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»Ich denke, diese Hürde ist genommen«, sagte Hungerford. »Als verantwortungsbewusster Verleger will ich jeden Fehler korrigieren, der sich bei uns einschleicht. Natürlich bin ich bestürzt, dass Mr. Dornwood sich der Arbeit eines anderen bedient hat, ohne darauf hinzuweisen. Das wird richtiggestellt.«

»Richtiggestellt? In welcher Form?«, erkundigte sich Julian, ehe Dornwood eine andere Spielart derselben Frage stottern konnte.

»Wir werden morgen eine Notiz im Spark abdrucken.«

»Eine Notiz! Fabelhaft«, sagte Julian. »Trotzdem ist da noch die Tatsache, dass bereits Tausende von Heften unter Mr. Dornwoods Namen ausgeliefert wurden. Falls irrtümlich Honorare oder Tantiemen an Mr. Dornwood geflossen sind …«

»Sir, das sehe ich genauso wie Sie. Unsere Buchhaltung wird den vollen Betrag ermitteln und direkt an Sie auszahlen.«

»An Mr. Hazzard, wollten Sie sagen.«

»An Mr. Hazzard natürlich.«

»Das beweist eine christliche Haltung«, sagte Julian. »Hab ich Recht, Adam?«

»Schon fast reumütig«, sagte ich und war kein bisschen erstaunt.

»Aber ich habe den Eindruck«, fuhr Julian fort, »obwohl ich kein Experte im Verlagswesen bin, dass Sie dabei eine Gelegenheit verpassen, Mr. Hungerford, und obendrein eine lukrative.«

»Helfen Sie mir«, sagte Hungerford wachsam, während Dornwood sich wie ein geprügelter Schuljunge in seinen Sessel duckte.

»Wir sind uns einig, dass Adam der richtige Autor der Abenteuer des Captain Commongold ist. Hat er seine Sache gut gemacht, was meinen Sie?«

»Das Heft findet reißenden Absatz. Wir gehen in die dritte Auflage. Dann muss es gut sein! Das ist alles Ihre Arbeit, Mr. Hazzard?«

»Bis auf die Zeichensetzung«, sagte ich und funkelte Dornwood an.

»Kommt Ihnen da keine Idee, als Verleger, meine ich?«, sagte Julian. »Adam ist zu bescheiden, um es zur Sprache zu bringen, aber er hat mehr geschrieben als diese unterhaltsamen Tatsachenberichte. Er schreibt an einem Roman. Druckt Ihr Verlag nicht auch Romane, Mr. Hungerford?«

»Wir haben eine bescheidene Reihe gebundener Thriller.«

Julian fragte mich, ob man meinen Roman als »Thriller« bezeichnen könne.

»Es kommen Piraten vor«, sagte ich.

»Sehen Sie! Adam ist erwiesenermaßen ein Bestsellerautor, und er schreibt an einem Buch, in dem Piraten und andere aufregende Personen vorkommen — und hier steht er in Ihrem Büro!«

»Ich lasse einen Vertrag aufsetzen«, sagte Hungerford leise.

»Mr. Hungerford ist ein schlauer Geschäftsmann, Adam. Er möchte deinen Roman veröffentlichen. Werden die Bedingungen großzügig sein, Mr. Hungerford?«

Hungerford nannte eine Riesensumme, das Standardhonorar für Debütanten, wie er sagte. Ich konnte es nicht fassen und muss wohl so blass geworden sein wie Rechtsanwalt Lingley, als er sich dem Neffen des Präsidenten gegenübersah. Ich war sprachlos. Meine Zehen und Finger waren taub.

»Gut«, meinte Julian. »Aber ist Adam wirklich ein Debütant? — Ich meine, erfolgreich ist er doch jetzt schon.«

Hungerford verzog keine Miene und nickte. Er verdoppelte die gigantische Summe. Vielleicht wäre ich in Ohnmacht gefallen, hätte ich mich nicht an den Schreibtisch lehnen können.

»Ist das Honorar in deinem Sinne, Adam?«

Er schloss aus meinem Gestammel, dass dem so war.

»Und was Mr. Dornwood …«, begann Julian.

»Er wird fristlos entlassen«, sagte Hungerford.

