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Er mußte fünfzehn unerträgliche Minuten warten. Er war mit der Synchronisation immer als erster fertig. Dann mußte er dasitzen und schwitzen, verzweifelt bemüht, überall das Gleichgewicht zu halten, bis die anderen sich zuschalteten. Rings im Kreis justierten die anderen noch immer an ihren Anlagen. Er dachte an Kay, die in diesem Augenblick hastig die Regler betätigte, um sich auf Serena einzustimmen, wie er es bei Nate getan hatte.

»Gruppe zugeschaltet«, sagte die Zentrale schließlich.

Murray schloß die letzten Relais. In sein Bewußtsein ergossen sich in einer wilden Flut die vermischten Wahrnehmungen von Van, Dirk, Conrad und Finn, über Nate an ihn angeschlossen, und weniger stark, weil weniger direkt, die Bewußtseinszustände von Kay, Maria, Lanelle, Jojo und Nikki, übertragen durch ihre Verbindung zu Serena. Sie waren alle zwölf einsynchronisiert. Sie hatten wieder den Gruppenzustand erlangt. Das Schwelgen konnte beginnen.

Nun. Nate auf Serena zu. Die magischen Augenblicke des Vorspiels. Das Summen früher Erregung, der hochfliegende erotische Flug, der alle mit sich hinaufnahm wie ein Adagio Beethovens, wie ein Aufputschmittel. Nate. Serena. San Diego. Ihr Schlafzimmer eine funkelnde Spiegelhalle. Überall gebrochene Bilder. Tausend bebende Brüste. Fünfhundert Phalli. Hände, Augen, Zungen, Schenkel. Das kreisrunde, rüttelnde Bett. Murray, eingehüllt in seinem Labyrinth modernster Verstärkungsanlagen, Eingänge an Schläfen und Kehlen und Brust und Lenden, spürte, wie sein Mund austrocknete, spürte ein Hämmern zwischen den Beinen. Er befeuchtete die Lippen. Seine Hüften begannen sich wie von selbst zu bewegen. Nates Hände glitten gelassen über Serenas schwellende Halbkugeln. Murray spürte sie an seinen eigenen Händen. Das Verschmelzen der Identitäten begann. Er wurde Nate, Nate ging in ihn ein, und er war auch alle anderen, Van, Jojo, Dirk, Finn, Nikki, alle, die Rückkopplung in zwischenpersönlichen Wirbeln hin und her oszillierend. Kay. Er war ein Teil von Kay, sie von ihm, beide Teile von Nate und Serena. Unentwirrbar ineinander verschlungen. Was Nate erlebte, erlebte Murray. Was Serena erlebte, erlebte Kay. Als Nates Mund sich auf Serenas Lippen preßte, schob Murray die Zunge vor. Und spürte die feuchte Zungenspitze von Serena. Fleisch an Fleisch, Haut an Haut. Serena pulsierte. Warum nicht? Sechs Männer küßten sie gleichzeitig. Sie war ohnehin leicht erregbar. Sie flehte darum. Nicht, daß Nate es eilig gehabt hätte; der Geschlechtsakt war sein Metier, er machte stets eine große Schau daraus. Wie es ihm zustand, wenn zehn Freunde dabei waren. Zeig uns etwas, Nate. Und das tat Nate. Er senkte sich auf sie hinab. Atmete ein. Seine bartrauhen Wangen an ihren samtigen Schenkeln. Oh, die geschäftige Zunge! Oh, die Seufzer und das Stöhnen! Murray zischte vor Lust. Er bebte. Er erlebte mit allen Nervenenden mit, was die beiden miteinander trieben. Wann? Jetzt. Jetzt. Zustoßen. Ah! Ah! Ah! Serena, gleichzeitig besessen von Nate, Murray, Van, Dirk, Conrad, Finn. Und mit Serena im Rhythmus bebend Kay, Maria, Lanelle, Jojo, Nikki. Kay. Kay. Kay. Durch die Zauberei der Querverbindungen liebte Nate Kay, während er Serena liebte, Nate liebte gleichzeitig Kay, Maria, Lanelle, Jojo, Nikki, eine Vermischung der Persönlichkeiten, eine Mixtur der Kopulationen, und als sie alle zwölf einem gemeinsamen und vervielfachten Höhepunkt entgegengetragen wurden, machte Murray eine Dummheit. Er dachte an Kay.

