Etwas ging über Quinteros Gesicht, ein Ausdruck, der so schnell kam und ging, dass Grant nicht sagen konnte, was es war.
»Nichts zu machen, Amigo. Muss zu viel Arbeit nachholen. Wo hat uns auf Zweischichtenbetrieb gesetzt.«
»Zweischichtenbetrieb?«, fragte Grant. »Woran arbeiten Sie?«
Quintero blickte zu Karlstad, dann stemmte er sich von seinem Stuhl in die Höhe. »Muss mich auf die Socken machen. War fein, Ihre Bekanntschaft zu machen, Grant. Adios muchachos!«
Beinahe im Laufschritt eilte er hinaus.
Sobald Grant seine Nachspeise verzehrt hatte, begleitete Karlstad ihn durch den Korridor.
»Wir könnten das auch morgen machen«, bemerkte Grant. »Ich meine, wenn Sie sich für die Nacht zurückziehen wollen …«
»Nein, nein«, sagte Karlstad. »Manchmal bleibe ich sogar bis nach zehn auf.«
Grant wusste nicht, ob das ein Scherz sein sollte oder nicht, also schwieg er. Karlstad schien es eilig zu haben, zu den Fischtanks zu kommen, was immer dort war. Grant konnte nicht glauben, dass die Station ein eingebautes Aquarium hatte, aber das rührte an die Frage, warum es im wissenschaftlichen Personal eine Meeresbiologin gab.
Karlstad marschierte in flottem Tempo durch den Korridor. Die langen Beine verliehen seinen Schritten etwas Gleitendes, beinahe Gespenstisches, aber der Ausdruck seines blassen Gesichts schien lebhaft. Grant hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Der Korridor lag verlassen, menschenleer. Alle Türen waren für die Nacht geschlossen.
Weiter voraus aber schien der Korridor an einem Metallschott zu enden, in das eine einzige kleine Tür eingelassen war. Nein, keine Tür, sah Grant im Näherkommen. Es war eine luftdicht schließende Luke wie ein Notausstieg oder die Luken von Luftschleusen, mit einem Sicherheitsverschluss, der über ein Scannerfeld aktiviert wurde.
Über der Luke verkündeten Buchstaben in verblassender roter Farbe ZUTRITT NUR FÜR BEFUGTE. Jemand hatte daruntergekritzelt Angeln verboten. Das Metall des Schotts wies mehrere frisch gereinigte und übermalte Stellen auf. Anscheinend waren andere Graffiti an die Wand gemalt oder hineingekratzt, dann aber entfernt und übermalt worden.
»Wo versucht den Graffitikünstlern auf den Fersen zu bleiben«, erläuterte Karlstad. »Wenn er einen dabei erwischt, verbringt der Betreffende die Freizeit der nächsten Woche bei Sheena mit Schrubben und Anstreichen.«
Grant zeigte zur Inschrift über der Luke hinauf. »Sind wir Berechtigte?«
Karlstad hob die schmalen Schultern. »Wir sind es, wenn unser Handabdruck registriert ist und wir den Eingangscode wissen.«
Er legte die Rechte aufs Scannerfeld, dann tippte er mit schnellen, nervösen Fingern den Zahlencode. Das rote Licht über den Ziffertasten wurde grün, und die Luke öffnete sich mit einem Seufzen und einem dünnen Schwall kühler feuchter Luft von der anderen Seite des Schotts.
Grunzend vor Anstrengung, zog Karlstad die schwere Stahlluke auf. »Laynie gab mir die Kombination«, bemerkte er. »Sie spielt gern hier drinnen. Und sie weiß ein Publikum zu schätzen.«
Völlig konfus stieg Grant über den Süllrand der Luke. Dieser Abschnitt der Station war kühler und klamm von Feuchtigkeit. Der Korridor war hier viel schmaler und trübe erhellt, doch konnte Grant Licht entlang der Wand sehen.
Dann stockte ihm der Atem. Es war tatsächlich ein Aquarium! Der Lichtschein drang aus einem dicken, langen Fenster. Hinter ihm schwamm eine verwirrende Vielfalt von Fischen, großen und kleinen. Manche suchten den kiesbestreuten Boden nach Nahrung ab, andere zogen einzeln oder in Schwärmen zwischen Wasserpflanzen, die sich in leichter Strömung wiegten. Alle Farben des Regenbogens waren vertreten, Streifen und Punkte, silbrig schimmernde Schuppen und die stumpfen graubraunen Tarnkleider von Kraken, die sich durch das Wasser schnellten oder mit ihren Tentakeln den Grund nach Nahrung absuchten.
