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Dergleichen ist in Hotels der Südstaaten schon öfter passiert; und es wird immer wieder passieren. Ein oder zwei Tage danach richtet sich die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf etwas anderes.«

»Mag sein. Würde jedoch Ihr Hotel - ab morgen - von den Journeymen finanziert, dann würde die Öffentlichkeit ihre Aufmerksamkeit verdammt schnell zurückschalten. Und auf die Art Reklame kann ich verzichten.«

»Ich möchte in der Sache gern klarsehen. Wollen Sie damit sagen, daß unsere gestrige Vereinbarung trotz der Inspektion Ihrer Buchprüfer nicht mehr gültig ist?«

Die Stimme aus Washington erwiderte: »Mit Ihren Büchern hat das Ganze nichts zu tun. Der Bericht meiner Leute war positiv. Ich blase das Geschäft wegen der anderen Sache ab.«

So wurde ihm durch einen Zwischenfall, den er gestern als eine Lappalie abgetan hatte, der Nektar des Sieges vom Mund weggerissen, dachte Warren Trent erbittert. Im Bewußtsein, daß alles, was er nun noch äußern mochte, an der Tatsache selbst nichts mehr ändern würde, bemerkte er beißend: »Früher waren Sie bei der Verwendung von Gewerkschaftsgeldem nicht immer so heikel.«

Am anderen Ende war es still. Dann sagte der Präsident der Journeymen leise: »Das wird Ihnen noch mal leid tun.«

Langsam legte Warren Trent den Hörer auf. Auf einem Tisch in der Nähe hatte Aloysius Royce die per Luftpost zugeschickten New Yorker Zeitungen ausgebreitet. Er zeigte auf die »Herald Tribune«. »Es steht hauptsächlich hier drin. In der >Times< kann ich nichts darüber finden.«

»In Washington haben sie spätere Ausgaben.« Warren Trent überflog die Schlagzeile der »Herald Tribune« und betrachtete flüchtig das dazugehörige Foto. Es zeigte die gestrige Szene in der Halle des St. Gregory mit Dr. Nicholas und Dr. Ingram als Hauptfiguren. Vermutlich würde er später auch den Bericht lesen müssen. Im Moment konnte er sich nicht dazu überwinden.

»Soll ich jetzt das Frühstück servieren?«

Warren Trent schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Hunger.« Seine Augen hoben sich und begegneten dem festen Blick des jungen Negers. »Sie denken jetzt wahrscheinlich, ich habe nur bekommen, was ich verdiente.«

Royce überlegte. »So etwas Ähnliches, schätze ich. Vor allem aber würde ich sagen, daß Sie die 2feit, in der wir leben, nicht akzeptieren.«

»Vielleicht, aber das braucht Sie nicht mehr zu bekümmern. Meine Meinung dürfte hier im Hotel von morgen ab kaum noch ins Gewicht fallen.«

»Das tut mir leid.«

»Mit anderen Worten, O'Keefe übernimmt das Ganze.« Der alte Mann trat an ein Fenster und blickte hinaus. Nach kurzem Schweigen sagte er abrupt: »Ich nehme an, Sie kennen die Bedingungen, die man mir geboten hat - beispielsweise, daß ich hier wohnen bleiben kann.«

»Ja.«

»Da es nun einmal so sein soll, werde ich mich wohl, wenn Sie im nächsten Monat Ihr Staatsexamen machen, auch weiterhin mit Ihrer Gesellschaft abfinden müssen. Statt Sie hinauszusetzen, wie ich es eigentlich sollte.«

Aloysius Royce zögerte. Normalerweise hätte er mit einer flinken gesalzenen Antwort pariert. Aber er wußte, was er eben gehört hatte, war die flehentliche Bitte eines besiegten alten Mannes, ihn nicht allein zu lassen.

Die Entscheidung fiel Royce schwer; dennoch durfte er sie nicht viel länger aufschieben. Seit fast zwölf Jahren hatte Warren Trent ihn nahezu wie einen Sohn behandelt. Falls er bliebe, würden sich seine Pflichten auf die eines Gefährten und Vertrauten beschränken, ohne daß seine berufliche Arbeit dadurch beeinträchtigt würde. Sein Leben würde keineswegs unerfreulich sein. Und doch gab es andere, dazu im Widerspruch stehende Forderungen, die seinen Entschluß, zu gehen oder zu bleiben, beeinflußten.

