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Bänke angeordnet.

An der einen Schmalseite des Saals befand sich hinter einer zwei Meter hohen Trennwand aus poliertem Mahagoni ein Podest mit hoch lehnigen Ledersesseln für die drei versitzenden Richter. Der mittlere Sessel war für den Gerichtspräsidenten bestimmt, und darüber hing ein quadratischer schmutziger Spiegel, der einen Teil des Gerichtssaals reflektierte.

Vor dem Podest befand sich der Zeugenstand, eine kleine Plattform mit einem fest angebrachten Lesepult, auf dessen Platte Papiere abgelegt werden konnten. Das Lesepult war mit einem vergoldeten Kruzifix verziert, Christus am Kreuz mit zwei seiner Jünger neben ihm. An der Seitenwand war die Geschworenenbank, die jetzt mit zehn Geschworenen besetzt war. Links befand sich die Anklagebank, davor standen die Tische der Verteidiger.

Die Wände des Saals waren verputzt, der Fußboden im Gegensatz zu den nackten Dielen der Gerichtssäle im Erdgeschoß mit Linoleum ausgelegt. Ein Dutzend elektrischer Kugellampen hing von der Decke herab. In einer hinteren Ecke ragte das Abzugsrohr einer altmodischen Heizungsanlage zur Decke auf. Ein Teil des Saals war für die Presse reserviert, und unter anderen waren Korrespondenten von Reuters, United Press, International News Service, Shsin Hau Agency, Agence France Press und TASS anwesend.

Die Umstände dieses Mordprozesses waren an sich schon sensationell, aber es waren auch so viele berühmte Personen anwesend, dass die aufgeregten Zuschauer nicht wussten, wohin sie zuerst blicken sollten. Es war wie in einem Zirkus mit drei Manegen. In der ersten Bankreihe saß Philippe Sorel, der große Star, von dem das Gerücht ging, ein früherer Liebhaber von Noelle Page zu sein. Sorel hatte auf dem Weg in den Gerichtssaal eine Kamera zerschlagen und sich eisern geweigert, mit den Presseleuten zu sprechen. Jetzt saß er in sich zurückgezogen und schweigend auf seinem Platz, von einer unsichtbaren Mauer umgeben. Eine Reihe hinter Sorel saß Armand Gautier. Der hoch gewachsene, düstere Regisseur ließ seinen Blick ständig durch den Gerichtssaal schweifen, als ob er sich in Gedanken Notizen für seinen nächsten Film machte. In der Nähe von Gautier saß Israel Katz, der berühmte französische Chirurg und Widerstandskämpfer.

Zwei Plätze von ihm entfernt saß William Fräser, persönlicher Referent des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Neben Fräser war ein Platz reserviert, und wie ein Steppenbrand fegte das Gerücht durch den Gerichtssaal, dass Constantin Demiris kommen werde.

Wohin der Zuschauer auch seinen Blick wandte, er fand ein bekanntes Gesicht: einen Politiker, einen Sänger, einen Bildhauer, einen international berühmten Autor. Doch wenn auch der Zuschauerraum in dieser Arena des Rechts mit Berühmtheiten besetzt war, der Hauptpunkt des Interesses befand sich im Mittelring.

Auf der einen Seite der Anklagebank saß Noelle Page, unvergleichlich schön, die honigfarbene Haut etwas blasser als üblich, und gekleidet, als hätte sie gerade das Atelier von Madame Chanel verlassen. Noelle hatte etwas Königliches an sich, eine noble Ausstrahlung, die die Dramatik dessen, was ihr widerfuhr, erhöhte. Es schürte die Erregung der Zuschauer und verstärkte ihren Blutdurst.

Ein amerikanisches Nachrichtenmagazin schrieb darüber: Die Empfindungen, die Noelle Page von der Menge aus entgegenströmten, die gekommen war, um Zeuge bei ihrem Prozess zu sein, waren so stark, dass sie im Gerichtssaal fast physisch spürbar wurden. Es war kein Gefühl der Sympathie oder der Feindschaft, es war einfach das Gefühl der Erwartung. Die Frau, der vom Staat wegen eines Mordes der Prozess gemacht wurde, war eine Superfrau, eine Göttin auf einem goldenen Piedestal, die hoch über ihnen stand, und sie waren da, um zuzusehen, wie ihr Idol auf ihre eigene Ebene hinabgezerrt und vernichtet wurde. Das Gefühl im Gerichtssaal muss das gleiche gewesen sein wie das in den Herzen der Bauern, die zusahen, wie Marie Antoinette auf dem Henkerskarren ihrem Untergang entgegenfuhr.

Noelle Page war nicht die einzige Nummer in diesem RechtsZirkus. Auf der anderen Seite der Anklagebank saß, von glühendem Zorn erfüllt, Larry Douglas. Sein anziehendes Gesicht war bleich, und er hatte Gewicht verloren, aber das trug nur dazu bei, seine gemeißelten Züge hervorzuheben, und viele der Frauen im Gerichtssaal verspürten den Drang, ihn in die Arme zu schließen und auf die eine oder andere Weise zu trösten. Seit Larry verhaftet worden war, hatte er Hunderte von Briefen von Frauen aus allen Teilen der Welt, Dutzende von Geschenken und Heiratsanträgen erhalten.

