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Ich schärfte mein Schwert, gönnte mir ein gutes Frühstück und zog widerstandsfähige Kleidung an. Außerdem nahm ich eine dunkle Polaroidbrille mit. Natürlich wußte ich nicht, wie sich die Gläser dort auswirken würden, aber das Wachwesen war mir überaus hell vorgekommen, und es schadet nie, zusätzliche Schutzmittel auszuprobieren, wenn man rechtzeitig daran denkt. Übrigens nahm ich auch eine Feuerwaffe mit. Ich hatte das Gefühl, als würde mir das Ding dort nicht viel nützen, und damit behielt ich recht. Aber wie gesagt, so etwas weiß man erst, wenn man es ausprobiert.

Die einzige Person, von der ich mich verabschiedete, war ein Schlagzeuger, dem ich vor dem Abflug mein Instrument übergab. Ich wußte, daß er gut darauf achtgeben würde.

Dann marschierte ich zum Hangar hinaus, machte das Segelflugzeug startbereit, stieg auf und suchte mir den richtigen Wind. Dies schien mir die beste Methode zu sein.

Ich weiß nicht, ob du schon einmal durch die Schatten geflogen bist, aber . . . Nein?

Nun, ich steuerte aufs Meer hinaus, bis das Land nur noch eine vage Linie im Norden war. Dann ließ ich das Wasser unter mir kobaltblau werden, ließ es emporsteigen und die gischtsprühenden Bärte seiner Wogen schütteln. Der Wind schlug um. Ich machte kehrt. Unter einem dunkler werdenden Himmel flog ich mit den Wogen um die Wette in Richtung Küste. Texorami war verschwunden, als ich an die Flußmündung zurückkehrte; statt dessen breitete sich dort ein endloser Sumpf aus. Ich ließ mich von den Luftströmungen landeinwärts treiben und überquerte immer wieder den Fluß an neuen Windungen und Kurven, die er sich zugelegt hatte. Verschwunden waren die Hafenanlagen, die Straßen, der Verkehr. Die Bäume ragten hoch auf.

Wolken ballten sich im Westen zusammen, rosarot, perlmutterfarben, gelb. Die Sonne wechselte von orange zu rot zu gelb. Du schüttelst den Kopf? Die Sonne war der Preis der Städte, weißt du. Hastig entvölkere ich . . . oder besser gesagt, ich gehe die Route der Elemente. Aus dieser Höhe hätten Dinge von Menschenhand mich nur abgelenkt. Schraffur und Beschaffenheit werden von entscheidender Bedeutung. Das meinte ich, als ich sagte, daß der Schattenflug doch etwas anders sei als die normale Expedition in die Schatten.

Also, ich hielt nach Westen, bis die Wälder von grünen Flächen abgelöst wurden, die schnell blasser wurden, ausliefen, in braune und gelbe Gebiete aufbrachen. Hell und krümelig, dann fleckig. Der Preis hierfür war ein Sturm. Ich ritt ihn ab, so lange ich konnte, bis die Blitze in der Nähe niederzuckten und ich Angst bekam, die Windstöße könnten zuviel werden für das kleine Segelflugzeug. Nun spielte ich den Sturm schnell herab, doch die Folge war mehr Grün unter mir. Trotzdem ließ ich das Unwetter schließlich hinter mir, eine gelbe Sonne sicher in meinem Rücken. Nach einer Weile holte ich die Wüste unten zurück, kahl und von Dünen geriffelt.

Dann schrumpfte die Sonne, und Wolkenfetzen zogen rasch vor ihrem Gesicht vorbei, löschten es Stück für Stück aus. Dies war die Abkürzung, die mich weiter von Amber fortführte denn je.

Nun gab es keine Sonne mehr, doch das Licht blieb, nicht minder hell, doch irgendwie unheimlich, diffus. Es täuschte das Auge, es verwirrte den Blick für die Perspektive. Ich ging tiefer hinab, beschränkte mein Sehfeld. Nach kurzer Zeit kamen riesige Felsbrocken in Sicht, und ich bemühte mich um die Umrisse, an die ich mich erinnerte. Allmählich kam es dazu.

In diesen Verhältnissen war der lebhafte, fließende Effekt leichter zu erzeugen, doch die Aufrechterhaltung war physisch belastend. Sie erschwerte die Beurteilung der Flugzeugbewegungen. Ich kam tiefer, als ich es für möglich gehalten hatte, und wäre fast mit einem Felsen zusammengestoßen. Doch endlich hob sich der Qualm, und Flammen tanzten empor, so wie ich es in Erinnerung hatte; dabei wurde kein bestimmtes Schema eingehalten, sondern sie kamen da und dort aus Rissen, Löchern, Höhlenöffnungen. Die Farben begannen ihr wirres Spiel, wie ich es während des kurzen Kontakts erlebt hatte. Dann begann die eigentliche Bewegung der Felsen – dahintreibend, segelnd, wie ruderlose Boote an einem Ort, da Regenbogen ausgewrungen werden.

