Выбрать главу

Kael’thas fluchte in seiner Heimatsprache.

Die Beute war weg, aber man konnte ihr folgen und sie am nächsten Ort einfangen. Antonidas murmelte einen Teleportzauber und veränderte ihn leicht, damit er am selben Ort herauskam wie die Todesritter. Eine Sekunde später stand Antonidas auf einem breiten Balkon. Es war eine der oberen Etagen der Violetten Zitadelle. Die Todesritter hatten sich an einer Seite zusammengeschart. Ihr Anführer stand stolz und aufrecht in ihrer Mitte. Das Auge hielt er in seiner gepanzerten Hand.

Krasus, Kael’thas und andere folgten. Doch dieses Mal waren Kael’thas und Antonidas vorbereitet, hatten den Spruch bereits im Kopf und auf der Zunge und waren erfolgreich. Der Anführer der Todesritter warf Antonidas einen Blick voller Verderbtheit zu, und der Erzmagier erlaubte sich ein leichtes Lächeln.

„In der Schatzkammer wart ihr flinker, aber hier sind wir es. Der Balkon ist magisch gegen Teleportation gesichert. Ihr könnt nirgendwohin!“, rief Antonidas und schaute den Anführer an. Sie konnten die Todesritter jetzt gefangen nehmen oder töten. Einen würden sie am Leben lassen, um Informationen zu erhalten. So würden sie eine Menge mehr über die Horde und deren Pläne erfahren.

„Vielleicht nicht“, sagte der Anführer der Todesritter leise, seine Worte waren dennoch gut zu hören. „Aber warum sollten wir laufen, wenn wir fliegen können?“

Plötzlich kam ein starker Wind auf. Antonidas taumelte. Ein pfeifendes Geräusch begleitete die Böe, wurde lauter, und dann schien ein Stück der Nacht selbst über den Balkon hereinzubrechen. Die Dunkelheit teilte sich langsam, und mehrere längliche Gestalten wurden sichtbar, die in der Luft hinter der Brüstung schwebten. Grausame Augen starrten aus ihren glänzenden schwarzen Gesichtern. Antonidas konnte die Hitze spüren, die in ihnen pulsierte, und seine Kleidung war schnell nass geschwitzt.

„Dummer Mensch, hast du geglaubt, wir wären alleine gekommen?“, sagte der Anführer der Todesritter und lachte. Der größte Drache, den Antonidas je gesehen hatte, flog näher an den Balkon heran, bis sein langes, stacheliges Kinn auf der Brüstung lag.

Antonidas sah, wie Krasus erbleichte, und hörte ein einziges Wort: „Todesschwinge.“

Beim Klang des Namens bewegte der mächtige Drache den Kopf und sah Krasus intensiv an. Der Magier wich dem prüfenden Blick nicht aus. Aber Antonidas erschauderte.

Todesschwinge? Hier?

Der Todesritter kletterte auf die Brüstung und von dort auf den Rücken von Todesschwinge. „Ich habe, was ich wollte. Lasst uns abfliegen!“

Antonidas hatte sich so weit erholt, dass er einen Blitz auf die fliehenden Gestalten abfeuern konnte, der jedoch von ihren Schilden abprallte. Teleportieren kam auch nicht infrage, sie bewegten sich zu schnell und flogen zu dicht beieinander. Kael’thas und die anderen Magier schüttelten den Kopf. Sie waren einfach nicht schnell genug, um die Todesritter zu treffen, ohne versehentlich einen Drachen zu erwischen und zu verärgern – was sicherlich zur Vernichtung der gesamten Zitadelle geführt hätte.

Als wollten sie diese Bedrohung unterstreichen, flogen plötzlich zwei der Drachen, die Todesschwinge flankierten, näher und öffneten ihre Mäuler weit. Die Magier konnten gerade noch rechtzeitig die Schilde aktivieren. Ströme von Magma entsprangen den breiten Kiefern der Echsen. Sie trafen den Balkon, entzündeten Vorhänge und Schriftrollen in dem Raum dahinter.

Antonidas fluchte, als er die anderen Todesritter auf die Rücken der Drachen klettern sah. Dann hoben sie ab, und er verlor sie aus seiner Sicht. Er wusste, dass die mächtigen Kreaturen einfach durch die Schutzzauber brechen würden, die er installiert hatte. Sie waren nie dazu gedacht gewesen, Giganten wie ihnen zu widerstehen.

Antonidas spürte Verzweiflung. Er und der Rest der Kirin Tor sollten die Stadt und ihre Bürger schützen, und heute Abend hatten sie dabei versagt. Er war immer der Überzeugung gewesen, dass jeder Magier seine Grenzen kennen sollte, und heute war er an seine gestoßen. Er schaute in den Himmel, suchte nach einer Spur der Eindringlinge, aber sie waren fort.

