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Aber fünf weitere waren auf dem Weg nach oben. Wir segelten wieder einmal nach Westen und ließen vielleicht ein Dutzend Überlebende zurück, die sich im Sand hinter mir neu formieren konnten, darüber ein Himmel voller tropfender treibender Gebilde.

Beim nächsten Gegner war ich im Vorteil, weil ich ihn angreifen konnte, ehe er voll herauf geklettert war. Soviel zu ihm, da waren´s nur noch vier.

Doch während ich ihn erledigte, hatten sich drei weitere gleichzeitig an verschiedenen Stellen aufgerichtet.

Ich stürmte dem nächsten entgegen und tötete ihn, doch die beiden anderen überbrückten die Entfernung und fielen über mich her, als ich noch am Werk war. Während ich mich ihres Angriffs erwehrte, kam der letzte auf den Felsen geklettert und fiel ebenfalls über mich her.

Sie waren nicht gerade Meisterkämpfer, doch es wurde knapp: ich sah mich von ziemlich vielen Spitzen und Schneiden bedrängt. Ich blieb in Bewegung, parierte immer wieder und versuchte zu erreichen, daß sie sich gegenseitig behinderten. Darin hatte ich zum Teil Erfolg, und als ich sie in der günstigsten Position hatte, die ich für möglich hielt, attackierte ich, wobei ich einige Blessuren riskierte – ich mußte mir eine kleine Blöße geben, um das Manöver überhaupt möglich zu machen –, doch vermochte ich dafür einem der Kerle den Schädel einzuschlagen. Er taumelte über den Rand und nahm in einem Gewirr von Gliedmaßen und Waffen den hinter ihm Stehenden mit.

Leider hatte der rücksichtslose Bursche auch mein Schwert mitgehen lassen, das in einem zerspellten Knochen steckengeblieben war. Ich mußte mich sehr schnell bewegen, um dem Hieb des letzten Gegners auszuweichen. Dabei glitt ich in einer Blutlache aus und schlidderte auf den vorderen Teil des Felsens zu. Wenn ich dort hinabstürzte, würde mich der Stein glatt überfahren und einen sehr flachen Random zurücklassen – wie einen exotischen Teppich, an dem künftige Wanderer herumrätseln oder ihren Spaß haben konnten.

Im Hinfallen suchte ich mit gekrümmten Fingern nach einem Halt. Mein Gegner machte einige hastige Schritte und hob sein Schwert, um mich zu erledigen, wie ich seinen Kumpel erledigt hatte.

Doch ich packte sein Fußgelenk – und ausgerechnet diesen Augenblick suchte sich jemand aus, um sich durch meinen Trumpf mit mir in Verbindung zu setzen.

»Ich habe zu tun!« brüllte ich. »Ruf später nochmal an!« Und meine Bewegung wurde gestoppt, als der Kerl zu taumeln begann, klappernd auf dem Felsen landete und an mir vorbeirutschte.

Ich versuchte ihn zu halten, ehe er in das Reich der Teppiche einging, war aber nicht schnell genug. Eigentlich hatte ich ihn noch anders ausquetschen wollen. Trotzdem, mein inneres Ich war mehr als befriedigt. Ich kehrte in die Mitte des Steins zurück, um zu überlegen und mich zu orientieren.

Die Überlebenden folgten mir noch immer, doch mein Vorsprung reichte aus. Im Augenblick brauchte ich mir wegen einer neuerlichen Besteigung keine Sorgen zu machen. Nur gut. Wieder rutschte ich auf die Berge zu. Die Sonne, die ich heraufbeschworen hatte, begann mich zu erhitzen. Ich war durchtränkt von Schweiß und Blut. Meine Wunden machten mir zu schaffen. Ich hatte Durst. Bald, bald, so überlegte ich, mußte es regnen. Das war jetzt das dringlichste Gebot.

Folglich begann ich mit den Vorbereitungen einer Verschiebung in diese Richtung – sich auftürmende Wolken, dunkler werdende Formationen am Himmel . . .

Irgendwann zwischendurch muß ich eingeschlummert sein und hatte einen wirren Traum, in dem mich wieder mal jemand zu erreichen versuchte, aber vergeblich. Angenehme Dunkelheit.

