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Er ging auf einen Drink, den er dringend brauchte, in die Hotelbar. Er war bei seinem dritten Martini, als er auf die Uhr über der Bar blickte und feststellte, dass es 10 Uhr 15 war. Punkt zehn Uhr, hatte sie gesagt. Larry geriet in Panik. Hastig legte er ein paar Geldscheine auf die Bar und eilte zum Fahrstuhl. Noelle bewohnte die Kaisersuite im 5. Stock.

Unwillkürlich rannte er durch den langen Korridor und fluchte über sich selbst, dass er sich dies antun ließ. Er klopfte an ihre Tür und suchte in Gedanken nach Vorwänden, um seine Verspätung zu entschuldigen. Niemand reagierte auf sein Klopfen, und als Larry den Türknopf drehte, fand er die Tür unverschlossen. Er trat in den großen, luxuriös ausgestatteten Salon und blieb einen Augenblick unsicher stehen, ehe er rief: »Miss Page.« Es kam keine Antwort. Das war also ihr Plan.

Es tut mir leid, Costa Liebling, aber ich sagte dir gleich, dass er unzuverlässig ist. Ich hatte ihn gebeten, mich um zehn Uhr abzuholen, aber er saß unten in der Bar und betrank sich. Ich musste ohne ihn gehen.

Larry vernahm ein Geräusch aus dem Bad und ging darauf zu. Die Badezimmertür stand offen. Er ging hinein, gerade als Noelle Page unter der Dusche hervorkam. Sie hatte nichts an außer einem Frottiertuch, das sie sich als Turban um den Kopf geschlungen hatte.

Noelle drehte sich um und sah ihn unter der Tür stehen. Eine Entschuldigung drängte sich Larry auf die Lippen, er versuchte, ihrer Empörung zuvorzukommen, doch noch ehe er ein Wort herausbrachte, sagte Noelle ungerührt: »Reichen Sie mir das Badetuch«, als ob er eine Zofe wäre. Oder ein Eunuch. Larry hätte sich mit ihrer Empörung oder ihrem Zorn abfinden können, aber ihre arrogante Gleichgültigkeit ließ etwas in ihm aushaken.

Er trat auf sie zu und packte sie. Er wusste, dass er damit alles, was er sich wünschte, fortwarf, um der billigen Befriedigung einer kleinlichen Rache willen, aber er konnte sich nicht zurückhalten. Die Wut in ihm hatte sich seit Monaten angesammelt, genährt von den Demütigungen, die er von ihr erfahren hatte, den vorsätzlichen Beleidigungen, den Erniedrigungen, der Gefährdung seines Lebens. Alles das brannte in ihm, als er nach ihrem nackten Körper griff. Wenn Noelle geschrieen hätte, hätte Larry sie bewusstlos geschlagen. Aber sie sah den wilden Ausdruck auf seinem Gesicht und gab keinen Laut von sich, als er sie aufhob und ins Schlafzimmer trug.

In Larry meldete sich eine Stimme, die ihm zu schrie einzuhalten, sich zu entschuldigen, zu sagen, dass er betrunken wäre, davonzurennen, ehe es für ihn zu spät war, sich zu retten, aber er wusste, dass es schon zu spät war. Es gab kein Zurück mehr. Er warf sie brutal aufs Bett.

Er konzentrierte sich auf ihren Körper, weigerte sich, an die Strafe zu denken, die ihn dafür treffen würde. Er machte sich keine Illusionen darüber, was Demiris mit ihm tun würde, denn die Ehre des Griechen würde sich nicht damit bescheiden, dass er ihn lediglich hinauswürfe. Larry kannte den Magnaten gut genug, um zu wissen, dass dessen Rache weit schrecklicher sein würde, und obwohl er das wusste, konnte er sich nicht zurückhalten.

Sie lag auf dem Bett und blickte zu ihm auf, ihre Augen funkelten. Er warf sich über sie und drang in sie ein, erkannte erst in diesem Augenblick, wie sehr er sich schon die ganze Zeit gewünscht hatte, genau das zu tun, und irgendwie verschmolz der Trieb vollständig mit dem Hass, und er spürte, dass ihre Arme sich um seinen Nacken schlangen und sie ihn an sich drückte, als ob sie ihn nie wieder loslassen wollte, und sie sagte: »Willkommen daheim«, und es fuhr Larry durch den Sinn, dass sie verrückt sei oder dass sie ihn mit einem anderen verwechsle, doch das war ihm gleichgültig, denn ihr Körper zuckte und wand sich unter ihm, und er vergaß alles andere in dem Gefühl dessen, was ihm widerfuhr, und in der plötzlichen, wundervollen Erkenntnis, dass jetzt alles gut war.

