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Er konnte zur Verkürzung dieser fünf Minuten nichts beitragen. Der ganze Plan hing davon ab, dass der Schaum eine bestimmte, vorausberechnete Konsistenz erreichte. Wenn irgendetwas an den Kalkulationen nicht stimmte, wenn sich die Chemiker in Port Roris geirrt hatten, waren die Leute an Bord der Selene so gut wie tot.

Er benützte die Wartezeit dazu, den Schacht aufzuräumen. Die nicht mehr benötigten Werkzeuge und Geräte schickte er nach oben. Bald darauf hockte er allein am Ende des Schachtes, mit nichts als den bloßen Händen. Wenn Maurice Spenser seine Kamera in den Schacht hätte schmuggeln können, wären die Zuschauer über Lawrence' nächstes Vorhaben im Unklaren geblieben.

Sie hätten sich noch mehr gewundert, wenn sie gesehen hätten, wie etwas heruntergelassen wurde, was einem Kinderreifen sehr ähnlich sah. Aber es war kein Spielzeug, sondern der Schlüssel, der die Selene öffnen sollte.

Susan hatte die Passagiere bereits in den vorderen, höher liegenden Teil der Kabine gebracht. Sie standen eng beisammen, starrten besorgt zur Decke empor und lauschten angestrengt auf ein Geräusch, das sie ermutigen sollte.

Ermutigung, das brauchten sie jetzt, dachte Pat. Er noch mehr als die anderen, weil er allein wusste, in welcher Gefahr sie schwebten.

Das Feuer war schlimm genug, und wenn es in die Kabine durchbrach, mussten sie sterben. Aber es pflanzte sich nur langsam fort, und sie konnten dagegen kämpfen, wenn auch nur kurze Zeit. Aber gegen eine Explosion gab es überhaupt kein Mittel.

Denn die Selene war eine Bombe, und die Zündschnur glimmte bereits. Die in den Stromzellen aufgespeicherte Energie vermochte sich als Hitze auszubreiten, aber sie konnte nicht detonieren. Für die mit flüssigem Sauerstoff gefüllten Tanks galt das unglücklicherweise nicht …

Sie mussten noch viele Liter dieses eisig kalten, hochexplosiven Stoffes enthalten. Wenn die steigende Hitze diese Tanks aufriss, würde es sowohl eine physikalische als auch eine chemische Explosion geben. Sicherlich nur eine kleine — sie entsprach vielleicht hundert Kilogramm T.N.T. — aber das würde genügen, um die Selene in Stücke zu reißen.

Pat hielt es nicht für sinnvoll, Hansteen zu unterrichten, der am Bau der Barrikade arbeitete. Man schraubte die vorderen Sitze ab und zwängte sie zwischen die letzte Reihe und die Toilettentür. Es sah aus, als bereitete sich der Commodore eher auf eine Invasion als auf ein Feuer vor — was ja auch stimmte. Der Brand würde wahrscheinlich nicht über die Stromanlage hinausgreifen. Aber sobald die bis aufs äußerste angespannte Wand nachgab, musste der Staub hereinfluten.

»Commodore«, sagte Pat, »während Sie da weitermachen, werde ich mich um die Passagiere kümmern. Wir können natürlich nicht haben, dass zwanzig Leute auf einmal hinauswollen.«

Das war ein Albtraum, der um jeden Preis vermieden werden musste. Aber es würde sehr schwer sein, eine Panik zu unterbinden, wenn ein enger Tunnel die einzige Fluchtmöglichkeit vor dem schnell herannahenden Tod bieten konnte.

Pat ging nach vorne. Auf der Erde hätte er die Steigung nur mühsam überwinden können, aber auf dem Mond bot ein Steilhang von dreißig Grad keine Schwierigkeiten.

Er ließ seinen Blick über die verängstigten Gesichter gleiten und sagte: »Wir werden jetzt sehr bald hier herauskommen. Sobald sich das Dach öffnet, lässt man eine Strickleiter herunter. Zuerst kommen die Damen dran, dann die Männer — und zwar in alphabetischer Reihenfolge. Bemühen Sie sich nicht lange mit den Beinen. Denken Sie daran, wie wenig Sie hier wiegen, und ziehen Sie sich Hand über Hand hoch, so schnell Sie können. Aber drücken Sie nicht gegen Ihren Vorgänger. Die Zeit müsste durchaus reichen, und Sie können in ein paar Sekunden oben sein. Susan, stell alle in der richtigen Reihenfolge auf. Harding, Bryan, Johanson, Barrett — bitte halten Sie sich bereit. Wir brauchen unter Umständen Ihre Hilfe …«

Er brachte den Satz nicht zu Ende. Von hinten kam das Geräusch einer dumpfen Explosion — nichts Gewaltiges, eine Papiertüte, die zerplatzt, hätte mehr Lärm gemacht. Aber es bedeutete, dass die Wand eingebrochen war, während die Decke unglücklicherweise noch keine Beschädigung aufwies.