Der plötzliche schwere Regenguß weckte mich. Ich wußte nicht zu sagen, ob die Dunkelheit des Himmels von dem Unwetter, vom Abend oder von beiden herrührte. Jedenfalls war es kühler geworden, und ich breitete meinen Mantel aus, legte mich hin und öffnete einfach den Mund. In regelmäßigen Abständen wrang ich die Flüssigkeit aus dem Mantel. Nach einiger Zeit hatte ich meinen Durst gestillt und begann mich wieder sauber zu fühlen. Der Felsen sah inzwischen so glatt aus, daß ich mich nur ungern darauf bewegte. Die Berge waren viel näher gekommen, ihre Gipfel wurden von Blitzen aus der Dunkelheit geschält. In der entgegengesetzten Richtung war es zu dunkel, um zu erkennen, ob noch immer Verfolger in der Nähe waren. Es wäre sicher eine ziemliche Plackerei gewesen, mit mir Schritt zu halten – doch andererseits ist es in fremden Schatten nicht ratsam, sich auf Vermutungen zu verlassen. Ich ärgerte mich ein wenig über mich selbst, daß ich eingeschlafen war, aber da mir das nicht weiter geschadet hatte, zog ich meinen durchnäßten Mantel enger um mich und beschloß, mir großmütig zu verzeihen. Ich tastete nach den Zigaretten, die ich mitgebracht hatte, und stellte fest, daß etwa die Hälfte das bisherige Abenteuer überlebt hatte. Nach dem achten Versuch hatte ich ausreichend mit den Schatten herumjongliert, um Feuer zu erhalten. Anschließend saß ich einfach da, rauchte vor mich hin und ließ mich beregnen. Es war ein angenehmes Gefühl, und ich verzichtete auf den Versuch, weitere Änderungen vorzunehmen; jedenfalls nicht in den nächsten Stunden.

Als das Unwetter endlich nachließ und der Himmel aufklarte, befand ich mich unter einem Nachthimmel voller fremder Konstellationen. Doch ein herrlicher Anblick, so können nur Nächte in der Wüste sein. Viel später verspürte ich ein leichtes Ansteigen des Bodens, und die Bewegung meines Felsens begann sich zu verlangsamen. Irgend etwas passierte mit den physikalischen Gesetzen, die meine Situation beherrschten. Dabei kam mir der Hang eigentlich nicht so steil vor, daß er mein Tempo so entscheidend beeinflussen konnte, wie er es tat. Ich wollte nicht in der Weise auf die Schatten Einfluß nehmen, daß ich aus der Bahn geworfen wurde. Ich wollte so schnell wie möglich auf vertrauteres Terrain überwechseln, wollte mir einen Ort suchen, da meine seelische Vorwegnahme äußerer Ereignisse eher der Wirklichkeit entsprechen konnte.

Ich ließ den Felsbrocken also zum Stillstand kommen, kletterte hinab und setzte den Weg hangaufwärts zu Fuß fort. Dabei spielte ich das Schattenspiel, das wir alle schon als Kinder gelernt hatten. Komm an einem Hindernis vorbei – einem vertrockneten Baum, einer Felsformation – und laß den Himmel dahinter anders aussehen als noch eben. Allmählich stellte ich die vertrauten Konstellationen wieder her. Ich wußte, daß der Berg, von dem ich herabsteigen würde, nicht derselbe war, den ich erklettert hatte. Meine Wunden schmerzten noch immer unangenehm, doch mein Fußgelenk machte bis auf ein Gefühl der Steifheit keine Probleme mehr. Ich war ausgeruht.

Ich wußte, daß ich eine Zeitlang durchhalten konnte. Alles schien wieder in Ordnung zu sein.

Es war ein langer Marsch in einem Gelände, das allmählich immer steiler wurde. Doch schließlich stieß ich auf einen Weg, und von da an war es wieder leichter. Mit gleichmäßigen Schritten ging ich unter dem inzwischen vertrauten Himmel bergan, entschlossen, nicht zu rasten und bis zum Morgen über den Gipfel zu sein. Beim Marschieren veränderte sich meine Kleidung, um sich diesem Schatten anzupassen – Jeanshosen, Jeansjacke, der nasse Mantel ein trockener Umhang. In der Nähe hörte ich eine Eule schreien, und aus großer Ferne unter und hinter mir ertönte ein Jaulen, das von einem Kojoten stammen mochte. Diese hörbaren Hinweise auf eine doch bekannte Welt steigerten mein Gefühl der Sicherheit und ließen den letzten Anflug von Verzweiflung schwinden, der sich mit meiner Flucht verband.

Etwa eine Stunde später gab ich der Versuchung nach, ein bißchen mit den Schatten herumzuspielen. Es war gar nicht so ungewöhnlich, daß sich ein Pferd in diese Berge verlief – und natürlich fand ich das Tier. Nachdem ich mich zehn Minuten lang mit ihm angefreundet hatte, setzte ich mich auf seinen ungesattelten Rücken und näherte mich nun auf eine etwas angenehmere Art dem Gipfel. Der Wind säte Frost auf unseren Weg. Der Mond stieg auf und ließ ihn zu funkelndem Leben erwachen.