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Ihm war so froh zumute, daß er einen Abstecher in die Cafeteria des St. Gregory machte, um zu frühstücken.

Als er herauskam, erblickte er die Herzogin von Croydon.

Sie war gerade dem Lift entstiegen. Die Bedlington-Terrier -drei auf der einen und zwei auf der anderen Seite - tollten ausgelassen vor ihr her und strebten wie feurige kleine Vorreiter dem Ausgang zu. Sie hielt sie fest und gebieterisch an der Leine, obwohl sie offensichtlich mit den Gedanken ganz woanders war; ihre Augen schienen irgendeinen fernen Punkt jenseits der Hotelmauer anzuvisieren. Aber ihre hochmütige Arroganz wirkte überzeugend wie immer. Nur aufmerksame Beobachter hätten vielleicht den erschöpften, angespannten Zug in ihrem Gesicht entdeckt, den sie bei aller Willensstärke und trotz ihres Make-ups nicht gänzlich zu verbergen vermochte.

Keycase blieb entgeistert stehen. Er traute seinen Augen nicht. Aber es war wirklich die Herzogin von Croydon. Keycase, ein eifriger Leser von Zeitungen und Illustrierten, hatte zu viele Fotos von ihr gesehen, um seiner Sache nicht sicher zu sein. Und allem Anschein nach wohnte die Herzogin im Hotel.

Seine Gedanken überschlugen sich fast. Die Herzogin von Croydon besaß bekanntermaßen eine der kostbarsten Juwelenkollektionen der Welt, und nie zeigte sie sich in der Öffentlichkeit ohne das eine oder andere Schmuckstück. Beim Anblick ihrer Ringe und eines Saphirclips am Aufschlag ihres Kostüms kniff Keycase abschätzend die Augen zusammen. Die Angewohnheit der Herzogin ließ darauf schließen, daß sich ein Teil ihres Schmucks - trotz aller Vorsichtsmaßnahmen - stets in greifbarer Nähe befand.

Eine halbgare Idee - ein leichtsinniger, verwegener, unmöglicher Plan..., oder war er gar nicht so abenteuerlich? -begann sich in Keycases Kopf abzuzeichnen.

Er stand da und schaute, während die Herzogin von Croydon hinter den Terriern durch die Halle des St. Gregory schritt und auf die sonnenhelle Straße hinaustrat.

2

Herbie Chandler stellte sich zeitig im Hotel ein, wenn auch zu seinem eigenen Nutzen und nicht zu dem des Hotels.

Zu seinen dunklen Nebengeschäften gehörte auch das Zusammengießen und Horten von Schnapsresten, eine Prozedur, die in zahlreichen Hotels im Schwange war.

Gäste, die in ihren Zimmern Besucher bewirteten oder auch allein zechten, hatten bei der Abreise häufig Flaschen übrig, die noch nicht ganz leer waren. Meist unterließen sie es, die angebrochenen Flaschen mit einzupacken, entweder in der Besorgnis, sie könnten auslaufen, oder um sich den Zuschlag der Fluggesellschaften für Übergepäck zu ersparen. Aber alles in ihnen sträubte sich dagegen, guten Alkohol wegzuschütten, und so blieben die Flaschen auf den Toilettentischen der geräumten Zimmer stehen.

Wurden sie von einem Boy beim Hinausbefördern des Gepäcks bemerkt, dann kehrte der innerhalb weniger Minuten ins Zimmer zurück und kassierte die Hinterlassenschaft ein. Trugen die Gäste ihre Koffer selbst hinunter, dann pflegte das Zimmermädchen einem Boy Bescheid zu sagen, und der beteiligte sie dann schließlich an seinem Gewinn.

Die Schnapsreste gelangten auf Umwegen in den Winkel eines Vorratsraumes im Souterrain, der privaten Domäne des Chefportiers. Er verdankte sie der Vermittlung eines Lagerverwalters, der seinerseits bei gewissen Diebereien von Herbie Chandler unterstützt wurde.

Der Transport der Flaschen erfolgte für gewöhnlich in Wäschesäcken, mit denen Boys im Hotel herumwandern konnten, ohne Verdacht zu erregen. Die Vorräte, die sich innerhalb von zwei oder drei Tagen ansammelten, waren erstaunlich groß.

Alle zwei oder drei Tage - wenn Kongresse im Hotel tagten sogar noch öfter - machte Herbie Chandler Inventur. Damit war er auch im Moment beschäftigt.

