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»Ach du liebe Zeit. Ich habe das Eis verschüttet.«

»Ich werde Ihnen helfen«, sagte Grant. Aber es war nicht leicht, aus der Couch hochzukommen. Er stellte seinen Teller auf den Boden, und doch kam er erst beim dritten Versuch in die Höhe.

»Ich fürchte, etwas davon ist auf Ihre Hose gekommen«, sagte sie, schon unterwegs zur Einbauküche.

»Das macht nichts. Es lässt sich auswaschen.«

»Hier ist ein Wischtuch«, sagte sie, als sie zurückkam und ihm den feuchten Lappen gab.

Grant konnte im Sternenlicht nicht gut sehen. Der matte Lichtschein vom Boden warf Schatten über seine Hosen. Er tupfte daran herum.

»Es tut mir schrecklich Leid, dass ich so ungeschickt war«, sagte O'Hara. Sie schien wirklich aufgeregt über das kleine Malheur.

»Es macht nichts. Machen Sie sich deswegen keine Gedanken.« Er sagte es fast geistesabwesend, vollständig beherrscht von dem, was sie ihm gerade über Wos verhängnisvolle Mission in den Jupiterozean erzählt hatte.

»Es liegt an meinen Beinen, müssen Sie wissen«, fuhr O'Hara fort. »Seit sie die Biochips implantierten, ist es mir nicht gelungen, sie wieder ganz in Ordnung zu bringen. Sie sagen uns, wir sollten uns keine Sorgen machen, die Beine seien sowieso ziemlich nutzlos, wenn wir an Bord herumschwimmen, aber das macht es hier und jetzt nicht einfacher, im Gegenteil.«

»Machen Sie sich keine Sorgen darum.« Grant fand, dass es schwachsinnig klang, wusste aber nicht, was er sonst sagen sollte.

Sie standen zusammen im matten Sternenlicht, so nahe, dass er ihren Atem fühlen konnte. Am liebsten hätte er sie in die Arme genommen und geküsst und aufgehoben und zur Couch getragen. Er spürte die Elektrizität, die zwischen ihnen knisterte.

Lane stand schweigend und unbewegt vor ihm, als warte sie darauf, dass er etwas sagen, tun oder eine Bewegung machen würde.

»Ich sollte jetzt besser gehen«, hörte er sich mit zittriger Stimme sagen.

»Ja, richtig«, erwiderte sie.

»Danke, dass Sie mir das alles erzählt haben«, sagte er, dann, um eine aufhellende Note hineinzubringen: »Und für das Eis.«

Sie lächelte traurig. »Sie haben es an der Hose, fürchte ich.«

Er zuckte die Achseln. »Kein Problem.«

Sie gingen zur Tür, und Lane öffnete sie. Einem Impuls folgend streifte er ihre Wange leicht mit den Lippen. Sie legte ihm eine Hand an den Oberarm und flüsterte: »So geht es nicht, Grant. Nicht mehr. Es sind die Biochips, sehen Sie … man ist wie geschlechtslos.«

Grant trat schockiert einen Schritt zurück.

»Vielleicht nach der Mission«, sagte O'Hara, aber es klang trübe und hoffnungslos, als wäre sie ein verwaistes Kind. »Vielleicht dann, wenn sie die Biochips entfernen …«

Verlegen um ein passendes Wort, überhaupt um jedes Wort, trat Grant in den Korridor hinaus und schritt eilig davon.

Geschlechtslos!, hallte es in ihm nach. Dr. Wo hatte ihr dies angetan. Ihr und Zeb und allen anderen, die zur Teilnahme an der Mission ausersehen waren.

Kein Wunder, dass sie sich über Egon geärgert hatte; er musste genau gewusst haben, dass sie sich nicht mit ihm einlassen würde …

Ihm brummte der Schädel. Aber dann, als er ziellos an seiner eigenen Tür vorbei und blindlings den Korridor entlangwanderte, fiel ihm ein, dass Lane angedeutet hatte, sie würde nach der Mission vielleicht an ihm interessiert sein, nachdem die Neurochirurgen ihren Normalzustand wiederhergestellt hätten.

Sie weiß, dass ich verheiratet bin, sagte er sich. Und ich küsste sie. Ich wollte mit ihr schlafen! Ich hätte mein Ehegelöbnis gebrochen. Er wusste, dass er sich beschämt, untröstlich fühlen sollte. Untreue in Gedanken war beinahe so schlimm wie wirklicher Ehebruch.

Stattdessen aber fühlte er sich seltsam aufgeregt, beinahe erfreut. Das ist falsch, sagte er sich. Du begehst eine Sünde.