Er dachte an Kay. Kay allein in ihrer Sequoienlaube, Kay mit zuckenden Hüften und aufgelöstem Haar und Schweißtropfen zwischen den Brüsten, Kay in Nates simulierter Umarmung stöhnend und sich windend. Murray versuchte sie durch die Gruppenverbindung zu erreichen, versuchte den einzelnen Ich-Faden zu finden und herauszuschälen, der Kay war, versuchte die zehn anderen Identitäten wegzumeißeln und diese Paarung in eine Begegnung zwischen ihm und ihr umzuwandeln. Es war eine glatte Verletzung des Gruppengeistes; es war auch nichts zu erreichen, da sie ihm die Erlaubnis verweigert hatte, einen besonderen inneren Anschluß zwischen ihnen beiden zu legen, so daß sie ihm in diesem Augenblick nur als eine Facette der gesteigerten und vervielfachten Serena zugänglich war. Bestenfalls konnte er sich über Serena zu Kay vortasten und die Spitze ihrer Seele berühren, aber der Kontakt war verschwommen und ungewiß. Sie begriff sofort, was er wollte, und stieß ihn verärgert zurück, wobei sie sich gleichzeitig tiefer in Serenas Bewußtsein versenkte. Abgewiesen, taumelnd, glitt er in die Verwirrung und sandte störende Impulse durch die ganze Gruppe. Nate feuerte trotz seiner heroischen Bemühungen, unberührt zu bleiben, eine Salve von Gereiztheit ab und kam weit vor dem eigentlich vorgesehenen Augenblick zum Höhepunkt, wobei er alle atemlos mitriß. Als der orgasmische Taumel losbrach, versuchte Murray wieder ganz in den Ring einzutreten, aber er war aus dem Rhythmus, aus dem Gleichklang geraten und erleichterte sich ohne jegliche Lustempfindung. Dann war es vorbei. Er sank schwitzend zurück, kam sich unrein vor, nervös, unbefriedigt. Nach einigen Augenblicken schaltete er seine Geräte ab und ging hinaus, um kalt zu duschen.

Eine halbe Stunde später rief Kay an.

»Du verrückter Dreckskerl«, sagte sie. »Was bildest du dir eigentlich ein?«

Er versprach, es nicht wieder zu tun. Sie verzieh ihm. Er brütete zwei Tage lang vor sich hin und hielt sich von der Gruppe fern. An den Akten von Conrad und Jojo, Klaus und Lois nahm er nicht teil. Am dritten Tag sah ihn der Gruppenplan zusammen mit Kay als Ausführende des Abends vor. Er wollte nicht zulassen, daß alle sie mitbesaßen. Seine üble atavistische Besitzbesessenheit war stärker denn je. Er brauchte natürlich nicht mitzutun. Niemand wurde gezwungen, an der Gruppe teilzunehmen. Er konnte sich entschuldigen und weiterhin vor sich hinschmollen, dann würde Dirk oder Van oder ein anderer seinen Platz einnehmen. Aber Kay würde nicht unbedingt auch passen. Sogar ganz sicher nicht. Die Möglichkeiten, die sich ihm boten, gefielen ihm nicht. Wenn er sich an den Plan hielt, bot er Kay auch allen anderen an. Wenn er pausierte, würde sie mit jemand anderem schlafen. In diesem Fall war es wohl besser, wenn er mit ihr ins Bett ging. Vor einer schlechten Wahl entschied er sich, beim ursprünglichen Programm zu bleiben.

Acht Stunden zu früh tauchte er bei ihr auf. Sie lag in einem sonnengefleckten Hain auf einem Teppich von Sequoiennadeln und spielte mit einem Stapel Musikwürfeln. In der duftenden Luft erklang Mozart.

»Gehen wir morgen irgendwohin«, sagte er. »Du und ich.«

»Bist du immer noch bei diesem Thema?«

»Verzeih.«

»Wo willst du hin?«

Er zuckte die Achseln.

»Hawaii. Afghanistan. Polen. Zambia. Es spielt keine Rolle. Nur, daß ich mit dir zusammen bin.«

»Und die Gruppe?«

»Die kann uns eine Weile entbehren.«

Sie drehte sich herum, brachte Mozart mit einer trägen Bewegung zum Schweigen und ließ einen Würfel von Bach erklingen.

»Ich komme mit«, sagte sie. Die Goldberg-Variationen, umgeschrieben für Glockenspiel. »Aber nur, wenn wir unsere Gruppen-Ausrüstung mitnehmen.«

»Soviel bedeutet dir das?«

»Dir nicht?«

»Ich schätze die Gruppe sehr«, sagte er. »Aber sie ist nicht alles im Leben. Ich kann eine Weile ohne sie auskommen. Ich brauche sie nicht, Kay. Was ich brauche, das bist du.«

»Das ist obszön, Murray.«

»Nein. Es ist nicht obszön.«

»Auf jeden Fall langweilig.«

»Es tut mir leid, daß du so denkst«, sagte er.

»Willst du aus der Gruppe ausscheiden?«

Ich möchte, daß wir beide aus ihr ausscheiden, dachte er, und daß du mit mir zusammenlebst. Ich kann es nicht ertragen, dich noch länger mit anderen zu teilen., Kay. Aber er war nicht bereit, sich auf eine solche Konfrontation einzulassen.

»Ich möchte in der Gruppe bleiben, wenn das geht«, sagte er, »aber es interessiert mich auch, eine Zweierbeziehung zu dir zu entwickeln.«

»Das hast du schon ganz deutlich mitgeteilt.«