»Aquakultur«, sagte Karlstad. »Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass man mit Fischfarmen mehr Protein auf weniger Raum erzeugen kann als mit Fleischtieren. Kommen Sie mit.« Karlstad winkte ihm und ging weiter durch den schmalen Korridor. »Dies müssen Sie sehen.«
Sie passierten weitere Tanks, in denen es von Fischen wimmelte. Das matte, kalte Licht der Unterwasserbeleuchtung ließ Karlstad mit seinem silbrigen Haar und der blassen Gesichtsfarbe noch geisterhafter als sonst erscheinen.
Dann blieb er stehen und zeigte mit dem Daumen zum nächsten Aquarium. »Das ist Laynies Spielwiese«, sagte er mit boshaftem Grinsen.
Grant spähte in den Tank. Zwei Delphine schwammen dort, große, elegante Exemplare, größer als Pferde. Mühelos und spielerisch glitten sie durch das Wasser.
»Ihr Tank ist fast einen Kilometer lang«, bemerkte Karlstad. »Auch Fische leben darin, die den Delphinen als Nahrung dienen, und von Zeit zu Zeit werden die Verbindungen mit den anderen Tanks geöffnet, um den Fischbesatz gleichmäßiger zu verteilen.«
Grant staunte mit offenem Mund. Er hörte sich selbst mit schwacher Stimme fragen: »Warum, in aller Welt, brachten Sie Delphine hierher?«
Karlstad grunzte geringschätzig. »Wos Idee. Unsere intellektuellen Vettern nennt er sie. Denkt, die Delphine könnten uns helfen, Jupiters Ozean zu erforschen.«
»Unsere intellektuellen Vettern«, wiederholte Grant nachdenklich, während er die anmutigen Delphine beobachtete. Sie schienen ihn anzulächeln, als sie vorbeischwammen, dann kehrten sie um und nahmen ihn wieder in Augenschein.
»Es gibt hier noch etwas, das Sie sehen sollten«, sagte Karlstad und bedeutete Grant, ihm weiter durch den Korridor zu folgen.
»Was denn?«, fragte Grant, als sie am Ende des Delphintanks vorbeigingen. Die Beleuchtung war hier noch trüber, die Wände zu beiden Seiten des schmalen Korridors von nacktem Metall.
»Still jetzt«, flüsterte Karlstad, den Finger an die Lippen gelegt.
Langsam und mit leisen Schritten gingen die beiden weiter, bis Karlstad stehen blieb und Grant bedeutete, vorauszugehen. »Es ist auf der rechten Seite«, flüsterte er ihm zu.
Grant schlich auf Zehenspitzen durch die Schatten, bis er zur Rechten eine Öffnung in der Wand sah. Er blickte zurück zu Karlstad, der ihm zunickte und eine auffordernde Handbewegung machte.
Zögernd trat Grant in die breite Öffnung und sah vor sich eine fast dunkle Kammer. In der rückwärtigen Ecke, ungefähr drei Meter von ihm, war etwas, ein schwarzer Haufen …
Ein ausgewachsener Gorilla öffnete die Augen. Er hatte auf einem Lager aus Decken und Matratzen geschlafen und war offenbar durch Grants Annäherung wach geworden. Es gab keine Gitterstäbe zwischen ihnen, keine Trennwand irgendwelcher Art.
Bevor Grant einen klaren Gedanken fassen konnte, kam der Gorilla von seinem Lager hoch, und bleckte die Zähne, auf die Knöchel der kräftigen Arme gestützt. Grant fühlte die Wärmeausstrahlung seines Körpers, und roch die Ausdünstung seines Fells.
Er stand wie versteinert, als der Gorilla seinen dicken, haarigen Arm hob.
»Nein!«, sagte er mit kehliger, gutturaler Stimme. Seine offene Hand war dick und schwarz und sah ungemein kräftig aus. »Du gehen! Gleich!«
10. SHEENA
Grant stand wie angewurzelt, wagte keine Bewegung, und hielt unwillkürlich den Atem an, als der ärgerliche Gorilla halb aufgerichtet, die langen Arme am Boden abgestützt, einen schwerfälligen Schritt auf ihn zukam.
Und er sprach! — »Du gehen!«, wiederholte er, Grant hörte Karlstad hinter sich ein seltsam unterdrücktes Geräusch machen, und als er ein wenig den Kopf seitwärts drehte, sah er den anderen an mühsam unterdrücktem Gelächter beinahe ersticken. Der Gorilla blickte nun auch zu Karlstad.
Der trat neben Grant und sagte in freundlichem Ton: »Nur ruhig, Sheena, alles ist gut. Du kennst mich.« Er lächelte breit, war aber bemüht, nicht die Zähne zu zeigen.