Das Gebet verließ seine Lippen, und er streckte die Hände aus. Weißes Licht schoss daraus hervor und traf den Orc in der Brust. Der fiel zurück, und der Knüppel entglitt seiner Hand, als er zu Boden krachte. Für einen kurzen Augenblick war Turalyons Blick mit Allerias verbunden. Dann kämpfte sie auch schon gegen den nächsten Orc, und er musste sich ebenfalls wieder in die Schlacht stürzen.
Er entdeckte den Anführer der Orcs, den er schon vorher gesehen hatte. Er schien durch die Streitkräfte der Allianz hindurchzutanzen. Die schwere Axt sang in seiner Hand, durchschnitt Luft und Fleisch gleichermaßen. Das Geräusch übertönte die Schreie und das Stöhnen der vielen Opfer. Ab und zu wies er auf etwas und brüllte.
Aber so kräftig er auch war, waren er und seine Krieger doch in der Unterzahl. Und er schien das zu wissen. Die Allianztruppen kamen unaufhaltsam näher an das Portal heran.
Der Orc schien eine Entscheidung zu fällen. Er wandte sich um und brüllte einer verhüllten Gestalt etwas zu, die neben dem Portal stand. Die Gestalt nickte. Dann rief der Anführer etwas anderes, und im ganzen Tal gehorchten die Orcs. Sie lösten sich von der Allianz und zogen sich langsam, aber sicher zum Portal zurück.
Turalyon erspähte eine weitere Bewegung. Die verhüllte Gestalt zog etwas neben dem rechten Pfeiler des Portals hervor. Turalyon konnte nicht erkennen, was es war. Aber es bestand aus Metall und glitzerte im Licht. Etwas an der Art, wie die Gestalt damit hantierte, machte Turalyon nervös, und er erinnerte sich an seine Unterhaltung mit Mekkadrill, dem Gnom.
Wie sicher ist das?
Ich bin bereit, darauf zu wetten, dass es so sicher wie die sicherste gnomische Konstruktion ist...
Die Orcs versuchten jetzt, durch das Portal zu laufen statt zu kämpfen. Khadgar hatte bestätigt, dass sie die Artefakte hatten, die sie benötigten, und dass sie bereit waren für...
„Verdammt!“, schrie Turalyon. Er hoffte, dass er unrecht hatte. Erblickte über den Ozean aus kämpfenden Männern und Orcs und erspähte Khadgar und eine Gruppe Magier. Er ritt auf sie zu und berichtete, was er gesehen hatte.
Khadgar furchte die Stirn, während er zuhörte. „An ihrer Stelle würde ich auch heimgehen. Und dann würde ich das Portal zerstören, damit mir niemand folgen kann.“
„Daran habe ich auch gedacht. Ich glaube, es ist etwas Mechanisches. So etwas, wie die Gnome es bauen.“
„Oder die Goblins“, sagte Khadgar. Beide Männer wussten, dass, anders als die Gnome, die auf Seiten der Allianz standen, die Goblins gern ihre mechanischen Spielzeuge an jedermann verkauften. „Wir haben das letzte Portal zerstört. Sie können sicherlich dieses hier vernichten. Und ohne Medivhs Buch und Gul’dans Schädel bezweifle ich, dass ich es wieder öffnen kann.“
„Dann Tempo. Ich halte sie auf, sagte Turalyon, der sein Pferd bereits herumriss und auf das Portal zuritt. Khadgar war direkt hinter ihm. Turalyon schlug auf die Orcs ein, bahnte sich wie ein Besessener einen Weg.
Khadgar blickte zum Portal und beobachtete die Gestalt, die etwas daneben anbrachte. Der Magier stützte sich auf seinen Sattel und schlug nach dem vermummten Gegner. Der drehte sich in der letzten Sekunde um, war aber nicht schnell genug, um dem Schlag am Hals entgehen zu können. Er reichte nicht aus, um ihn zu töten, aber die Gestalt grunzte vor Schmerz und ließ das Gerät fallen. Dann umfasste sie den Hals mit beiden Händen.
Khadgar sprang vom Pferd und hob die merkwürdige Maschine auf. Sie war so groß wie ein kleiner Schild, eindeutig mechanisch... und sie tickte. Er analysierte das Ding schnell, aber die Konstruktion war ihm zu fremd. Es gab keine Möglichkeit, es zu stoppen. Was immer es auch tun sollte, es würde es bald tun. Grunzend hob der Magier das Gerät an und warf es so weit weg, wie er konnte, verstärkte seine Körperkraft mit Magie, sodass es weit aus dem Tal hinausflog und vielleicht sogar die Klippen auf der anderen Seite erreichte.
Die Explosion erschütterte das ganze Tal.