»Bitte nicht! Adam will ganz bestimmt nicht, dass Mr. Dornwood noch mehr bestraft wird — jetzt, wo der Wahrheit Rechnung getragen wurde.«

»Da — da muss ich ihm Recht geben«, brachte ich heraus. »Genug ist genug. Meinetwegen soll er seinen Job behalten. Allerdings …«

Dornwood sah mich flehend an. Er war nicht mehr der selbstgefällige Metropolitane, eher der verurteilte Sklave, der vor seinem Pharao kniet und um Gnade winselt. Es war ein komisches Gefühl, Schicksal spielen zu können. Ich hätte eine Entschuldigung verlangen können. Ich hätte seinen Kopf fordern können, und Hungerford hätte ihn mir auf einem Silbertablett serviert. Aber ich bin nicht rachsüchtig.

»Ich hätte gerne Ihre Schreibmaschine«, sagte ich.

Es heißt, die Schreibmaschine sei um 1870 erfunden worden. Seither hat sie viele Wiedergeburten erlebt, kam aber schon vor dem Ende des Öls völlig aus der Mode. Vor kurzem erst wurde sie erneut aus der Taufe gehoben. Moderne Schreibmaschinen werden von Hand gemacht, von Handwerkern, die unzählige rostige Überbleibsel aus den verschiedensten Halden studiert haben. Die Maschinen sind teuer, auch in den Folgekosten. Und sie sind schwer. Julian und ich wechselten uns ab, als wir Dornwoods Schreibmaschine die Straße hinunter zu einem Droschkenstand trugen.

»Sag endlich was«, meinte Julian, »oder ich muss annehmen, du hast die Sprache verloren.«

»Ich bin völlig sprachlos.«

»Katastrophal für einen Schriftsteller.«

Das ließ mich innehalten. War ich denn ein Schriftsteller im professionellen Sinne? Vermutlich schon. Hungerford und sein Anwalt hatten gewollt, dass ich eine Verzichtserklärung unterschrieb. Stattdessen hatte ich einen Vertrag unterschrieben, dass ich einen Roman abliefern würde, und meinen Namen unter eine Empfangsbestätigung für besagte Schreibmaschine gesetzt. Wahrscheinlich waren diese beiden Sachen, der Vertrag und die Schreibmaschine, übliche Vertrauensbekundungen zwischen Verlegern und Autoren.

Ich sagte zu Julian: »Ich hatte keine Ahnung, dass du so was kannst.«

»Was?«

»Was du im Spark gemacht hast. Gehorsam verlangen. Hungerford hat sich praktisch vor dir verbeugt.«

Vom ersten Augenblick unserer Bekanntschaft an hatte ich gewusst, dass Julian Aristokrat war. Und ich wusste, dass man Aristokraten Respekt und Gehorsam schuldete. Doch als Jungen hatten wir diese Maxime nicht beachtet und als Soldaten nicht beachten dürfen und als Freunde nicht beachten wollen, und sie war mir nur selten zu Bewusstsein gekommen. Ein Fremder, sagte ich mir, selbst ein so einflussreicher Geschäftsmann wie Mr. Hungerford, musste in Julian in erster Linie den Neffen des Präsidenten sehen. Hungerford musste davon ausgehen, dass ein falsches Wort von Julian seinem Spark den Garaus machen und seinem Verlag eine dauerhafte Sanktion des Dominions einhandeln konnte. Solcherart waren die Ängste, mit denen Deklan der Eroberer regierte.

Und solcherart waren die Ängste, die Julian hervorrief — zumindest bei Hungerford und dessen Anwalt.

»Manchmal ist es ganz praktisch«, meinte Julian, als wir erst die Schreibmaschine und dann uns in die Droschke bugsierten, »hin und wieder den Familiennamen zu zitieren.«

»Ich stelle mir das schrecklich vor, so viel Macht zu haben und sie auszuüben.«

»Macht, die nur Deklan hat und ausübt, vergiss das nicht.«

»Nicht nur Deklan. Gerade eben hast du dir ein bisschen davon ausgeborgt.«

»Ich hasse das. Der Gedanke macht mich krank. Die Macht, die Gutes tut — das ist die Macht, die ich ausüben will«, sagte Julian.

»Gutes tun kann jeder, Julian, der eine mehr, der andere weniger.« So ähnlich hatte meine Mutter immer gesagt, sie und der Dominion Reader for Young Persons.

»Das Gute, das ich im Schilde führe, erfordert die Macht, die nur wenige Menschen haben.«

»Was führst du denn im Schilde?«

Doch Julian blieb die Antwort schuldig.

Calyxa war nicht beeindruckt von der Schreibmaschine. Sie wies auf die vielen Dellen und Schrammen hin — dabei hatte die Maschine mindestens einmal Labrador und zurück hinter sich und viel von Dornwood wegstecken müssen. Ein bisschen roch sie immer noch nach Alkohol und verbranntem Hasch, war aber gut geölt, funktionierte und tat ohne Murren ihren Job.