Er sortierte sämtliche Ginflaschen aus und stellte sie zu einer Batterie zusammen. Dann wählte er zwei von den besseren Marken und füllte mit einem Trichter alle Reste hinein. Am Ende hatte er eine volle Flasche und eine dreiviertelvolle. Er versah beide mit einem Verschluß und stellte die zweite beiseite, um sie bei der nächsten Inventur aufzufüllen. Dieselbe Prozedur wiederholte er bei Bourbon, Scotch und Rye. Der Gesamtertrag belief sich schließlich auf sieben volle Flaschen und mehrere halbvolle. Einen Rest Wodka leerte er nach kurzem Zögern in die Ginflasche.

Später, im Laufe des Tages, würden die sieben vollen Flaschen in einer Bar abgeliefert werden, die nur ein paar Blocks vom St. Gregory entfernt lag. Der Barbesitzer, an der Qualität seiner Ware nur mäßig interessiert, schenkte den Alkohol an seine Kunden aus und zahlte Herbie den halben Großhandelspreis. In regelmäßigen Abständen schüttete Herbie für alle jene, die im Hotel mit ihm zusammenarbeiteten, eine Dividende aus - zumeist eine so niedrige, wie er es gerade noch wagen konnte.

In letzter Zeit waren die Geschäfte gut gegangen, und der Ertrag dieses einen Tages hätte Herbie froh gestimmt, wenn er nicht mit anderen Problemen beschäftigt gewesen wäre. Spät in der Nacht hatte Stanley Dixon angerufen. Der junge Mann hatte ihm seine Version von dem Telefongespräch mit Peter McDermott wiedergegeben und ihm auch erzählt, daß er und seine Freunde für vier Uhr nachmittags in McDermotts Büro verabredet wären. Dixon wollte vor allem von Herbie erfahren, wieviel McDermott eigentlich wisse.

Diese Frage konnte Herbie Chandler nicht beantworten. Aber er riet Dixon, Diskretion zu wahren und nichts zuzugeben. Seitdem hatte er sich den Kopf darüber zerbrochen, was sich vor zwei Nächten in der Suite 1126-7 nun wirklich abgespielt hatte und wieweit der stellvertretende Direktor über Herbies Anteil an den Vorfällen im Bilde war.

Es waren noch neun Stunden bis vier Uhr. Herbie ahnte, daß sie ihm endlos lang vorkommen würden.

3

Morgens pflegte Curtis O'Keefe meist erst zu duschen und danach zu beten. Diese Reihenfolge war sehr zweckmäßig, weil er dabei sauber vor Gott trat und außerdem in den zwanzig Minuten, die er, in einen Bademantel gehüllt, auf den Knien verbrachte, gründlich trocken wurde.

Heller Sonnenschein fiel in die behagliche, klimatisierte Suite und erfüllte den Hotelier mit einem Gefühl des Wohlbefindens. Das Gefühl übertrug sich auf seine weitschweifigen Gebete, die dadurch etwas von einem intimen Gespräch von Mann zu Mann bekamen. Curtis O'Keefe vergaß jedoch nicht, Gott daran zu erinnern, daß er - O'Keefe - sich nach wie vor für das St. Gregory interessierte.

Das Paar frühstückte in Dodos Suite. Dodo bestellte für beide, nachdem sie lange über einer Speisekarte gebrütet und endlos mit dem Zimmerservice telefoniert hatte, wobei sie ihre Anordnungen mehrmals völlig über den Haufen warf. Am meisten Kopfzerbrechen bereitete ihr diesmal der Fruchtsaft; sie konnte sich nicht entscheiden, welchen sie wählen sollte, und unterhielt sich mehrere Minuten lang mit ihrem unsichtbaren Gesprächspartner über den Qualitätsunterschied zwischen Ananas, Pampelmuse und Apfelsine. Curtis O'Keefe malte sich belustigt das Chaos aus, das dieser Anruf elf Stockwerke tiefer beim ohnehin überlasteten Zimmerservice auslösen mußte.

Während er auf das Frühstück wartete, blätterte er in den Morgenzeitungen - dem Lokalblatt »Times-Picayune« und einer per Luftpost zugesandten »New York Times«. In der Fahrerfluchtaffäre, die im Lokalblatt noch immer den ersten Platz einnahm, hatte sich, wie er feststellte, nichts Neues ergeben. Aus dem Börsenteil der »New York Times« ersah er, daß die Aktien des O'Keefe-Konzerns um dreiviertel Punkte gefallen waren. Der Rückgang war unbedeutend, eine ganz normale Kursschwankung; der Kurs würde ganz bestimmt steigen, sobald sich das Gerücht von der O'Keefeschen Neuerwerbung in New Orleans herumgesprochen hatte, und sehr lange konnte das nicht mehr dauern.