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In dem Verhältnis zwischen den Croydons und Ogilvie war seit gestern eine kaum wahrnehmbare Veränderung eingetreten. Zuvor waren sie Feinde gewesen. Nun waren sie Komplicen, obwohl sie einander noch nicht recht trauten und sich gewissermaßen erst zu einem Einverständnis hintasteten, dessen Konsequenzen sie selbst noch nicht übersahen.

»Wenn wir nur so wenig Zeit haben, warum vertrödeln wir sie dann?« fragte die Herzogin.

Die gemeinen Schweinsäuglein des Hausdetektivs verhärteten sich. »Sie bilden sich wohl ein, ich müßte jetzt gleich mit dem Wagen losgondeln? Mitten am hellichten Tag? Ihn vielleicht sogar auf der Canal Street parken?«

Ganz unvermittelt schaltete sich der Herzog von Croydon zum erstenmal ein. »Die letzten Tage waren für meine Frau eine schwere Nervenprobe. Sie brauchen nicht gleich grob zu werden.«

Ogilvies Miene brütender Skepsis veränderte sich nicht. Er fischte eine Zigarre aus der Rocktasche, betrachtete sie und steckte sie plötzlich wieder weg. »Ich schätze, wir sind alle ein bißchen durcheinander. Und so wird's auch bleiben, bis wir die Sache hinter uns haben.«

Die Herzogin sagte ungeduldig: »Das ist unwichtig. Mich interessiert mehr, was im Moment geschieht. Weiß die Polizei schon, daß sie nach einem Jaguar suchen muß?«

Der mächtige Kopf mit seinen Kinnwülsten bewegte sich langsam von einer Seite zur anderen. »Wenn sie's herausgekriegt haben, erfahren wir's schnell genug. Bei ausländischen Wagen dauert's, wie gesagt, meistens ein paar Tage, bevor sie ihn sicher festnageln können.«

»Deutet nichts darauf hin..., daß sie die Affäre nicht mehr so wichtig nehmen? Es ist doch sehr oft so, daß aufregende Ereignisse an allgemeinem Interesse verlieren, wenn nach ein oder zwei Tagen nichts Neues entdeckt wird.«

»Sind Sie verrückt?« Auf dem Gesicht des fetten Mannes malte sich aufrichtiges Erstaunen. »Haben Sie die Morgenzeitung nicht gelesen?«

»Doch«, sagte die Herzogin. »Bei meiner Frage war vermutlich der Wunsch der Vater des Gedankens.«

»Nichts hat sich geändert«, erklärte Ogilvie. »Außer, daß die Polizei vielleicht noch schärfer hinterher ist. Von der Lösung des Falls hängt eine Menge für sie ab, und die Polizisten wissen, wenn sie's nicht schaffen, gibt's Saures, auch für die oben an der Spitze. Der Bürgermeister hat so was angedeutet. Folglich ist jetzt auch die Politik mit im Spiel.«

»Dann dürfte das Fortschaffen des Wagens jetzt noch schwieriger sein als je zuvor?«

»Ich will Ihnen sagen, wie's ist, Herzogin. Jeder kleine Schupo weiß, falls er den Wagen schnappt, nach dem sie fahnden - Ihren Wagen -, dann kann er sich 'ne Viertelstunde später einen neuen Streifen an den Ärmel nähen. Folglich passen sie auf wie die Luchse. Schwierig ist gar kein Ausdruck.«

Ein Schweigen trat ein, das nur von Ogilvies schnaufenden Atemzügen unterbrochen wurde. Es lag auf der Hand, welches die nächste Frage sein würde, aber sie zu stellen kostete anscheinend Überwindung, denn die Antwort konnte sowohl Rettung als auch Hoffnungslosigkeit bedeuten.

Endlich sagte die Herzogin von Croydon: »Wann beabsichtigen Sie aufzubrechen? Wann werden Sie den Wagen nach dem Norden schaffen?«

»Heute nacht«, erwiderte Ogilvie. »Deswegen komme ich.«

Der Herzog stieß erleichtert und unüberhörbar die Luft aus.

»Wie wollen Sie es anstellen, unbeobachtet aus der Stadt zu kommen?« fragte die Herzogin.