Noelle und Catherine

Athen 1946

Unerklärlicherweise war die Zeit Catherines Feind geworden. Zunächst bemerkte sie es nicht, und wenn sie zurückblickte, konnte sie nicht den genauen Augenblick bezeichnen, seitdem die Zeit gegen sie arbeitete. Sie hatte nicht bemerkt, wann Larrys Liebe gestorben war oder warum oder wie, aber eines Tages war sie nicht mehr da, verschwunden im Gang der Zeit, und alles, was übrig blieb, war ein kaltes, hohles Echo. Tag für Tag saß sie allein in der Wohnung und versuchte zu ergründen, was geschehen, was fehlgeschlagen war. Es gab nichts Bestimmtes, woran Catherine sich entsinnen konnte, keinen einzelnen Augenblick der Erkenntnis, auf den sie deuten und sagen konnte: Das war es, das war der Punkt, an dem Larry aufhörte, mich zu lieben. Vielleicht hatte es begonnen, als Larry von einem dreiwöchigen Aufenthalt in Afrika zurückkam, wohin er Demiris zu einer Safari gebracht hatte. Larry hatte Catherine mehr gefehlt, als sie für möglich gehalten hatte. Er ist die ganze Zeit über fort, dachte sie. Es ist wie im Krieg, nur gibt es diesmal keinen Feind.

Aber darin irrte sie sich. Es gab einen Feind.

»Ich habe dir die gute Neuigkeit noch gar nicht berichtet«, sagte Larry. »Ich habe eine Gehaltserhöhung bekommen. Siebenhundert im Monat. Was sagst du dazu?«

»Das ist wunderbar«, antwortete sie. »Um so früher können wir nach Hause zurück.« Sie sah, wie sein Gesicht finster wurde. »Was ist denn?«

»Hier sind wir zu Hause«, entgegnete Larry knapp.

Sie blickte ihn verständnislos an. »Nun ja, zur Zeit«, stimmte sie nachgiebig zu, »aber ich meine – du wirst doch nicht für immer hier leben wollen.«

»Du hast es nie so gut gehabt«, entgegnete Larry. »Du lebst

hier wie in der Sommerfrische.«

»Aber es ist nicht wie das Leben in Amerika.«

»Scheiß auf Amerika«, antwortete Larry. »Vier Jahre lang habe ich mein Leben dafür riskiert, und was hat es mir eingebracht? Eine Handvoll billiger Orden. Nach dem Krieg wollten sie mir nicht einmal einen Job geben.«

»Das ist nicht wahr«, widersprach sie. »Du ...«

»Was ich?«

Catherine wollte keinen Streit provozieren, schon gar nicht am Abend seiner Heimkehr. »Nichts, Liebling«, sagte sie. »Du bist müde. Wir werden bald schlafen gehen.«

»Das werden wir nicht.« Er ging an die Bar, um sich einen Drink einzuschenken. »Im Argentina Night Club ist ein neues Programm. Ich habe Paul Metaxas gesagt, dass ich ihn mit ein paar Freunden dort treffen würde.«

Catherine sah ihn an. »Larry« Sie musste sich Mühe geben, dass ihre Stimme gefasst klang. »Larry, wir haben uns fast einen Monat lang nicht gesehen. Wir haben nie die Möglichkeit, einfach – einfach beieinander zu sitzen und uns zu unterhalten.«

»Ich kann es nicht ändern, dass mich mein Beruf nach auswärts führt«, erwiderte er. »Glaubst du vielleicht, ich wäre nicht gern bei dir?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich muss ein Orakel befragen.«

Darauf legte er seinen Arm um sie und strahlte sie mit seinem unschuldigen Jungenlächeln an. »Zum Teufel mit Metaxas und der ganzen Bande. Wir bleiben heute zu Hause, nur wir zwei allein. Einverstanden?«

Catherine sah ihm ins Gesicht und wusste, dass sie unvernünftig war. Selbstverständlich konnte er nichts dafür, dass sein Beruf ihn von ihr fortführte. Und wenn er nach Hause zurückkam, war es nur natürlich, dass er andere Leute sehen wollte. »Lass uns doch ausgehen, wenn du gern möchtest«, schlug sie vor.

Er zog sie dicht an sich. »Wir bleiben allein, nur wir zwei.«

Das ganze Wochenende über verließen sie die Wohnung nicht. Catherine kochte, und sie liebten sich und saßen vor dem Feuer und unterhielten sich und spielten Romme und lasen, und es war alles so, wie Catherine es sich nur wünschen konnte.