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„Gut.“ Fenris nahm seine Axt, eine scharfe Klinge mit kurzem Schaft. „Auf geht’s.“

Sie schlichen vorwärts, bewegten sich leise über die schlammige Erde, die Waffen bereit. Die ersten Orcs hatten die hölzerne Pier erreicht, als ein Zwerg vorbeikam, eindeutig auf Wachgang. Er hatte sie noch nicht gesehen, aber das würde er jede Sekunde. Fenris nickte den beiden Kriegern vor sich zu. Einer schoss vor, packte den Zwerg am Kopf, zog die Axt über den entblößten Hals und trennte ihm den Kopf vollständig ab. Der Körper fiel lautlos zu Boden, der Kopf rollte ein Stück weiter, sein Gesicht zeigte einen Anflug von Überraschung.

Sie gingen weiter auf die Boote zu, die Fenris ausgesucht hatte. Ein weiterer Wächter erschien, diesmal ein Mensch. Einer von Tagars Kriegers schlug ihn mit einem einzigen Hieb auf den Kopf nieder. Fenris nickte anerkennend. Er war wegen der Knochenmalmer-Orcs besorgt gewesen. Aber vielleicht waren sie nicht so wild und undiszipliniert, wie er immer gedacht hatte.

Er ging weiter, dann hörte er ein merkwürdiges schmatzendes Geräusch. Und dann ein kurzes Aufheulen. Fenris wirbelte herum. Der Orc war immer noch über sein letztes Opfer gebeugt und verursachte das schmatzende Geräusch – aber nicht das Heulen. Als Fenris erkannte, was der Knochenmalmer tat, wurde das Heulen lauter, und er konnte deutlich einzelne Worte verstehen.

„Ah!“, schrie die Wache und kreischte vor Schmerz. „Meine Beine! Es frisst meine Beine!“

Der Schrei alarmierte die Menschen. Plötzlich wurden Lichter in den Gebäuden entzündet. Menschen und Zwerge schienen aus dem Nichts zu erscheinen, und Fenris erkannte, dass sie ohne Kampf wohl nicht würden fliehen können.

Er griff wild an und hoffte, das Gefecht schnell zu beenden. Seine Orcs scharten sich um ihn und töteten die restlichen Gegner. Aber Fenris wusste, dass die Docks bald gestürmt werden würden.

„Zu den Booten!“, rief er und hob seine Axt. Sie kletterten in die drei Boote, ein Knochenmalmer ließ die Überreste seines Gegners auf dem Pier fallen. Sie hackten die Ankerketten durch und legten ab. Es dauerte, aber die Orcs schafften es schließlich, alle drei Boote von den Docks abzustoßen und in die Bucht zu steuern. Gerade als sie den Hafen verließen, stieß ein flammendes Signal in die Höhe.

„Hier ist die Bucht von Baradin“, sagte Ragnok, „und die Flotte von Kul Tiras patrouilliert dort regelmäßig. Sie werden das Signal sehen und binnen Minuten da sein.“

„Dann sollten wir weg sein, bevor sie hier eintreffen“, erwiderte Fenris grimmig. Er zog ein paar Ruder aus dem langen Behälter zwischen den Bänken des Bootes hervor und gab sie dem Krieger, der ihm am nächsten stand. „Rudert!“, brüllte er, zog weitere Ruder heraus und verteilte sie. „Rudert, so schnell ihr könnt!“

Auf den anderen Kähnen tat man es ihm nach, und bald schon flogen sie nur so über das Wasser. Ihre kräftigen Arme verliehen den Booten ein rasendes Tempo.

Aber es reichte nicht, erkannte Fenris, als er die anderen, größeren Boote auf sie zukommen sah.

„Die Marine von Kul Tiras!“, bestätigte Ragnok, der die Umrisse betrachtete. „Admiral Prachtmeer hasst euch Orcs, er wird uns um jeden Preis vernichten wollen!“

„Können wir sie bekämpfen?“, fragte Fenris, doch er wusste die Antwort schon, bevor der Todesritter den Kopf schüttelte.

„Sie sind für den Seekampf ausgebildet. Und sie sind schneller als wir. Dagegen haben wir keine Chance!“

Fenris blickte hinauf zum sternenübersäten Himmel und nickte. „Vielleicht nicht. Aber vielleicht auch doch. Rudert weiter!“

Ihre Boote bewegten sich schnell, doch wie Ragnok vorausgesagt hatte, waren ihre Verfolger schneller. Die Boote der Menschen kamen näher, und Fenris konnte die grimmigen, grün gekleideten Männer ausmachen, die an der Reling ihrer größeren Schiffe standen. Viele hielten die Bögen bereit, andere trugen Kurz-schwerter, Äxte oder Speere. Er wusste, dass seine Krieger es mit einer größeren Anzahl von Menschen hätten aufnehmen können, wären sie an Land gewesen. Aber hier auf See waren sie gewaltig im Nachteil.

