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Und er bemerkte noch etwas. Marjorie beendete ihre Botschaften nicht mehr mit einer Zählung der Stunden bis zu ihrer Wiedervereinigung.

Ich habe sie verloren, sagte er sich. Bis ich in die Heimat zurückkehre, werden wir einander Fremde sein.

Gleichwohl brachte er es nicht über sich, Marjorie seine Befürchtungen mitzuteilen. Er konnte ihr nicht von seiner Einsamkeit erzählen, seiner Müdigkeit, seiner wachsenden Verzweiflung. Er versuchte optimistisch und fröhlich zu sein, wenn er zu ihr sprach, und wusste dabei, dass sie in ihren Botschaften an ihn das Gleiche tat. Versuchte sie ihn aufzumuntern? Oder war sie nur nett zu ihm? Liebte sie ihn noch?

Dann fragte er sich, ob er sie noch liebte, und war schockiert über die Erkenntnis, dass er nicht sicher wusste, ob das der Fall war.

* * *

Ziemlich häufig sah er Sheena, wenn sie gemächlich durch den schmalen Korridor des Aquariums wanderte oder still in ihrer Kammer saß und Berge von Sellerie und Melonen verzehrte. Das Gorillaweibchen war wie ein dreijähriges Kind: ihr Repertoire an Verhaltensweisen war bald erschöpft, und ihre Konversation beschränkte sich auf vielleicht anderthalb Dutzend einfache Erklärungen. Bisweilen wunderte sich Grant, dass er einen sprechenden Gorilla als alltäglich hinnehmen konnte.

Auf der anderen Seite war Sheena so massig und stark, dass sie Grant ängstigte, obgleich sie keine Neigung zur Gewalttätigkeit zeigte. Aber jedes Mal, wenn er in die tiefbraunen Augen des Gorillas blickte, sah er etwas dort, ein Verstehen, eine Intelligenz, die ihn verunsichern konnte. Und manchmal hatte er Albträume, in denen Sheena plötzlich zu einem brüllenden, wütenden Ungeheuer wurde, das ihn mit den Bärenkräften ihrer kräftigen Arme erdrückte oder anfing, ihn in Stücke zu reißen.

Die einzige Spur von Befriedigung in Grants Leben waren die Delphine. Elegant und stromlinienförmig, glitten sie mühelos durch die großen Aquariumtanks, ein ständiges Lächeln in den Gesichtern. Dabei sprachen sie miteinander in knackenden und quietschenden Lauten wie eine Gruppe schwatzender Schulkinder.

Es gab sechs von ihnen in dem großen Becken, dazu ein Junges, das noch von der Mutter gesäugt wurde und mit jedem Tag merklich größer wurde. Sie schienen Grant zu beobachten, wenn er außerhalb ihres Tanks stand und sie betrachtete. Er glaubte zu sehen, wie ihre Augen sich auf ihn richteten. Wenn er ihnen zuwinkte, antworteten sie mit einem Ausbruch klickender und knackender Geräusche.

»Sie begrüßen Sie.«

Erschrocken fuhr Grant herum und sah Lane O'Hara ein paar Schritte entfernt stehen. Ihr Rollkragenpullover war von einem warmen Goldgelb; ein reizvoller Kontrast zu ihrem hellbraunen Haar.

»Winken Sie Ihnen noch einmal«, sagte sie.

Grant tat es und bekam wieder Antwort von den Delphinen. »Haben Sie gehört? Die gleiche Antwort, nicht wahr.«

»Ich hörte nur ein Klicken und Knacken«, gestand Grant.

»Richtig. Aber es war die gleiche Serie von Geräuschen. Sie haben ihre eigene Sprache, müssen Sie wissen.«

»Ich weiß, dass sie sich miteinander verständigen.«

»Und wir versuchen, uns mit ihnen zu verständigen.«

»Ich habe von Versuchen gelesen, mit Delphinen zu sprechen. Sie reichen weiter als hundert Jahre zurück.«

»So ist es«, sagte sie.

»Ohne Erfolg.«

»Ohne Erfolg, sagen Sie? Sind Sie dessen sicher?«

In die Defensive gedrängt, sagte Grant: »Ich habe nie von einer erfolgreichen Verständigung gehört.«

»Na, dann hören Sie sich dies an.« Lane ging zu einem Telefon, das in einem Stahlrahmen zwischen den großen Panzerglastafeln des Tanks für Stabilität sorgte.

