Muzorawa lächelte. »Dr. Wo weiß das nicht, natürlich.«
»Sagen Sie das nicht, Zeb«, erwiderte Devlin. »Grant, wenn Sie was brauchen, kommen Sie zu mir. Ich werde mich um Sie kümmern. In Ordnung?«
Die anderen nickten alle oder murmelten zustimmend und Devlin klopfte Grant auf den Rücken, dann ging er weiter zum nächsten Tisch.
Grant wandte sich wieder seinen Tischgenossen zu. »Ist er hier wirklich so wichtig?«
»Das können Sie getrost glauben«, sagte Neumann.
»Er ist hier wirklich der maßgebliche Mann?«
»Inoffiziell«, sagte Muzorawa. »Red ist ein Organisator.«
»Ein Förderer«, sagte Karlstad.
»Jede Organisation hat einen«, fuhr Muzorawa fort. »Jede Organisation braucht einen: eine Person, die den Dienstweg umgehen kann, die es versteht, zwischen den vorgeschriebenen Bahnen zu operieren.«
»Ein Beschaffer«, sagte Neumann.
»Förderer«, beharrte Karlstad, »ist ein besseres Wort.«
Neumann zuckte die Achseln, als sei es ihr nicht wichtig. Grant merkte, dass sie Devlin nicht mochte.
Dann fiel ihm das unterbrochene Gespräch ein. »Kehren wir dahin zurück, wo wir stehen geblieben waren … Sie sagten, es gäbe Leben in Jupiters Ozean?«
»Nicht so laut, bitte!«, raunte Muzorawa.
Karlstad beugte sich über den Tisch zu Grant. »Das Einzige, was wir Ihnen sagen können, ist, dass einige der Tiefensonden dort unten Objekte aufgezeichnet haben, die sich umherbewegen«, flüsterte er.
»Objekte? Lebewesen?«
»Wir wissen es nicht«, sagte Muzorawa mit gedämpfter Stimme. Mit einem Blick zu Karlstad fügte er hinzu: »Und wir haben keine Erlaubnis, darüber zu sprechen, es sei denn, Sie können als Geheimnisträger eine Unbedenklichkeitserklärung vorweisen.«
Grant ließ sich auf den Stuhl zurücksinken. »Ich verstehe«, sagte er. »Selbstverständlich möchte ich Sie nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Oder sich selbst«, sagte Neumann.
»So ist es«, bestätigte Karlstad. »Wie war Ihr Gespräch mit dem Direktor?«
Grant stocherte in seinem Salat. »Er war nicht sehr glücklich mit mir.«
»Warum nicht?«, wollte Hideshi wissen.
Die anderen waren mit ihrem Abendessen fertig. Grant versuchte zu essen, während er sprach.
»Ich war neugierig über diese Erweiterung, die an einer Seite der Station hängt. Versuchte im Computersystem Daten darüber abzurufen. Die Baupläne und so weiter.«
»O weh«, sagte Neumann.
»Sie lösten Alarm aus?«, fragte Muzorawa.
Grant nickte mit einem Mund voll Grün.
Karlstad grinste. »Und was sagte der alte Griesgram?«
Muzorawa versetzte ihm einen Rippenstoß. »An Ihrer Stelle würde ich mit meiner Wortwahl vorsichtiger sein«, sagte er mit halblauter Stimme.
Karlstads Grinsen verblich. »Er kann nicht die ganze Cafeteria verwanzt haben.«
»Das hoffen Sie«, sagte der Schwarze.
Karlstad wandte sich wieder zu Grant. »Was sagte Ihnen der Direktor?«
»Er sagte mir, ich solle meine Nase nicht in sensible Bereiche stecken und schickte mich zum Sicherheitschef.«
»Keine Auspeitschung?«, scherzte Neumann.
»Wer macht diese Woche den Sicherheitschef?«, fragte Hideshi.
»O'Hara«, sagte Muzorawa.
»Also waren Sie bei unserer kleinen Laynie«, sagte Karlstad.
»So klein ist sie nicht«, erwiderte Grant. »Jedenfalls größer als ich.«
Karlstad lächelte breit. »War sie grausam zu Ihnen?«
Grant war verdutzt. Bevor ihm eine Antwort einfiel, ließ sich Hideshi vernehmen.
»Egon ist in Lane vernarrt. Hat Fieberphantasien über sie.«
»Es ist mehr als eine Phantasie«, sagte Karlstad grinsend.
»In Ihren Träumen«, bemerkte Neumann.
