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Hier hatte ich keine andere Wahl, als sie anzulügen, um ihre Gefühle nicht zu verletzen. »Warum sagen Sie so etwas? Er kann überhaupt nichts über Sie sagen.«

Sie griff über den Tisch und berührte meine Hand. »Foster, ich muss ehrlich zu Ihnen sein – weil ich Sie so sehr mag …«

Diese plötzliche Äußerung erschütterte mich …

»… aber vor langer Zeit war ich eine der Frauen, die er ausgenutzt hat«, endete sie und blickte mir direkt in die Augen.

Meine Antwort kam ohne Zögern, ebenso mein Lächeln. »Mary, es gibt Zeiten, in denen wir alle einen falschen Weg im Leben einschlagen, und wenn wir aus Verzweiflung etwas Unethisches tun, sind wir nur menschlich. Das sind keine schwerwiegenden Sünden, und Sie müssen daran glauben, dass Gott alles vergibt.«

Ihre Augen waren nur ein Blinzeln davon entfernt, in Tränen auszubrechen. »Tut Er das wirklich?«

»Ja«, versicherte ich ihr und nun war meine Hand es, die die ihre nahm. »Die Folgen einer Mutterschaft sind fürwahr belastend. Die Vergangenheit liegt jetzt hinter Ihnen, und all ihre vergangenen Befürchtungen liegen ebenfalls hinter Ihnen. Dasselbe gilt für alle Menschen, Mary. Dasselbe gilt für mich. Sie tun jetzt das Richtige, und Sie haben eine wunderbare Zukunft, die Sie erwartet.«

Sie schluckte schwer und drückte meine Hand. »Dann werde ich es jetzt einfach aussprechen, weil ich Sie nicht anlügen möchte.« Dann krächzte sie: »Bevor mich das Stadtkollektiv aufgenommen hat, hat es in der Vergangenheit Zeiten gegeben, in denen ich Zuflucht zu Akten der Prostitution nehmen musste.«

»Aber das ist doch unwichtig«, erwiderte ich, unbeeindruckt – denn dies wusste ich bereits. »Sie sind jetzt eine moralische, ehrliche und sehr hart arbeitende Frau. Das ist alles, was zählt, Mary.«

Sie sah mich daraufhin so eigentümlich an. »Ich erkenne es an Ihren Augen – es stört Sie wirklich nicht, nicht wahr? Ich meine, was ich in der Vergangenheit gewesen bin.«

»Es stört mich nicht im Geringsten«, sagte ich aus ganzem Herzen. »Mich interessiert nur, was Sie jetzt sind: eine wundervolle, wunderschöne Person.«

Sie schluchzte eine wenige Male, als eine Glocke erklang und jemand rief: »Bestellung fertig!«

Sie wischte sich die Augen, lächelnd. »Foster, das ist jetzt erste Mal seit Jahren, dass ich mich meinetwegen wohlfühle – dank Ihnen.«

»Sie haben allen Grund dazu, sich Ihretwegen wohlzufühlen, und ich hoffe, dass es immer so bleiben wird.«

»Ich sollte jetzt lieber Ihr Essen holen, bevor ich einen ausgewachsenen Weinkrampf bekomme.« Und dann war sie auf und eilte nach hinten.

Ich saß in platonischer Verzückung da. Diese wunderbare Frau schien mich aufrichtig gern zu haben, etwas Seltenes in meinem abgeschiedenen Leben. Was mich am glücklichsten machte, war das Wissen, dass meine Worte und mein Ernst ihr geholfen hatten, sich selbst in einem besseren Licht zu sehen.

Als mein Essen kam, war es ein Koch mit Schürze anstelle von Mary, der es brachte. »Entschuldigen Sie, Sir, aber Ihre Kellnerin ist kurz indisponiert. Irgendetwas hat sie wohl zum Weinen gebracht.«

»Gewiss eine Allergie«, sagte ich. »Bisher hat sie sich fabelhaft um mich gekümmert.«

»Guten Appetit, Sir.«

»Vielen Dank, es wird mir gewiss schmecken.«

Während ich das köstliche Mahl genoss, bemerkte ich lackierte Plaketten, die an den Wänden befestigt waren – es handelte sich um Namensschilder alter Schiffe. HETTY war auf einem zu lesen, und auf anderen: SUMATRY QUEEN und COLUMBY. Ich war mir nicht sicher, warum – und vielleicht lag es auch nur an dem himmlischen Essen, aber … klingelte bei diesen Namen nicht etwas?

Die Fischsuppe war selbst nach Providence-Maßstab hervorragend, und der Streifenbarsch dürfte der beste gewesen sein, den ich je probiert hatte. Zum Ende des Mahls fühlte ich mich wie der sündigste Vielfraß, speziell in Zeiten, wo so viele kaum zu essen hatten.

