»Wie hoch ist der Preis?«
»Zwei Millionen Dollar - in einer sicheren ersten Hypothek. Dafür bekommen Sie einen gewerkschaftlich gebundenen Betrieb und setzen den Vertrag selbst auf. Das ist nur recht und billig, da Sie Ihr eigenes Geld hineinstecken würden.«
»Tjah«, sagte die Stimme versonnen.
»Also, werden Sie jetzt die verdammte Stoppuhr abstellen?« erkundigte sich Warren Trent.
Ein Kichern schallte durch die Leitung. »Ich hab' gar keine. Es überrascht mich aber immer wieder, wie der Gedanke die Leute anspornt. Wann brauchen Sie das Geld?«
»Das Geld am Freitag. Eine Entscheidung vor morgen mittag.«
»Bin Ihre letzte Rettung, eh? Nachdem alle anderen Sie abgewiesen haben?«
Eine Lüge hätte wenig Sinn gehabt. Er antwortete kurz: »Ja.«
»Hatten Sie Verluste?«
»Nicht so starke, daß man die Tendenz nicht ändern könnte. Die O'Keefe-Leute beurteilen die Chancen positiv. Sie haben mir ein Kaufangebot gemacht.«
»Wäre vielleicht ganz klug, es anzunehmen.«
»Falls ich mich dazu entschließe, ist es mit Ihrer Chance vorbei.«
Ein Schweigen trat ein, das Warren Trent nicht störte. Er konnte spüren, wie der Mann am anderen Ende der Leitung nachdachte, Berechnungen anstellte, und bezweifelte nicht im mindesten, daß sein Vorschlag ernsthaft erwogen wurde. Seit einem Jahrzehnt versuchte die International Brotherhood of Journeymen die Hotelindustrie zu infiltrieren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kampagnen der Journeymen war diese bisher kläglich gescheitert. In diesem einzigen Punkt gab es eine Solidarität zwischen Hotelunternehmern, die die Journeymen fürchteten, und den anständigeren Gewerkschaften, die sie verachteten. Für die Journeymen konnte der Vertrag mit dem St. Gregory - einem bis jetzt nicht organisierten Hotel - ein Riß im festgefügten Damm des allgemeinen Widerstandes sein.
Was das Geld anbelangte, so war eine Investition von zwei Millionen Dollar - sofern sich die Journeymen dazu entschlossen - nur ein kleiner Happen für den Gewerkschaftssäckel. Sie hatten im Laufe der Jahre für ihren erfolglosen Kampf um Hotelmitgliedschaft viel mehr ausgegeben.
Innerhalb der Hotelindustrie - Warren Trent machte sich da nichts vor - würde man ihn als Verräter brandmarken, wenn die Vereinbarung, die er vorgeschlagen hatte, zustande kam. Und seine eigenen Angestellten würden ihn in Grund und Boden verdammen, zumindest jene, die genügend informiert waren, um zu begreifen, daß man sie verraten hatte.
Nach Lage der Dinge waren es die Angestellten, die am meisten dabei verloren. Falls ein Vertrag mit der Gewerkschaft unterzeichnet wurde, würde es vermutlich, wie immer unter solchen Umständen, gewissermaßen als anerkennende Geste, zu einer Lohnerhöhung kommen. Aber die Erhöhung war ohnehin fällig - tatsächlich sogar überfällig -, und er selbst hätte sie auch gewährt, wenn es ihm gelungen wäre, die Finanzierung des Hotels auf irgendeinem anderen Wege zu arrangieren. Der gegenwärtig bestehende Pensionsplan für die Angestellten würde zugunsten des Pensionsfonds der Gewerkschaft aufgegeben werden, aber davon würde lediglich die Kasse der Journeymen profitieren. Eine besonders einschneidende Veränderung aber war, daß die Gewerkschaftsbeiträge -wahrscheinlich sechs bis zehn Dollar monatlich - obligatorisch würden. Damit war nicht nur die geringfügige Lohnerhöhung illusorisch, sondern der Nettolohn der Angestellten würde sich sogar verringern.
Nun, dachte Warren Trent, die Schmähungen seiner Kollegen in der Hotelindustrie würde er ertragen müssen. Was das übrige anbelangte, so erstickte er seine Gewissensbisse mit der Erinnerung an Tom Earlshore und seinesgleichen.
Die barsche Stimme am Telefon riß ihn aus seinen Gedanken.
»Ich schicke zwei von meinen Finanzexperten los. Heute nachmittag fliegen sie runter. Die Nacht über nehmen sie Ihre Bücher auseinander. Ich meine, wirklich auseinander; glauben Sie also nicht, Sie könnten mit irgend etwas hinter dem Berge halten.« Die unmißverständliche Drohung war ein Wink, daß nur sehr couragierte oder tollkühne Leute jemals wagten, mit der Journeymen's Union Scherze zu treiben.