»Warten Sie«, sagte Grant. »Sie sagten, sie sei diese Woche Sicherheitschef? Bedeutet das, dass sie den Posten nicht immer hat?«
Muzorawa nickte. »Solange der Sicherheitschef krankheitshalber Heimaturlaub hat, wechseln alle Scooter sich wöchentlich in dem Job ab.«
»Scooter?«
»Alle wissenschaftlichen Mitarbeiter werden hier Scooter genannt«, erläuterte Hideshi.
»Der alte Griesgram traut keinem von uns, um ihn oder sie zum ständigen Vertreter des Sicherheitschefs zu machen, darum hat er die Jobrotation eingeführt.«
»Nein, das ist es nicht«, widersprach Muzorawa. »Die Leute haben alle ihre Arbeit, von der sie nicht auf Dauer abgezogen werden können, ohne die verschiedenen Projekte zu gefährden.«
»Wozu wird hier überhaupt ein Sicherheitschef gebraucht?«, fragte Grant. »Was geht hier vor, das so geheim ist?«
Wieder zögerten sie, tauschten Blicke.
»Warum sollten mögliche Lebensformen im Jupiterozean als sensible Information betrachtet werden?«, drängte Grant.
»Das ist Dr. Wos Entscheidung«, sagte Muzorawa mit gedämpfter Stimme. »Sie werden ihn danach fragen müssen.«
Verdrießlich schüttelte Grant den Kopf. »Nein danke.«
»Sie haben also mit Laynie gesprochen, wie?«, fragte Karlstad mit erneutem Grinsen.
Grant nickte mit vollem Mund.
»Sie ist Meeresbiologin, wissen Sie.«
»So?«
»Ich wünschte, ich wäre ein Meeresbewohner«, sagte Karlstad.
Die anderen lachten. Dann sagte Neumann: »Sie könnten mit Grant hinuntergehen, Egon, und ihm die Fischtanks zeigen.«
»Ach ja«, ergänzte Hideshi. »Dort könnten Sie zufällig Lane treffen, Egon.«
»Keine schlechte Idee«, sagte Karlstad.
Während Grant seine Nachspeise aß, die aus einer Schnitte frischer Melone und Eiscreme aus Sojamilch bestand, kam ein riesenhafter junger Mann in einem Overall, der aus den Nähten zu platzen drohte, griff sich einen leeren Stuhl, drehte ihn mit einer Hand herum, schwang ein kräftiges Bein darüber und legte die muskulösen Arme auf die Stuhllehne. Mit seinem dunklen, herabhängenden Schnurrbart nahm er sich in Grants Augen wie ein Bandit aus.
Karlstad sagte: »Grant Archer, dies ist Ignacio Quintero.«
»Nacho«, sagte der Neuankömmling mit einer überraschend weichen Tenorstimme.
»Bekannt auch als Macho Nacho«, sagte Karlstad.
Quintero sah aus wie ein Footballstürmer: groß in jeder Richtung. Aber er lächelte angenehm, und seine braunen Augen blickten freundlich.
Er streckte Grant eine Pranke hin. »Sehr erfreut. Bienvenido und so weiter, Amigo.«
Grant tauschte einen Händedruck mit ihm.
»Nacho arbeitet mit uns«, erläuterte Karlstad. »Er ist Hochbauingenieur und Statiker, aber sein Haupttalent ist Unterhaltung.«
»Unterhaltung?«, fragte Grant.
Quintero hob die massigen Schultern. »Ich versuche die Leute bei Laune zu halten. Es wird hier zu langweilig. Zu ernst.«
»Einmal streute er gemahlenen schwarzen Pfeffer in das System der Luftzirkulation, und als die Leute anfingen, wie verrückt zu niesen, verbreitete er ein Gerücht über ein geheimnisvolles Virus, das eine Seuche verursache.«
Quintero machte mit beiden Händen eine beschwichtigende Geste. »He, nicht so laut, Amigo. Die Mediziner wissen noch nicht, dass ich es war.«
»Von anderen Streichen ganz zu schweigen.«
Quintero wedelte abwehrend mit der Hand. »Meistens hatte ich reichlich Unterstützung.« Er wandte sich zu Grant. »Nun, was tun Sie hier?«
Grant erklärte, dass er Astrophysik studiere und seinen Arbeitsauftrag noch nicht bekommen habe.
Quintero kratzte sich den schwarzgelockten Kopf. »Astrophysik? Für so etwas sind Sie hier in der falschen Gegend.«
Grant nickte, und Karlstad sagte: »Ich zeige Grant das Aquarium. Wollen Sie mitkommen?«