Выбрать главу

«Die gute Sheila«, sagte er,»hat über Nacht die Röcke gerafft und Kurs nach Nordosten genommen. Sie ist jetzt Kategorie 2 und kommt, und wenn ich auf Grand Cayman wohnte, würde ich mich heute morgen von mir persönlich rausfliegen lassen.«

Seit langen Jahren Profi, ging Unwin kurz um die Maschine und ließ nichts aus. Für mich war Kris ein guter Pilot, aber Unwin flog mit seidenen Händen. Trox erschien pünktlich genau da, wo es sein sollte, und der planierte Grasstreifen empfing die gemietete zweimotorige Tur-bopropmaschine glatt und sanft. Als wir nicht weit von der zerstörten Kirche zum Stehen kamen, stieg Unwin allein aus und ging auf die Überreste des Dorfs zu.

Für mich war es ein seltsames Gefühl, wieder auf der Insel zu sein, und ein noch seltsameres, Robin Darcy neben mir zu haben. Während wir auf unseren Plätzen hinter der Kanzel warteten, fragte ich Robin:»Wissen Sie, daß Amy sagt, die Insel gehört ihr?«

Er nickte.»Sie erhebt Anspruch darauf, weil sie monatelang von keinem anderen betreten worden sei. Irgendein altes Gesetz, soviel ich weiß.«

«Sie sagt, ich sei nie hier gewesen.«

«Ja«, erklärte Robin,»sie will nicht, daß ihr jemand ihren Anspruch streitig macht.«

«Ich nehme an, Sie wissen«, sagte ich zu Darcy,»daß sie Hunderttausende mit Pasteurisierungstechniken verdienen kann, wenn es ihr gelingt, die Kühe hier isoliert zu halten. Das wissen Sie sogar bestimmt, Sie haben ihr ja geholfen, mit Ihren radioaktiven Pilzen die ganze Bewohnerschaft zu vertreiben. Und an dem Tag, als Sie mich mit verbundenen Augen nach Grand Cayman geschafft haben, waren Sie noch mal mit Strahlenschutzanzügen hier, um die Herde zu untersuchen. Die Herde ist aber nicht verstrahlt, und sie könnte — könnte — ein Vermögen wert sein.«

«Was heißt, könnte?«

«Ich habe die Milch dieser Kühe getrunken«, sagte ich resigniert,»und mir damit eine neuartige Krankheit eingefangen, die jetzt Mycobacterium paratuberculosis Chand-Stuart X heißt.«

Er sagte verstehend:»Also deshalb waren Sie im Krankenhaus! Aber Sie haben sie offensichtlich überwunden. Das beweist also nicht, daß Sie auf der Insel waren.«

«Die Antikörper beweisen es.«

«Oh«, sagte er, und dann noch einmaclass="underline" »Oh. Und sicher noch etliche Kulturen dazu.«

«Die auch.«

«Sie können also nachweisen, daß Sie auf der Insel waren.«

«Nicht nur das«, sagte ich.»Amy wird auch die Krankheit nicht gefallen, die man kriegen kann, wenn beim Pasteurisieren was schiefgeht. Die haut bös rein und hält lange nach. Bis ich kuriert bin, muß ich anscheinend noch über Wochen behandelt werden.«

Ich hatte keine Lust, daran zu denken, und um das Thema zu wechseln, fragte ich Robin:»Was ist denn eigentlich aus dem Hefter voll fremdsprachiger Briefe hier geworden?«

«Sie meinen den, den Sie aus dem Tresor geholt haben?«

«Genau.«

«Ich war verblüfft, als John Rupert erzählte, Sie hätten den gesehen.«

«Aber Sie haben ihn dann mitgenommen«, sagte ich.

«Und zwar an dem Tag, als Sie mich mit verbundenen Augen nach Cayman brachten — und dafür bin ich Ihnen dankbar.«

Er lächelte.»Über uns getäuscht hat Sie das aber nicht.«

«Nur vor einem nassen Grab bewahrt.«

«Michael war der Meinung, wir sollten Sie abknallen«, nickte Robin und fuhr düster fort:»Und nach all den Verzögerungen der letzten Zeit war er so scharf darauf, die Bestellungen in dem Hefter zu versilbern, daß er ihn heimlich an sich genommen hat.«

Die Neigung der Trader, nach eigenem Gutdünken zu handeln, war für Robin oft ein Problem gewesen.»Erst gestern abend«, sagte er,»hat Michael mir erzählt, daß er mit den vielen fremdsprachigen Briefen nicht klarkam und den Hefter Amy überlassen hat, damit sie ihn bei ihren Rinderunterlagen auf Trox im Tresor verwahrt, bis er einen Plan gefaßt hat, und soviel ich weiß, ist der Hefter noch hier. Das wird mit ein Grund sein, warum Michael blind auf jeden losgeht — er hat sich zum Narren gemacht.«

«Hätten Sie den Hefter gern?«fragte ich.