Und sie hatten das Auge Dalarans, eines der mächtigsten Artefakte der Stadt.

Ich habe, was ich wollte, hatte der Todesritter gesagt.

Antonidas wusste, was er gemeint hatte. Aber die eigentliche Frage war: Wozu brauchte er es?

12

Fenris starrte auf das kalte Gebäude und war verwirrt. Er war nicht sicher gewesen, was er sich unter der Gruft des Sargeras vorzustellen hatte, aber ganz bestimmt nicht das. Was er zuerst für Schnitzereien gehalten hatte, waren die Muscheln, Knochen und sonstigen Überreste von verschiedenen Meereskreaturen. Sie überzogen die äußeren Mauern. Es war, als würde man den Boden des Ozeans sehen, nur dass er an Land gehoben worden und in eine bewohnbare Struktur verwandelt worden war. Und die Tür zu diesem merkwürdigen Gebäude stand weit offen.

„Befindet sich das Artefakt dort drinnen?“, fragte Fenris stirnrunzelnd. Es fiel ihm schwer, das schäbige Aussehen des Ortes mit dem bedeutenden Artefakt, das Ner’zhul hier vermutete, in Einklang zu bringen.

Der Todesritter hatte keine Zweifel. „Es ist hier“, sagte Ragnok. „Ich spüre es, tief da drinnen.“

„Dann sollten wir reingehen!“, brüllte Tagar. „Was stehen wir hier noch herum? Je schneller wir drin sind, desto eher sind wir auch wieder draußen!“

Fenris schätzte Dinge oft anders ein als der Häuptling des Knochenmalmerklans. Aber in diesem Punkt stimmte er ihm zu.

Fenris wollte den Auftrag schnell hinter sich bringen. Er gab seinen Orcs Zeichen und folgte dann Ragnok, Tagar und dessen Kriegern. Allenthalben entdeckte er Hinweise darauf, dass das Gebäude Hunderte, wenn nicht gar Tausende Jahre unter Wasser gestanden hatte. Ecken und Kanten waren von Strömungen abgerundet; es gab Ablagerungen von Moos, Muscheln und Korallen. Hier und da stand immer noch etwas Wasser in Pfützen. Kein Licht drang ins Innere, das merkwürdige Gebäude hatte keine Fenster. Aber das war nicht seine Sorge.

Ragnok hob die Hand, und ein gelbliches Leuchten erschien über ihm. Es erschuf in den Gängen verstörende Schatten, erlaubte es aber immerhin, sehenden Auges weiterzugehen.

Während sie tiefer vordrangen, bemerkte Fenris, dass die Wände hier sauberer waren als in der Nähe des Eingangs. Und nicht nur weniger verschmutzt, sondern auch weniger verfallen. Die Schnitzereien, die jede Oberfläche bedeckten, waren nicht verwittert, und er sah immer wieder Stellen, die zeigten, wie der Tempel zu seiner Blütezeit ausgesehen haben mochte. Er musste großartig gewesen sein, von einer Schönheit und Eleganz, die Fenris niemals für möglich gehalten hätte.

Fenris fühlte sich im Vergleich dazu plump. Er konnte erkennen, dass der Rest seines Klans ähnlich dachte.

Tagar und seine Knochenmalmer-Orcs zeigten sich davon hingegen ungerührt. Aber sie hatten ja generell wenig übrig für etwas anderes als Tod und Zerstörung. Ragnok schien auf die bevorstehende Aufgabe konzentriert.

Vielleicht blieb ausgerechnet Tagar deshalb plötzlich stehen und wies auf eine Stelle an der Wand knapp über dem Boden. „Schaut dort!“, sagte der Häuptling.

Fenris folgte seiner Geste und bemerkte etwas Dunkles über den Schnitzereien. Es sah wie aus wie...

„Blut“, bestätigte Tagar. Er kniete sich hin, roch und leckte daran. „Orc-Blut“, stellte er fest und stand wieder auf. „Mehrere Jahre alt.“

„Vielleicht das Blut von Gul’dan oder einem seiner Hexenmeister“, sagte Ragnok. „Wir kommen näher!“

Das war kein angenehmer Gedanke, auch wenn es das Ende ihrer Suche bedeutete.

„Seid vorsichtig“, warnte Fenris seine Orcs, und sie nickten düster.

„Hast du Angst?“, zog ihn Tagar auf. „Angst vor dem, was wir vielleicht finden?“