»Darüber habe ich mir noch kaum Gedanken gemacht«, log er. »Vielleicht sollte ich mich endlich mal damit befassen.«

Warren Trent dachte: Alle Dinge, große oder kleine, änderten sich, die meisten ganz plötzlich. Er bezweifelte nicht im mindesten, daß Aloysius Royce ihn demnächst verlassen würde, genauso wie ihm schließlich die Kontrolle über das St. Gregory entglitten war. Sein Gefühl des Alleinseins und nun noch des Ausgeschlossenwerdens vom Hauptstrom der Ereignisse war vermutlich typisch für Menschen, die zu lange gelebt hatten.

»Sie können gehen, Aloysius«, sagte er. »Ich möchte für eine Weile allein sein.«

In einigen Minuten würde er Curtis O'Keefe anrufen und kapitulieren.

5

Die Zeitschrift »Time«, deren Herausgeber eine vielversprechende Story erkannten, wenn sie sie in ihren Morgenzeitungen lasen, hatte sich schleunigst auf den Bürgerrechtsskandal im St. Gregory gestürzt. Ihr Korrespondent in New Orleans - ein Redakteur des »States-Item« - wurde alarmiert und angewiesen, alles, was er über den lokalen Hintergrund in Erfahrung bringen konnte, zusammenzutragen. Der Chef des »Time«-Büro in Houston war bereits in der vergangenen Nacht, kurz nachdem eine Frühausgabe der »Herald Tribune« die Geschichte in New York gebracht hatte, telefonisch benachrichtigt worden und mit der ersten Maschine nach New Orleans geflogen.

Nun hockten die beiden Männer mit Herbie Chandler, dem Chefportie r, in einem Kabuff im Erdgeschoß. Es lief unter der Bezeichnung »Presseraum« und war spärlich möbliert mit einem Schreibtisch, Telefon und Garderobenständer. Der Mann aus Houston saß, seinem Rang entsprechend, auf dem einzigen Stuhl.

Chandler, der die Großzügigkeit der »Time« gegenüber allen, die ihr den Weg ebneten, kannte, berichtete von einem Erkundungsgang, von dem er gerade zurückgekehrt war.

»Hab' mich nach der Sitzung der Zahnärzte umgehorcht. Sie verrammeln den Saal wie bei einer Belagerung. Dem Oberkellner haben sie gesagt, niemand darf rein außer Mitgliedern, nicht mal die Frauen, und an den Türen kontrollieren ihre eigenen Leute die Namen. Bevor die Sitzung anfängt, müssen alle Hotelangestellten rausgehen, und dann werden die Türen von innen versperrt.«

Der Bürochef nickte - ein eifriger junger Mann mit Bürstenhaarschnitt namens Quaratone, der bereits Dr. Ingram, den Präsidenten des Zahnärztekongresses interviewt hatte. Der Bericht des Chefportiers bestätigte, was er gehört hatte.

»Sicher, wir haben eine Sondersitzung für sämtliche Tagungsteilnehmer anberaumt«, hatte Dr. Ingram gesagt. »Unser Vorstand hat sich gestern nacht dazu entschlossen, aber die Öffentlichkeit ist nicht zugelassen. Wenn es nach mir ginge, Sohn, könnte jeder zuhören, das können Sie mir glauben. Aber einige meiner Kollegen sehen die Sache anders. Ihrer Meinung nach reden die Leute nur dann frei von der Leber weg, wenn sie wissen, daß die Presse nicht dabei ist. Folglich werden Sie das Ende der Sitzung abwarten müssen.«

Quaratone, der nichts dergleichen im Sinn hatte, bedankte sich höflich bei Dr. Ingram. Mit Herbie Chandler als Verbündetem hatte er ursprünglich vorgehabt, sich einer alten Kriegslist zu bedienen und in der geborgten Uniform eines Boys an der Sitzung teilzunehmen. Chandlers Bericht zwang ihn, seinen Plan zu ändern.

»Ist der Raum, in dem die Sitzung stattfindet, ein großer Tagungssaal?« erkundigte sich Quaratone.

Chandler nickte. »Der Dauphine-Salon, Sir. Dreihundert Sitzplätze. So viele werden ungefähr erwartet.«

Der Mann von der »Time« überlegte. Eine Beratung, an der dreihundert Personen teilnahmen, pflegte nur so lange geheim zu sein, wie sie dauerte. Wenn er sich also gleich nach dem Öffnen der Türen unter die herausströmenden Delegierten mischte und als einer der ihren posierte, würde er erfahren, was geschehen war. Dabei entgingen ihm jedoch jene kleinen menschlichen interessanten Einzelheiten, von denen sich die »Time« und ihre Leser nährten.

»Hat der Salon einen Balkon?«

»Ja, einen kleinen, aber daran haben die auch gedacht. Ich hab' mich erkundigt. Zwei Tagungsmitglieder werden oben sitzen. Außerdem werden die Mikrophone der Lautsprecheranlage ausgeschaltet.«