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»Was hat das damit zu tun?«

»Ich kann eine VR-Simulation für Sie machen, ganz speziell. Geben Sie mir einfach ein paar Videos von Ihrer Frau, und ich werde eine Simulation zusammenbasteln, die genauso sein wird als ob sie bei Ihnen wäre, beinahe.«

Grant sperrte den Mund auf.

»Ganz sicher, das kann ich machen«, sagte Devlin, der Grants schockiertes Schweigen missdeutete. »Hab's auch für Egon gemacht, wissen Sie. Hab ihn mit Laynie versorgt … in virtueller Realität.«

Lieber Gott im Himmel, dachte Grant. Also waren Egons Phantasien über Lane O'Hara nicht bloß Wunschvorstellungen. Er hat sich ein VR-Video mit ihr darin zusammenbasteln lassen. Vielleicht mehr als eines.

»Wie wär's, Grant?«, fragte Devlin. Aber Grant dachte an etwas anderes. Wenn Lane davon wüsste, würde sie alle beide umbringen.

»Na, was ist?«

»Nein danke«, sagte Grant mit fester Stimme. »Nichts für mich.«

Er wandte sich ab und ging davon. Heißer Kakao aus dem Becher schwappte über seine Finger. Niemals würde er diesen Kerl mit seinen schmutzigen Pfoten an Videos von Marjorie heranlassen, sagte er sich. Niemals.

* * *

Tage später war Grant im biochemischen Labor und überprüfte die feinen Glasgegenstände, die er aus der Spülmaschine nahm, um sich zu vergewissern, dass nichts zerbrochen oder angeschlagen war. Die Reagenzgläser und Retorten waren noch warm. Er hatte überlegt, dass es viel effizienter sein würde, wenn man die Laborgläser aus unzerbrechlichem Glas machen würde, überlegte dann aber, dass es zu teuer sein würde.

Es war billiger, die Scherben aufzulesen und in die Wiederverwertung zu geben. Geradeso wie angehende Studenten einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber Robotern darstellen, verwendete man altmodisches, bruchempfindliches Glas anstelle des feuer- und bruchfesten Materials.

»Ich habe Sie schon länger nicht gesehen.«

Die Stimme erschreckte Grant so sehr, dass er beinahe den Destillierkolben fallen ließ, den er hielt.

Aufblickend sah er, dass es Zareb Muzorawa war.

»Ach … ich war immer hier«, sagte Grant. »Bin ziemlich … ah … beschäftigt gewesen, wissen Sie.«

Muzorawa hakte ein Bein über einen Laborhocker und setzte sich halb darauf. Noch immer trug er die Leggings mit Metallknöpfen, sah Grant.

»Was zwischen Lane und Egon geschehen ist, war nicht Ihr Fehler, mein Freund«, sagte Muzorawa mit ernster Miene.

»Ja, sicher. Das weiß ich.« Grant machte sich wieder daran, die Spülmaschine zu entladen.

»Lane erzählte mir von Ihrem Gespräch mit ihr.«

Grant sagte nichts und beschäftigte sich mit den Gläsern.

»Sie können sich nicht die ganze Zeit verstecken, Grant«, sagte Muzorawa. »So groß ist die Station nicht.«

Grant richtete sich auf und blickte dem Mann ins Auge. »Es ist mir sehr peinlich. Ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen.«

»Es war nicht Ihr Fehler. Niemand nimmt Ihnen etwas übel. Lane und Egon sind nicht einmal wütend aufeinander, nicht mehr.«

»Ich sehe nicht, wie das möglich sein sollte.«

Muzorawa lachte freundlich. »Sie hatten eine Friedenskonferenz. Er erklärte sich bereit, keine Geschichten mehr über sie zu erzählen, und sie versprach, ihn nicht mehr mit Lebensmitteln zu schmücken.«

»Wirklich?«

»Wirklich.«

Grant fühlte sich erleichtert. »Und sie nehmen mir nichts übel?«

»Warum sollten sie?«

Bevor Grant sich eine Antwort ausdenken konnte, wechselte Muzorawa das Thema. »Macht Ihnen Ihre Arbeit Spaß?«

Grant sank wieder der Mut. »Das ist überhaupt nicht spaßig.«

»Es war nicht als Spaß gedacht.«

Grant hatte inzwischen die Spülmaschine geleert und brachte die glänzenden Glasartikel wieder in ihren Schränken unter. »Die Arbeit macht mir nichts aus«, bekannte er, während er die Gläser einräumte, »es ist die Zeit, die ich verliere. Das tut weh.«

»Ah, ja«, sagte Muzorawa. Er rückte ein wenig auf dem Hocker und streckte die Beine, als bereiteten sie ihm Schmerzen.