Mit einem wissenden Blick zu Grant drückte sie auf den Einschaltknopf und sagte in die Mikrofonöffnung: »Einen schönen guten Morgen, Lancelot. Und dir, Guinevere.«

Zwei der Delphine schwammen auf O'Hara zu, nickten mit dem Kopf und stießen eine Serie schneller Knacklaute aus, darauf ein pfeifendes Quietschen.

»Und wie geht es dem kleinen Galahad?«

Mehr Geschnatter von den Delphinen. Das Junge kam zum Fenster, gefolgt von einem weiteren Erwachsenen. Grant stand da, sah zu und versuchte ein zunehmendes Gefühl von Verdruss zu unterdrücken. Entweder macht sie sich über mich lustig, oder sie hält sich selbst zum Narren, dachte er.

O'Hara sagte: »Ich muss jetzt gehen. Und in ein paar Minuten ist eure Fütterungszeit. Später werde ich wieder zu euch kommen.«

Sie schaltete aus und wandte sich von der Scheibe ab. Die Delphine schnatterten noch ein paar Augenblicke lang, dann schwammen sie fort.

O'Hara lächelte verschmitzt, als hätte sie in einer wichtigen Debatte die Oberhand behalten. »Sehen Sie?«, sagte sie.

Grant gab sich neutral. »Nun, Sie sprachen, und die Delphine schnatterten, aber ich weiß nicht, ob Sie das Verständigung nennen können.«

»Meinen Sie nicht? Dann kommen Sie mit mir ins Labor.«

Sie ging voraus den Korridor entlang. Es war kaum Platz genug, zu zweit nebeneinander zu gehen, und als Grant ihr folgte, bemerkte er, dass sie ein wenig hinkte.

»Haben Sie sich am Bein verletzt?«, fragte er.

»Verletzt, ja«, erwiderte O'Hara. »Das könnte man sagen.«

»Wie?«, fragte er. »Wann?«

»Es ist nicht wichtig.«

Damit war das Thema beendet. Grant trottete ihr nach und sah, dass sie noch immer die schwarzen Leggings mit den Metallknöpfen trug, mit denen auch Muzorawa und ein paar andere ständig herumzulaufen schienen. Er wollte danach fragen, aber O'Haras abrupte Verweigerung einer Antwort verschloss ihm den Mund.

Sie stiegen durch die Luke am Ende des Aquariums und setzten ihren Weg durch den breiteren Hauptkorridor der Station fort, vorbei an allen Biologielaboratorien. Grant begann sich zu fragen, wohin sie ihn führte, als sie stehen blieb und eine Tür öffnete, welche die Aufschrift trug: KOMMUNIKATIONSLABOR — ZUTRITT NUR FÜR BEFUGTE.

Grant folgte ihr in einen Raum, der wie das Hinterzimmer eines Elektronikladens aussah. Computer standen aufgereiht an den Wänden, die meisten offenbar nicht in Betrieb, aber ein paar Techniker saßen an ihren Plätzen, hatten Kopfhörer über den Ohren und Stiftmikrofone, die beinahe ihre Lippen berührten.

O'Hara führte Grant zu einem freien Computer und sagte ihm, er solle sich setzen und das Gerät einschalten. Sobald er das getan hatte, beugte sie sich über seine Schulter und hob den Kopfhörer vom Tisch. Sie verwendete eine Art Parfüm, bemerkte Grant, etwas Kräuterartiges und Blumiges, das an eine weit entfernte Welt erinnerte.

»Nun, legen Sie die Kopfhörer an«, sagte sie und stieß ihm das Ding in die Hände.

Grant zog die Kopfhörer über den Scheitel. Die gepolsterten Hörer löschten das Summen der Maschine und die gedämpften Stimmen der anderen aus. Als er das Stiftmikrofon vor den Mund schwenkte, tippte O'Hara mit einem ausgestreckten Zeigefinger auf die Tastatur. Ihre Nägel waren rosa lackiert.

Dann hob sie einen Kopfhörer leicht an und sagte: »Es gibt keine Bildübertragung. Sie werden nur die Audioaufzeichnung bekommen.«

Grant nickte, als sie den Kopfhörer wieder an sein Ohr schnappen ließ. Der Bildschirm des Computers zeigte das Tagesdatum und eine Uhrzeit; Grant sah, dass sie nur ein paar Minuten zurücklag. Anscheinend war es eine Aufzeichnung ihres Gesprächs mit den Delphinen.

Und tatsächlich hörte er O'Haras Stimme: »Einen schönen guten Morgen, Lancelot. Und dir, Guinevere.«