Der dritte Mann in dem Zirkus war Napoleon Chotas, ein Mann, der in Griechenland ebenso bekannt war wie Noelle Page. Napoleon Chotas war einer der anerkannt größten Strafverteidiger der Welt. Er hatte Klienten verteidigt, die von der Unterschlagung bezichtigten Regierungschefs bis zu Mördern reichten, die die Polizei auf frischer Tat ertappt hatte, und nie hatte er einen wichtigen Prozess verloren. Chotas war schlank und sah ausgemergelt aus, und er saß im Gerichtssaal und beobachtete das Publikum mit den großen traurigen Augen eines Bluthunds in einem verwüsteten Gesicht. Wenn Chotas sich an die Geschworenen wandte, sprach er langsam und zögernd und hatte große Schwierigkeiten, sich auszudrücken. Manchmal kam er in eine so peinliche Verlegenheit, dass einer der Geschworenen hilfreich mit dem Wort herausplatzte, nach dem Napoleon Chotas mühsam suchte, und wenn das geschah, erfüllte eine solche Erleichterung und unaussprechliche Dankbarkeit das Gesicht des Anwalts, dass sämtliche Geschworenen von einer Welle der Zuneigung für diesen Mann ergriffen wurden. Außerhalb des Gerichtssaals war Chotas ein treffsicherer, sarkastischer Redner mit vollkommener Beherrschung von Sprache und Syntax. Er sprach sieben Sprachen fließend, und wenn sein Terminplan es erlaubte, hielt er überall in der Welt Vorträge vor Juristen.

Dicht neben Chotas saß auf der Verteidigerbank Frederick Stavros, der Verteidiger von Larry Douglas. Sachkenner stimmten darin überein, dass Stavros befähigt sein mochte, einen Routinefall erfolgreich zu vertreten, dass er hier aber hoffnungslos überfordert war.

In den Zeitungen und im Bewusstsein der Öffentlichkeit war Noelle Page und Larry Douglas schon der Prozess gemacht, und sie waren schuldig gesprochen worden. Niemand zweifelte auch nur einen Augenblick an ihrer Schuld. Professionelle Spieler wetteten dreißig zu eins, dass die Angeklagten verurteilt werden würden. Zu dem Prozess trat also zusätzlich die Spannung, zu beobachten, wie der prominenteste Strafverteidiger Europas seine magische Kraft gegen unüberwindliche Hindernisse einsetzen würde.

Als bekannt gegeben wurde, dass Chotas Noelle Page, die Frau, die Constantin Demiris betrogen und der Lächerlichkeit preisgegeben hatte, verteidigen würde, hatte die Nachricht großes Aufsehen erregt. Wie mächtig Chotas auch war, Constantin Demiris war hundertmal mächtiger, und niemand konnte sich vorstellen, was Chotas dazu getrieben haben mochte, sich gegen Constantin Demiris zu stellen. Die Wahrheit war sogar noch interessanter als die phantastischsten Gerüchte.

Der Anwalt hatte die Verteidigung von Noelle Page auf Demiris' persönliches Ersuchen übernommen.

Drei Monate vor Prozeßbeginn kam der Gefängnisdirektor in Noelles Zelle im Gefängnis in der Sankt-Nikodemus-Straße, um ihr zu sagen, dass Constantin Demiris um Erlaubnis gebeten habe, sie zu besuchen. Noelle hatte sich schon gefragt, wann sie von Demiris hören würde. Seit ihrer Verhaftung hatte kein Wort von ihm sie erreicht, nur tiefes, unheilvolles Schweigen.

Noelle hatte mit Demiris lange genug zusammengelebt, um zu wissen, wie stark seine Eigenliebe war und wie weit er gehen würde, um auch deren kleinste Verletzung zu rächen. Noelle hatte ihn gedemütigt wie kein anderer Mensch je zuvor, und er war mächtig genug, um furchtbare Vergeltung zu üben. Die einzige Frage war: Wie würde er es anfangen? Noelle war überzeugt, dass Demiris etwas so Primitives wie die Bestechung der Geschworenen oder der Richter für unter seiner Würde hielt. Er würde sich mit nichts Geringerem als einem raffinierten machiavellistischen Komplott zufrieden geben, um seine Rache zu nehmen, und Noelle hatte Nacht für Nacht wach in ihrer Zelle gelegen und sich in Demiris' Denkweise versetzt, Überlegung um Überlegung wieder verworfen, genau wie er es auf der Suche nach dem vollkommenen Plan getan haben musste. Es war wie eine geistige Schachpartie mit Demiris, nur dass sie und Larry die Bauern auf dem Brett waren und dass es um Leben und Tod ging.