»Ich sollte für mein Studienfach arbeiten«, fuhr Grant fort. Der Gedanke machte ihn wieder zornig. »Wie, in Gottes Namen, kann ich das tun, wenn es nicht einmal einen Astrophysiker in der Station gibt?«

Muzorawa nickte ernst. »Ja, ich verstehe.«

»Wie die Sache aussieht, kann ich meine gesamten vier Jahre hier verbringen, ohne in meinem Studium einen Schritt voranzukommen.«

»Das wäre schade.«

»Schade? Es ist eine Tragödie! Es ruiniert mein ganzes Leben!«

»Nun, Sie sind noch jung«, erwiderte Muzorawa. »Auch ich habe viele Stunden Dreckarbeit gemacht, als ich Studienanfänger in Kairo war.«

»Sie sind Ägypter?« Grant hatte angenommen, Ägypter seien braunhäutige Araber, keine tiefschwarzen Neger.

Muzorawa schüttelte den Kopf. »Ich bin Sudanese. Der Sudan grenzt an Ägypten. In alten Zeiten hieß das Land Nubien.«

»Ach so.«

»Ich habe mein Studium an der Universität Kairo abgeschlossen.«

»Verstehe.«

»Dort ist es für einen Schwarzen leichter als an den meisten europäischen Universitäten.«

»In den Vereinigten Staaten haben wir Gesetze gegen Rassenvorurteile.«

Muzorawa grunzte. »Ja, ich kenne Ihre Gesetze. Und die Realitäten dahinter.«

»Die Neue Ethik sorgt dafür, dass es in den Schulen keine rassischen Voreingenommenheiten gibt«, sagte Grant.

»Na, na.«

»Wirklich!«

Muzorawa hob die breiten Schultern und fragte: »Sagen Sie, haben Sie vielleicht Einführungskurse in Flüssigkeitsdynamik genommen?«

Überrascht von dem neuen plötzlichen Themenwechsel, antwortete Grant zögernd: »Ah … einen. Man muss eine Ahnung von Flüssigkeitsdynamik haben, um zu verstehen, wie es im Inneren eines Sterns zugeht.«

»Verdichtete Materie.«

Grant nickte. »Und umgewandelte Materie.«

Muzorawa nickte ebenfalls, und die beiden begannen ein Gespräch über Flüssigkeitsdynamik, ein Thema das sicher und sauber war, weil hier die Mathematik regierte, statt der unordentlichen und schmerzhaften menschlichen Beziehungen.

Muzorawa benutzte einen der Datenanschlüsse im Chemielabor, um Grant die Probleme des weltumspannenden Jupiterozeans zu zeigen, an denen er arbeitete. Grant verstand die Anfangsgründe und lauschte aufmerksam, als der andere die Einzelheiten erklärte. In einer Weise war er herzlich dankbar, dass Muzorawa sich die Zeit nahm, einen Funken von Interesse in die langweilige Routine seines öden Tagesablaufs zu bringen.

Es endete allzu früh. Mit einem Blick zur Uhr sagte Muzorawa: »Ich fürchte, ich muss gehen. Wo hat eine Versammlung der Abteilungsleiter einberufen. Es geht um Vorschläge für die Verteilung der Budgets.«

Grant nickte. »Danke, dass Sie hereingeschaut haben.«

Muzorawa schenkte ihm ein blendendes Lächeln. »Nicht der Rede wert. Und hören Sie auf mit dem Einsiedlerleben! Essen Sie mit uns zu Abend.«

»Uns?«

»Egon, Tamiko, Ursula …«

»Lane?«

Er legte den Kopf ein wenig schief. »Ja, vielleicht sogar sie. Aber wir passen auf, dass Egon bei Tisch außer Reichweite von ihr sitzt!«

Grant lachte.

»Wir werden sie neben Sie setzen.«

* * *

Er hielt Wort.

Besorgt und unsicher betrat Grant die Cafeteria mit dem ersten Schwall von Menschen, die zum Abendessen kamen. Als er sich in die Schlange vor der Essenausgabe einreihte, sein Tablett weiterschob und geistesabwesend seine Auswahl traf, hielt er Ausschau nach Muzorawa oder Karlstad oder den anderen. Keiner von ihnen war in Sicht.

Dann sah er O'Hara hinten in der Schlange, und ein paar Köpfe hinter ihr tauchte Muzorawas bärtiges Gesicht auf. Als er sein Tablett beladen hatte, standen auch Karlstad, Kayla Ukara und Tamiko Hideshi in der Schlange.