gebracht. Ich ging hinunter in die Garage und besah mir in aller Stille Ihren Wagen. Sie wissen's vielleicht nicht, aber er steht hinter einem Pfosten in einer Ecke, wo die Garagisten ihn nicht sehen, wenn sie vorbeikommen.«

Der Herzog fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich nehme an, das hilft uns jetzt auch nichts mehr.«

»Vielleicht nicht«, gab Ogilvie zu. »Na, jedenfalls hab' ich erst mal ein paar Auskünfte eingeholt - gegenüber im Polizeipräsidium, wo ich auch gut bekannt bin.« Er legte eine Pause ein, um kräftig an seiner Zigarre zu ziehen, während seine Zuhörer schweigend auf die Fortsetzung warteten. Als das Ende der Zigarre rot aufglühte, betrachtete er es prüfend und fuhr dann fort: »Drüben hatten sie drei Dinge, auf die sie sich bei den Ermittlungen stützen: einen Scheinwerferring, der abgegangen sein muß, als der Wagen das Kind und die Frau wegschleuderte; ein paar Splitter vom Scheinwerferglas; und dann haben die Kleider des Kindes sie darauf gebracht, daß es vermutlich auch eine Wischspur gibt.«

»Eine was?«

»Wenn man Stoff gegen was Hartes reibt, Herzogin, sagen wir einen Kotflügel, der noch dazu blank poliert ist, dann bleibt genau wie bei Fingerabdrücken eine Spur zurück. Die Leute vom Polizeilabor können sie abnehmen wie andere Spuren - sie bestäuben's mit Puder, und schon hat sich's.«

»Das ist interessant«, sagte der Herzog, als spräche er von etwas, das ihn nicht betraf. »Das wußte ich nicht.«

»Die wenigsten wissen das. Ich glaub' allerdings nicht, daß es in Ihrem Fall viel ausmacht. Der eine Scheinwerfer ist beschädigt, und der Ring ist futsch. Das reicht schon als Beweis, auch ohne die anderen Spuren und das Blut. O ja, ich hätt's Ihnen gleich sagen sollen. Es ist eine ganze Menge Blut am Wagen, obwohl es auf dem schwarzen Lack nicht sehr auffällt.«

»Oh, mein Gott!« Die Herzogin preßte eine Hand vor die Augen und wandte sich ab.

»Und was haben Sie nun mit uns vor?« erkundigte sich der Herzog.

Der fette Mann rieb sich die Hände und blickte auf seine fleischigen Finger. »Wie ich schon sagte, bin ich hergekommen, um mir Ihre Version anzuhören.«

»Was könnte ich denn dazu noch sagen?« fragte der Herzog verzweifelt. »Sie wissen doch, was passiert ist. Rufen Sie am besten gleich die Polizei. Dann haben wir's hinter uns.«

»Warum haben Sie's so eilig?« Ogilvies absurde Fistelstimme klang plötzlich versonnen. »Was passiert ist, ist passiert. Überstürzte Maßnahmen machen das Kind und die Mutter auch nicht wieder lebendig. Außerdem würde Ihnen das, was sie drüben im Präsidium mit Ihnen anstellen, nicht gefallen, Herzog. Nein, Sir, es würde Ihnen ganz bestimmt nicht gefallen.«

Die beiden anderen hoben langsam die Augen.

»Ich hatte gehofft, ihr zwei würdet mir einen besseren Vorschlag machen.«

»Das verstehe ich nicht«, murmelte der Herzog unsicher.

»Aber ich«, sagte die Herzogin. »Sie wollen Geld, nicht wahr? Sie sind gekommen, um uns zu erpressen.«

Falls sie erwartet hatte, ihre Worte würden Ogilvie aus der Fassung bringen, wurde sie enttäuscht. Der Hoteldetektiv zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Nennen Sie's, wie Sie wollen, Herzogin; mir ist das schnuppe. Ich bin bloß hier, um euch beiden aus der Klemme zu helfen. Aber ich muß schließlich auch leben.«

»Wenn wir Ihnen Geld geben, würden Sie das, was Sie wissen, für sich behalten?«

»Ich denke schon.«

»Aber nach allem, was Sie sagen, würde es uns nichts nützen«, wandte die Herzogin ein. Sie hatte für den Moment ihre innere Sicherheit wiedergefunden. »Der Wagen würde in jedem Fall entdeckt werden.«

»Das Risiko müssen Sie schon in Kauf nehmen, schätz' ich. Aber es spricht einiges dafür, daß es vielleicht nicht dazu kommen wird.«

»Wieso?«

»Also, ganz klar ist mir das auch noch nicht. Aber als Sie das Kind überfuhren, waren Sie auf dem Weg aus der Stadt und nicht in die Stadt, wie man's von Rechts wegen erwarten sollte.«

»Wir haben uns auf dem Rückweg verfahren und sind irgendwie in die umgekehrte Richtung geraten«, erklärte die Herzogin. »In New Orleans mit seinen gewundenen Straßen passiert einem das leicht. Später fuhren wir auf Seitenwegen zum Hotel zurück.«

»Ich hab' mir gleich gedacht, daß es so gewesen sein könnte.« Ogilvie nickte verständnisinnig. »Aber die Polizei hat sich das anders zurechtgelegt. Sie tippt auf jemanden, der außerhalb wohnt, und kämmt deshalb im Moment die Vororte und umliegenden Städte durch. Mit der Zeit wird sie vermutlich auch die Innenstadt absuchen, aber so weit ist es noch nicht.«