Glücklicherweise waren sie nicht allein.

Gerade als das erste Boot der Menschen nah genug herankam, dass Fenris die Gesichter der Männer erkennen konnte, stürzte ein schwarzer Umriss aus dem Himmel herab. Große Flügel schlugen so vehement, dass das Boot rückwärts getrieben wurde und die Männer umfielen. Dann öffnete sich das Maul des Drachen weit, und Feuer schoss daraus hervor. Das teergetränkte Holz brannte sofort, und schnell stand das ganze Boot lichterloh in Flammen. Die Schreie der Menschen und die Brandgeräusche ließen Fenris’ Herz höherschlagen.

Aber die Verfolger flohen nicht. Wieder kamen die Boote näher, und wieder griff der schwarze Drache an und verkohlte Mensch und Holz gleichermaßen. Ein drittes Mal versuchten es die Menschen, aber ihre Waffen prallten von den starken Schuppen des Drachen ab. Und ein drittes Schiff wurde in Asche verwandelt.

Danach fielen die Schiffe der Menschen endlich zurück und ließen die Orcs in den gestohlenen Booten entkommen. Die Orcs jubelten.

„Sie geben auf!“, rief Tagar vom Bug des Nachbarbootes.

„Sie können es nicht mit den Drachen aufnehmen, und das wissen sie“, korrigierte ihn Fenris. „Aber ich glaube nicht, dass sie aufgeben.“

„Irgendwelche Anzeichen von kleineren Feuern auf den anderen Schiffen? Kontrollierte Brände?“, fragte Ragnok.

Fenris beobachtete die sich zurückziehenden Boote. „Ja. Ich sehe ein Signalfeuer und Rauch“, sagte er schließlich.

„Sie warnen den Rest der Flotte“, sagte Ragnok. „Sie werden auf uns warten.“

Tagar lachte vom Bug des Bootes neben ihnen. „Die Warnung kommt zu spät“, verkündete er und leckte Blut von seiner Axt. „Bis die Menschen ihren Mut gesammelt haben, um uns zu folgen, sind wir mit dem Artefakt schon lange auf und davon.“

Fenris nickte. Zum ersten Mal hoffte er, dass der Knochenmalmer-Orc recht behielt und er sich täuschte.

11

Antonidas, Erzmagier und Anführer der Kirin Tor, saß in seinem Studierzimmer und las eine neu eingetroffene Schriftrolle. Die Nachricht war besorgniserregend: Admiral Prachtmeer berichtete, dass eine Gruppe Orcs mehrere Boote aus dem Hafen von Menethil gestohlen hatte. Schlimmer noch: Als er sie verfolgte, waren Prachtmeers Schiffe von Drachen zurückgetrieben worden.

Schwarzen Drachen.

Antonidas spürte ein Pochen an der Schläfe und rieb sich darüber. Während des Zweiten Krieges hatte die Horde irgendwie die Unterstützung durch die roten Drachen erhalten. Und jetzt, nachdem das Portal erneuert worden war, schienen sie sich auch noch mit den schwarzen Drachen verbündet zu haben.

Das war fast unglaublich. Zwei Drachenarten? Wie konnte die Allianz dagegen bestehen?

Es klopfte leise an der Tür. „Komm rein, Krasus!“, rief Antonidas. Seine magischen Fähigkeiten hatten ihm bereits verraten, wer da zu so später Stunde vorbeischaute.

„Du hast nach mir geschickt?“, fragte der andere Magier wie beiläufig beim Eintreten und schloss die Tür hinter sich.

Antonidas vermutete, dass Krasus durch seine scheinbare Teilnahmslosigkeit versuchte, seiner Wut zu entgehen. Doch damit würde er keinen Erfolg haben.

„Ja, das habe ich“, antwortete Antonidas und spie die Worte förmlich durch seinen grau durchwirkten Bart. „Es sind seitdem Monate vergangen! Wo bist du gewesen?“

„Ich musste mich um etwas anderes kümmern“, antwortete Krasus ausweichend und setzte sich auf die Kante von Antonidas’ Schreibtisch. Das Licht der Lampe beleuchtete die roten und schwarzen Strähnen in seinem silbernen Haar, wodurch es wie schimmerndes Metall wirkte.

„Um etwas anderes kümmern? Du dienst den Kirin Tor, Krasus, eine Tatsache, an die ich dich eigentlich nicht erst erinnern muss“, wies ihn Antonidas zurecht und schaute finster. „Wenn du für solche Aufgaben keine Zeit hast, dann sollte besser jemand anders deinen Posten übernehmen.“