Grom fluchte, duckte sich und bedeckte seinen Kopf. Er spürte Stiche seinen Rücken entlang und auf den Schultern, wo er von kleinen Steinen getroffen worden war. Er sah auf. Wut brannte in ihm, und die ließ er an dem Hexer aus. Kra’kul wirkte so erschreckt wie Grom und duckte sich, als Groms Faust herabfuhr.
„Verräter! Du wolltest uns töten!“
„Nein! Nein! Ich schwöre es. Mir wurde gesagt, das ist ein Schild, ein Schild, um uns zu schützen! Ich wusste es nicht!“
Der rote Schleier vor Groms Augen lichtete sich, als er den sich windenden Hexenmeister mit einer Hand hochhob und schüttelte. Wie gern hätte er ihm die Kehle zerquetscht, seinen Kopf abgerissen und ihn so weit geworfen, wie der alte Mensch das Gerät. Statt sie zu schützen, hatte es sie beinahe getötet.
„Wer hat dir das gesagt? Wo ist er, damit ich ihm das Herz herausreißen kann?“ Er schüttelte den Zauberer heftig und unterdrückte seinen Blutrausch.
„Das weiß ich nicht... Malkor sollte das tun... er sagte mir, es sei ein Schild...“
Fluchend warf Grom den wertlosen Kerl weg und wandte sich wieder dem Kampf zu.
Grom war gesagt worden, dass das Gerät ein Schild sei, mittels dem der Kriegshymnenklan im letzten Moment fliehen könnte. Er war angelogen worden. Jemand in einer mächtigen Position, Blutschatten vielleicht oder Ner’zhul, hatte offensichtlich gewollt, dass die zurückgebliebenen Krieger nicht lebend fliehen konnten.
Grom schwor sich, die Schlacht zu überleben, so unwahrscheinlich es auch war, und jemanden dafür bezahlen zu lassen.
Die Explosion hatte seine Leute erschüttert, Die Allianz hatte sich schneller als seine Leute erholt. Und Grom musste wütend und hilflos mit ansehen, dass sie wie Vieh nach Südwesten getrieben wurden. Aber er konnte nichts dagegen tun. Eine Gruppe kam von einer Seite, während die andere den Ausgang blockierte und die Orcs in den engen Talzugang trieb, weg vom Portal. Weg von zu Hause.
„So sei es“, knurrte er. Die Allianz sollte ihren Sieg haben. Aber er würde sie teuer zu stehen kommen. Er warf seinen Kopf zurück, öffnete den Mund weit und brüllte so laut, dass zwei Allianzkrieger mitten in der Schlagbewegung aufhörten.
„Kämpft, meine Kriegshymnenkrieger, kämpft wie Orcs! Lasst euer Blut vor Kampfeslust singen! Reißt sie in Stücke! Für die Horde!“
„Irgendjemand muss hierbleiben und diese Bande im Auge behalten“, sagte Turalyon. Er ritt neben Alleria und Khadgar und wartete darauf, dass Kurdran auf Sky’rees Rücken tief genug kreiste, damit er dem Gespräch folgen konnte. „Ich postiere ein paar Männer am Eingang des Tals. Dann kann die Horde nicht fliehen. Alle anderen...“
Er verstummte. Khadgar beneidete Turalyon nicht. Niemand wollte wirklich durch das Dunkle Portal gehen. Obwohl er zugeben musste, dass ein kleiner Teil von ihm, der Teil, der ihn überhaupt hatte Magier werden lassen, sehr neugierig darauf war, was dahinterlag.
„Gut“, sagte Turalyon. „Wir wissen, was wir zu tun haben. Sagt euren Leuten noch einmal, dass nur Freiwillige mitkommen sollen. Ich werde keinen Soldaten dazu zwingen, auf eine fremde Welt zu gehen, wenn er das nicht will.“
Danath nickte, riss sein Pferd herum und brüllte die entsprechenden Befehle. Alleria kehrte zu ihren Waldläufern zurück und redete mit ihnen leise in ihrer melodischen Sprache. Khadgar warf Turalyon einen aufmunternden Blick zu, doch der Paladin wich ihm aus. Leise sagte er zu Khadgar: „Alleria wäre heute beinahe getötet worden. Ich konnte sie gerade noch retten.“
„Turalyon“, sagte Khadgar ebenso leise, „Alleria ist eine erfahrene Kämpferin. Sie ist vielleicht sogar stärker als wir beide. Das weißt du doch.“
„Deshalb mache ich mir auch keine Sorgen. Ich weiß, dass sie auf sich selbst aufpassen kann. Aber... sie wird waghalsig. Sie wird...“ Seine Stimme brach, und Khadgar wandte sich ab, um den Schmerz im Gesicht des jungen Mannes nicht sehen zu müssen.