Der Hotelbesitzer sagte gereizt: »Ich habe nichts zu verbergen. Sie können alle vorhandenen Unterlagen einsehen.«
»Wenn meine Leute mir morgen früh berichten, daß alles okay ist, unterzeichnen Sie mit uns einen dreijährigen Vertrag.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
»Gut. Natürlich muß dann noch eine Abstimmung unter den Angestellten stattfinden, aber ich bin sicher, daß ich mich für ein günstiges Ergebnis verbürgen kann.« Beim Gedanken, ob er das wirklich konnte, empfand Warren Trent ein leichtes Unbehagen. Ein Bündnis mit den Journeymen würde auf Opposition stoßen, soviel war sicher. Aber ein großer Teil der Angestellten würde sich nach seiner persönlichen Empfehlung richten, falls er sie energisch genug äußerte. Der springende Punkt war nur: Würden sie die erforderliche Majorität liefern?
»Eine Abstimmung findet nicht statt«, sagte der Vorsitzende der Journeymen.
»Aber das Gesetz -«
»Versuchen Sie nicht, mir etwas über Gewerkschaftsrecht beizubringen!« schnarrte es ärgerlich aus dem Telefon. »Ich weiß besser darin Bescheid, als Sie jemals wissen werden.« Nach einer kurzen Pause kam die knurrige Erklärung: »Es handelt sich um ein freiwilliges Anerkennungsübereinkommen. Im Gesetz steht nichts davon, daß darüber abgestimmt werden muß. Folglich wird es keine Abstimmung geben.«
Warren Trent räumte ein, daß es genau auf die Art gemacht werden könne.
Die Prozedur wäre unmoralisch, aber zweifellos legal. Seine eigene Unterschrift auf einem Gewerkschaftsvertrag würde unter diesen Umständen für alle Hotelangestellten bindend sein, ob es ihnen nun paßte oder nicht. Warum nicht, dachte er grimmig; es würde die Sache wesentlich vereinfachen, und das Endergebnis wäre dasselbe.
Er fragte: »Wie wollen Sie es mit der Hypothek machen?« Das war ein kitzliger Punkt. In der Vergangenheit hatten Untersuchungskommissionen des Senats die Journeymen scharf kritisiert, weil sie hohe Summen in Unternehmen investierten, mit denen sie Gewerkschaftsverträge abgeschlossen hatten.
»Sie stellen einen Schuldschein aus, zahlbar an den Journeymen's Pensionsfonds, über zwei Millionen Dollar zu acht Prozent. Der Schuldschein ist gesichert durch eine erste Hypothek auf das Hotel. Die Hypothek wird von der Southern Conference of Journeymen für den Pensionsfonds treuhänderisch verwaltet.«
Das Arrangement war von diabolischer Cleverness. Es verletzte zwar den Geist sämtlicher Gesetze, die sich mit der Verwendung von Gewerkschaftsfonds befaßten, hielt sich jedoch formell innerhalb der gesetzlichen Grenzen.
»Der Schuldschein ist in drei Jahren fällig und verwirkt, falls Sie zweimal hintereinander die Zinsen nicht zahlen.«
»Mit allem übrigen bin ich einverstanden«, murrte Warren Trent, »aber ich möchte fünf Jahre haben.«
»Sie bekommen drei.«
Es waren harte Bedingungen, aber eine Frist von drei Jahren würde ihm die Möglichkeit geben, das Hotel wieder wettbewerbsfähig zu machen.
»Also gut«, sagte er widerwillig.
Es klickte in der Leitung, als der Teilnehmer am anderen Ende auflegte.
Trotz eines neuerlichen Anfalls seiner Ischiasschmerzen lächelte Warren Trent, als er die Telefonzelle verließ.
8
Nach der ärgerlichen Szene in der Halle, die in der Abreise von Dr. Nicholas gipfelte, fragte sich Peter McDermott beklommen, was als nächstes kommen würde. Bei näherer Überlegung entschied er, daß durch eine übereilte Intervention bei den Funktionären des Kongresses Amerikanischer Zahnärzte nichts zu gewinnen war. Falls Dr. Ingram auf seiner Drohung beharrte, die gesamte Tagung aus dem Hotel zu ziehen, so ließ sich das ohnehin nicht vor morgen früh bewerkstelligen. Folglich war es sowohl ungefährlich als auch klug, ein oder zwei Stunden, bis zum Nachmittag, zu warten, damit die Gemüter sich abkühlten. Dann würde er Dr. Ingram und notfalls auch andere Kongreßteilnehmer aufsuchen.