Mary kehrte zurück – ein wenig erfrischt und wieder gefasst –, und nachdem sie den Tisch abgeräumt hatte, setzte sie sich erneut mir gegenüber. Ich hätte das Essen nicht noch mehr loben können. Aber ihr Blick sagte mir, dass ihr noch immer etwas Sorgen bereitete.

»Was haben Sie vorhin gesagt, Foster«, setzte sie an, »über Cyrus Zalen? Sie meinten, Sie würden sich noch einmal mit ihm treffen?«

»Ja, morgen um vier.« Ich wusste, dass es ihr nicht behagte, mich in der Nähe dieses Schuftes zu wissen, daher wollte ich sie beruhigen. »Dabei geht es nur darum, einen Abzug dieser Lovecraft-Fotografie zu kaufen, damit Ihr Bruder die seine behalten kann. Zalen hat etwas Zeit gebraucht, um das Negativ zu entwickeln. Aber ich garantiere Ihnen, dass es das letzte Mal sein wird, dass sich meine Wege mit denen des Mannes kreuzen.«

»Das ist gut, Foster. Er hat eine böse Art an sich – er ist ein Verschwörer.«

Aber auch der Vater eines Ihrer Kinder, schoss mir der finsterere Gedanke durch den Kopf. Doch Ihnen wird er nichts mehr antun, Mary. Dafür werde ich sorgen. »Ein Verschwörer und noch einiges mehr«, sagte ich mit unbeschwerterer Stimme. »Ich habe den Mann heute tatsächlich zweimal dabei erwischt, wie er mir nachgeschlichen ist. Einmal vor unserem Treffen und einmal danach.«

»Er ist Ihnen nachgeschlichen?«

»Ja, er schlich im Wald herum und hat mich verfolgt. Ich bin sicher, er hatte einen Raubüberfall im Sinn. Ich war auf dem Weg zum Stand der Onderdonks, um mir ein Sandwich zu holen, und auf dem Rückweg begann Zalen, mir weniger verstohlen zu folgen. Ich bin ihm in den Wald hinein nachgerannt, um ihm zu zeigen, dass ich vor seinesgleichen keine Angst habe.«

»Foster, das hätten Sie nicht tun dürfen!«

»Dieser Mann weiß, dass ich über einige Mittel verfüge, daher denke ich, er hat sich ausgerechnet, mich zu berauben würde mehr Profit abwerfen als mein Kauf des Lovecraft-Fotos. Doch ich habe ihm klargemacht, dass ich sehr wohl fähig bin, mich zu verteidigen. Er wird es nicht noch einmal versuchen, dessen bin ich mir sicher. Aber dieser unangenehme Zwischenfall hat mich in die Nähe der Stelle geführt, wo Klein Walter seine Schießkünste erprobt hat – so sind wir uns begegnet. Zalen war da längst verschwunden.« Natürlich erwähnte ich nicht, dass es Zalen gewesen war, der mir gesagt hatte, wo ich Marys heruntergekommenes Haus finden konnte.

»Dieser Mann ist eine Plage«, meinte sie und stöhnte. »Ich sehe ihn nur selten, aber dann erinnert es mich immer … an das …«

Ich drückte ihre Hand, um sie zu beruhigen. »Sie müssen alle negativen Erinnerungen vergessen, die durch Zalen ausgelöst werden. Er hat nichts zu bedeuten. Erfreuen Sie sich stattdessen an dem, was die Zukunft bringen wird. Ich versichere Ihnen, dass sie rosig aussieht.«

Sie sah mich traurig an. »Ach, wenn das doch nur wahr wäre, Foster.«

Darauf reagierte ich nur mit einem Lächeln, da ich beschlossen hatte, nichts weiter dazu zu sagen. Das war auch nicht nötig, weil ich in diesem Moment wusste, was ich tun würde …

Nach einem bisschen weiteren Small Talk stand ich auf und wollte mich entschuldigen. »Ich bin mir sicher, dass Mr. Garret heute nicht mehr erscheinen wird, und ich bin nach dem langen Tag etwas müde. Aber nehmen Sie bitte zur Kenntnis, Mary, dass diese kurze Zeit mit Ihnen zu verbringen das Highlight meines Tages gewesen ist. Sie sind ein wunderbarer Mensch.«

Sie wurde rot und blinzelte eine Träne weg. Dann sah sie sich um, ob uns auch niemand beobachtete, und küsste mich kurz auf die Lippen. Ich erbebte vor Wonne.

Ihre Lippen kamen dicht an mein Ohr. »Bitte kommen Sie morgen zu mir in den Laden. Ich habe um zwölf Uhr Feierabend.«

»Ich werde dort sein. Und dann gehen wir irgendwo schön Mittagessen.«

Dann umarmte sie mich fast schon verzweifelt. »Bitte vergessen Sie es nicht.«