«Natürlich. Aber der Tresor geht nicht auf.«

«Wer sagt das?«fragte ich.

«Amy sagt, er läßt sich nicht öffnen, damit niemand die Unterlagen über ihre Rinder stehlen kann.«

«Vielleicht geht’s auch so«, sagte ich. Ich nahm den Umschlag mit den von Jason Wells sorgfältig abgezogenen Fotos aus meiner Reisetasche.»Die Aufnahmen habe ich alle hier auf der Insel gemacht«, sagte ich.»Die ersten zeigen die leergeräumten Pilzhäuser vor dem Hurrikan, das Dorf und das Vieh vor dem Hurrikan, und das letzte Herdenbild und die drei fotografierten Auslandsbriefe sind nachher entstanden.«

Robin betrachtete fasziniert die Aufnahmen.

«Die kann ich gebrauchen«, sagte er.»Besser als nichts.«

Ich öffnete die Tür hinten im Flugzeug und ging, vom Wind zur Seite gedrückt, die Trittstufen hinunter, in Kleidern und Schuhen und ohne Augenbinde, doch Robin blieb zögernd oben stehen und hielt sich am Handlauf fest.

«Kommen Sie«, redete ich ihm zu.»Hier gibt es keine gefährliche Strahlung. Die Bewohner haben sich von etwas Ähnlichem wie George Loricrofts Alphateilchenprobe ins Bockshorn jagen lassen, die eine Menge Lärm gemacht, aber niemandem geschadet hat.«

Robin zuckte die Achseln und folgte mir die Gangway hinab, und gemeinsam gingen wir in dem böigen Wind auf Bunker Nummer zwei zu.

Bullen liefen in dem zerstörten Dorf herum, und die Schwarzbuntkühe muhten und rieben sich an mir, als ich sie, obwohl sie mir so übel mitgespielt hatten, liebevoll streichelte. Schließlich waren sie die weltweit einzigen Träger von Mycobacterium paratuberculosis Chand-Stuart X.

Robin und ich gingen in den Bunker, und geschützt vor dem aufkommenden Sturm sahen wir uns den Tresor an.

Robin stellte 4373 3673 (HERE FORD) ein, und nichts geschah.

«Amy hatte recht«, meinte er frustriert.»Er geht nicht auf.«

«Versuchen Sie’s mit 3673 4373«, sagte ich,»FORD HERE.«

Robin warf mir einen Blick von vernichtender Skepsis zu, drückte aber die Ziffern. Immer noch nichts, die Tür blieb zu.

«Aussichtslos«, sagte Robin.»Amy hatte recht.«

«Amy hatte recht«, stimmte ich bei.»Amy kennt sich mit Videotheken aus und vielleicht auch mit Pasteurisierung, und sie kennt sich mit Tresoren aus.«

«Was wollen Sie damit sagen?«

«Es gibt keinen Strom auf der Insel«, sagte ich.

«Das weiß ich…«

«Wie funktioniert dann die Tresortür?«

Robin, in allem bewandert außer in den Grundlagen der Naturwissenschaft, runzelte die Stirn und schwieg.

«Mit Batterien«, sagte ich.

Ich schob die kleine Metallplatte unter der Buchstaben-und Zahlenanzeige nach unten, und da steckten drei ganz normale AA-Batterien nebeneinander.

«Aber«, wandte Robin ein,»es sind doch Batterien drin, und sie geht trotzdem nicht auf.«

«Drei sind drin«, sagte ich,»aber es ist Platz für vier. «Ich griff in meine Reisetasche, holte das unangebrochene Viererpäckchen AA-Batterien heraus, das ich zusammen mit meiner Kamera gekauft hatte, legte sie anstelle der drei alten in das Batteriefach und schloß es.

Ich stellte 4373 3673 ein, hörte das scharfe Klicken, zog den Griff nach oben und öffnete die Tür.

Drinnen waren Amys gesammelte Rinder-Akten und ein gelbbrauner Hefter, wie ich ihn kannte. Ich nahm ihn raus, schaute hinein und überreichte ihn mit einer etwas feierlichen Geste Robin.

Erstaunt sagte er:»Woher wußten Sie denn, wie der Tresor aufgeht?«

«Ich habe vier Tage allein auf der Insel verbracht«, antwortete ich ihm.»Daher kenne ich den Tresor gut. Ich ha-be sein Kennwort herausgefunden. Ich habe mir seine Batterien angesehen. Nur die Briefe konnte ich nicht entziffern.«