»Ich kann für nichts garantieren. Aber ich hab' mir so einiges zurechtgelegt.«

»Ja?«

»Am besten fahr' ich gegen ein Uhr los, schätz' ich.«

»Ein Uhr morgens?«

Ogilvie nickte. »Ist nicht viel los um die Zeit. Wenig Verkehr, aber nicht zu wenig.«

»Sie könnten aber trotzdem gesehen werden?«

»Das Risiko besteht immer. Müssen uns eben darauf verlassen, daß wir Glück haben.«

»Wenn Sie aus der Stadt sind - wie weit wollen Sie dann noch fahren?«

»Gegen sechs wird's hell. Schätze, um die Zeit werd' ich in Mississippi sein. Höchstwahrscheinlich in der Nähe von Macon.«

»Das ist nicht weit«, protestierte die Herzogin. »Nur auf dem halben Weg durch Mississippi. Noch nicht einmal ein Viertel der Strecke nach Chikago.«

Der fette Mann rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Soll ich vielleicht Vollgas geben? Ein paar Rekorde brechen? Und am Ende riskieren, daß eine Verkehrsstreife hinter mir herjagt?«

»Nein, natürlich nicht. Mir liegt nur daran, daß der Wagen möglichst schnell weit weggebracht wird. Was werden Sie tagsüber machen?«

»Irgendwo in Deckung gehen. Es gibt genug geeignete Stellen in Mississippi.«

»Und dann?«

»Sowie's dunkel ist, brause ich ab. In nördlicher Richtung durch Alabama, Tennessse, Kentucky, Indiana.«

»Wann ist es sicher? Wirklich sicher?«

»Indiana, schätz ich.«

»Und den Freitag über bleiben Sie in Indiana?«

»Ich denke schon.«

»So daß Sie am Samstag in Chikago sind?«

»Samstag morgen.«

»Schön«, sagte die Herzogin. »Mein Mann und ich fliegen am Freitagabend nach Chikago. Wir steigen im Drake-Hotel ab und warten dort, bis wir von Ihnen hören.«

Der Herzog wich Ogilvies Blick aus und betrachtete seine Hände.

»Sie werden von mir hören«, antwortete der Hausdetektiv bestimmt.

»Brauchen Sie sonst noch etwas?«

»Ja, eine Vollmacht für die Garage. Für alle Fälle. Damit ich Ihren Wagen nehmen kann.«

»Ich schreibe sie gleich aus.« Die Herzogin ging quer durch den Raum zu einem Sekretär. Sie schrieb hastig eine Zeile auf einen Bogen Hotelbriefpapier und kehrte einen Moment später mit dem zusammengefalteten Blatt zurück. »Das müßte eigentlich genügen.«

Ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, verstaute Ogilvie das Papier in einer Innentasche. Sein Blick klebte am Gesicht der Herzogin.

Nach einem verlegenen Schweigen fragte sie ratlos: »Das war es doch, was sie wollten, oder nicht?«

Der Herzog von Croydon erhob sich und schritt steifbeinig davon. Den beiden anderen den Rücken zukehrend, sagte er mürrisch: »Er will das Geld haben.«

Ogilvies feistes Gesicht verzog sich zu einem süßlichen Grinsen. »Stimmt haargenau, Herzogin. Zehntausend jetzt, wie wir abgemacht hatten. Den Rest von fünfzehntausend am Samstag in Chikago.«

Bestürzt hob die Herzogin ihre beringten Hände an die Schläfen. »Ich weiß nicht, wie..., das hatte ich ganz vergessen. Es war soviel anderes zu bedenken.«

»Macht nichts. Ich hätte Sie dran erinnert.«

»Wir müssen es auf heute nachmittag verschieben. Unsere Bank wird das arrangieren... «

»Bar, in kleinen Scheinen«, sagte der fette Mann. »Nicht höher als Zwanziger, und keine neuen Scheine.«

Sie sah in forschend an. »Warum?«

»Ist auf diese Art nicht nachweisbar.«

»Trauen Sie uns nicht?«

Er schüttelte den Kopf. »In einer Sache wie der soll man niemandem trauen. Wäre nicht klug.«

»Und welchen Grund hätten wir dann, Ihnen zu trauen?«

»Fünfzehntausend stehen noch aus..., das ist ein verdammt guter Grund.« Die absurde Fistelstimme bekam einen Unterton von Ungeduld. »Und denken Sie daran - auch die will ich in bar, und Banken sind am Samstag nicht geöffnet.«

»Angenommen, wir bezahlen Sie in Chikago nicht«, sagte die Herzogin.

Das Grinsen, auch jede Andeutung davon, war verschwunden. »Ich bin wirklich froh, daß Sie das aufs Tapet gebracht haben. Damit wir uns richtig verstehen.«

»Ich glaube, ich verstehe es ohnehin, aber sagen Sie es mir trotzdem.«

»Was in Chikago passieren wird, Herzogin, ist folgendes. Ich werde den Wagen irgendwo verstecken, aber Sie werden nicht wissen, wo. Dann komme ich ins Hotel und kassiere, und sowie ich das Geld habe, geb' ich Ihnen die Schlüssel und sag' Ihnen, wo der Wagen steht.«