Inzwischen waren die Luftströmungen völlig aus dem Häuschen geraten. Ein Aufwind nach dem anderen, wie Kamine. Ich kämpfte mit ihnen nach besten Kräften, wußte aber, daß ich in dieser Höhe nicht lange die Oberhand behalten konnte. Ich stieg ein gutes Stück empor und vergaß eine Zeitlang alles andere, während ich mein Fluggerät im Gleichgewicht zu halten suchte. Als ich wieder nach unten blickte, hatte ich den Eindruck, eine Regatta schwarzer Eisberge zu beobachten. Die Felsen zogen einher, stießen zusammen, wichen voreinander zurück, kollidierten erneut, gerieten ins Kreiseln, scherten aus über freie Flächen, passierten sich gegenseitig. Dann wurde ich herumgebeutelt, in die Tiefe gedrückt, wieder hochgesaugt – und ich sah, wie eine Strebe brach. Ich nahm eine letzte Korrektur an den Schatten vor und schaute noch einmal hinab. In der Ferne war der Turm aufgetaucht, ein Gebilde heller als Eis oder Aluminium lag um den Fuß des Bauwerks.

Die letzte Korrektur besiegelte mein Schicksal. Das erkannte ich, als sich der Wind besonders unangenehm bemerkbar zu machen begann. Mehrere Seile rissen, und ich war auf dem Weg nach unten – als würde ich von einem Wasserfall mitgerissen. Ich zog die Nase des Flugzeugs hoch, versuchte einen langen Anflug, sah die Stelle, an der ich aufkommen würde, und sprang im letzten Augenblick ab. Der Segler wurde von einem der herumsausenden Felsen zermalmt – und das machte mir im ersten Augenblick mehr zu schaffen als die Schnitte, Abschürfungen und Prellungen, die ich mir bei meinem Sturz holte.

Schon im nächsten Augenblick mußte ich sehr schnell reagieren, denn ein Berg kurvte auf mich zu. Wir wichen beide zur Seite aus – zum Glück in unterschiedliche Richtungen. Ich hatte keine Ahnung, was diese Gebilde in Gang hielt, und vermochte zuerst auch kein System hinter ihren Bewegungen zu erkennen. Der Boden unter meinen Füßen schwankte zwischen warm und ausgesprochen heiß, und mit dem Rauch und den gelegentlichen Flammenzungen wallten aus zahlreichen Bodenöffnungen stinkende Gase empor. Ich hastete auf den Turm zu, wobei ich notgedrungen einen ziemlich gewundenen Weg wählte.

Es dauerte lange, bis ich die Strecke zurückgelegt hatte. Wie lange ich genau brauchte, weiß ich nicht, da ich keine Möglichkeit hatte, die Zeit zu messen. Doch begannen mir einige interessante Wiederholungen aufzufallen. Erstens bewegten sich die großen Felsen schneller als die kleinen. Zweitens schienen sich die Gebilde zu umkreisen – Kreise in Kreisen in Kreisen –, die größeren um die kleineren, wobei kein Stein jemals stillstand. Vielleicht ging die Ur-Bewegung von einem Staubkorn oder einem einzigen Molekül aus – irgendwo. Ich hatte weder Zeit noch Lust für den Versuch, das Zentrum dieser Maschinerie zu bestimmen. Dennoch setzte ich meine Beobachtungen unterwegs fort und vermochte sogar etliche Kollisionen ein gutes Stück im voraus zu bestimmen.

So erreichte denn Jung-Random das düstere Gemäuer, die Pistole in der einen, das Schwert in der anderen Hand. Die Brille hing mir um den Hals. Bei all dem Rauch und der verwirrenden Beleuchtung gedachte ich sie erst aufzusetzen, wenn es absolut erforderlich war.

Wo immer der Grund liegen mochte – jedenfalls wichen die Felsen dem Turm aus. Zuerst schien er mir auf einer Anhöhe zu stehen, doch ich erkannte beim Näherkommen, daß man wohl eher sagen mußte, die Felsen hätten unmittelbar davor eine enorme Senke ausgeschabt. Von meiner Seite vermochte ich nicht zu entscheiden, ob das Ergebnis einer Insel oder Halbinsel gleichkam.

Ich rannte durch Rauch und Geröll und wich den Flammenzungen aus, die aus Rissen und Löchern emporzüngelten. Schließlich krabbelte ich den Hang hinauf und löste mich damit aus dem Gewirr der wandernden Felsen. Mehrere Minuten lang verweilte ich unten am Hang an einer Stelle, die vom Turm aus nicht eingesehen werden konnte. Ich überprüfte meine Waffen, brachte meinen Atem wieder unter Kontrolle und setzte die Brille auf. Dann schwang ich mich über die Kante und duckte mich nieder.