Auf der anderen Seite des Daches legte Lawrence den Reifen flach gegen das Fiberglas und fixierte ihn mit schnell trocknendem Zement. Der Reifen wies fast denselben Durchmesser auf wie der Schacht. Lawrence ging mit großer Sorgfalt vor, denn der Umgang mit Sprengstoffen war ihm nicht geheuer.

Die Ringladung, die er eben am Dach anbrachte, erforderte jedoch keine besonderen technischen Kenntnisse. Sie würde in einer Tausendstelsekunde die Arbeit leisten, zu der man mit einer Motorsäge eine Viertelstunde gebraucht hätte. Ursprünglich wollte Lawrence eine solche Säge benützen, aber jetzt war er sehr froh, dass er seine Meinung geändert hatte. Es war höchst unwahrscheinlich, dass ihm noch eine Viertelstunde blieb.

Wie recht er hatte, erfuhr er, während er noch darauf wartete, dass der Schaum erstarrte. »Das Feuer ist in die Kabine durchgebrochen«, brüllte eine Stimme von oben.

Lawrence sah auf seine Uhr. Einen Augenblick schien es, als bewege sich der Sekundenzeiger nicht mehr, aber dieser Illusion war er schon oft unterlegen. Die Uhr lief noch, nur die Zeit verging nicht so schnell, wie er es wünschte.

In dreißig Sekunden musste der Schaum steinhart sein. Lieber ein bisschen länger warten, als die Sprengung zu früh vorzunehmen.

Er begann langsam die Strickleiter hinaufzuklettern, wobei er die Sprengdrähte hinter sich herzog. Sein Zeitsinn hatte ihn richtig geleitet. Als er oben aus dem Schacht stieg und die Drähte am Sprengkasten anschloss, blieben genau noch zehn Sekunden.

»Teilen Sie der Selene mit, dass wir jetzt zu zählen beginnen.«

*

Als Pat hinunterlief, um dem Commodore zu helfen, hörte er Sue gelassen rufen: »Miss Morley, Mrs. Schuster, Miss Williams …« Welche Ironie, dass Miss Morley wieder die Erste sein würde, diesmal durch den Zufall des Alphabets. Jetzt konnte sie sich bestimmt nicht mehr beschweren.

Und dann durchzuckte Pat ein zweiter entsetzlicher Gedanke. Wenn nun Mrs. Schuster im Tunnel steckenblieb und den Ausgang blockierte? Man konnte sie ja schließlich nicht bis zum Schluss warten lassen. Nein, es würde schon klappen. Man hatte mit Rücksicht auf sie den Schacht etwas weiter konstruiert, und ein paar Kilo Gewichtsverlust …

Auf den ersten Blick schien die Außentür der Toilette noch zu halten. Das einzige Zeichen, dass dahinter etwas vor sich ging, war ein kleiner Rauchschleier, der bei den Scharnieren herausquoll. Pat atmete erleichtert auf. Das Feuer brauchte vielleicht noch eine halbe Stunde, bis es diese Tür überwunden hatte, und lange vorher …

Etwas kitzelte seine nackten Sohlen. Er war automatisch zur Seite getreten, bevor ihm der Gedanke kam: »Was war das?«

Er sah nach unten. Obwohl sich seine Augen an die Notbeleuchtung gewöhnt hatten, dauerte es einige Zeit, bevor er begriff, dass eine geisterhafte, graue Flut unter der verbarrikadierten Tür hereinströmte — und dass sich die Türfüllung unter dem Druck vieler Tonnen Staub nach außen wölbte. Es konnte nur noch Minuten dauern, bevor sie nachgab. Aber selbst wenn sie hielt, machte das keinen Unterschied. Die stille, unheimliche Flut war schon während der kurzen Zeit, die er hier stand, bis über seine Knöchel gestiegen.