Drei uniformierte Wachen kamen den Korridor entlang auf ihn zu, zwei Frauen und der Hauptmann der Wache, ein großer, athletischer Albaner mit einer langen Patriziernase und grauer Bürstenfrisur. Er hatte den Körperbau eines Athleten: Muskeln spannten sein Uniformhemd.

»Überstunden?«, fragte der Mann in freundlichem Ton. Dennoch spürte Grant eine Andeutung von Drohung unter den Worten.

»Ich bin gerade auf dem Heimweg zu meinem Quartier«, sagte Grant. Die drei sahen auf den nassen Fleck an Grants Hose. Beide Frauen grinsten.

Grant fühlte brennende Röte in den Wangen. Es musste ausgesehen haben, als hätte er sich nass gemacht. Oder — er errötete noch mehr. Mein Gott, was sollte er tun? Wie konnte er hier überleben?

3. DYNAMIK

Grant stürzte sich in seine neue Arbeit in Muzorawas Labor. Zu seiner frohen Überraschung entdeckte er, dass die Flüssigkeitsdynamik des Jupiterozeans ihn wirklich faszinierte.

Muzorawa hatte ein Computermodell des weltumspannenden Ozeans ausgearbeitet, beruhend auf Daten von den Sonden, die sie unter die Wolkenhülle gesandt hatten. Diese Daten waren bestenfalls eine Serie von Annäherungswerten. Grant war entschlossen, sie zu vervollständigen und zu verfeinern und ein zutreffendes Bild davon zu gewinnen, wie diese ungeheure, mit Ammoniak und anderen Elementen durchmischte See wirklich beschaffen war.

Sie arbeiteten gemeinsam im Labor für Flüssigkeitsdynamik. Grant fand es ziemlich lächerlich, das enge kleine Abteil ein Laboratorium zu nennen. Es ging keine wirklich experimentelle Arbeit vor sich. An Geräten waren nur ein schreibtischgroßer Windkanal, ein kleines Stoßwellenrohr und ein zwei Meter hoher transparenter Behälter vorhanden, der als Wolkensimulator diente. Es gab nichts, was die Druckverhältnisse und Temperaturen des Jupiterozeans simulieren könnte. Tatsächlich gab es nirgends eine Laboratoriumseinrichtung, welche die Bedingungen auf dem Jupiter auch nur annähernd künstlich erzeugen konnte. Also arbeitete man stattdessen mit Computersimulationen: elektronischen Annäherungen an die Realität mittels Programmen, die das wenige bekannte Wissen verarbeiteten und zurückspielten.

Wenn die Eingabe nichts taugt, dachte Grant, kann auch nichts Gescheites herauskommen. Gleichungen waren kein Ersatz für richtige Daten.

»Diese Forschung würde Stoff für eine gute Doktorarbeit abgeben«, sagte ihm Muzorawa eines Tages, als sie nebeneinander am Computer saßen.

»Doktorarbeit?«

Muzorawa neigte den Kopf auf die Seite, als dächte er darüber nach, dann meinte er: »Ja, wenn es Ihnen nichts ausmacht, vom Thema Astrophysik auf planetarische Physik umzusteigen.«

Grant dachte darüber nach. Er könnte seine Zeit in der Station besser nutzen. Statt die vier Jahre zu vergeuden, könnte er sein Studium fortsetzen und das Material für eine Dissertation zusammentragen … Später, sobald er einen Posten an einer Universität bekäme, würde er noch immer tun können, was er wollte.

»Natürlich würden Sie für alle im normalen Studiengang vorgesehenen Kurse die Arbeit machen müssen, um die notwendigen Scheine zu bekommen«, fuhr Muzorawa in seiner bedächtigen, überlegten Art fort. »Wir können uns die notwendigen Materialien von meiner Abteilung in Kairo schicken lassen. Ich könnte die Aufsicht und fachliche Betreuung übernehmen und …«

Grant sperrte die Augen auf. »Sie sind an der Fakultät in Kairo?«

»Im Fachbereich Physik«, antwortete Muzorawa in beiläufigem Ton. »Professor für Flüssigkeitsdynamik.«

»Das ist die älteste Universität der Welt«, sagte Grant ehrfürchtig.

Muzorawa lächelte bedächtig. »Ja, richtig. Al-Azhar wurde im zehnten Jahrhundert von den Fatimiden gegründet. Später ging sie in der Universität von Kairo auf.« Sein Lächeln wurde breiter. »Die Fakultät für Physik ist eine vergleichsweise neue Ergänzung.«

»Aber was tun Sie hier, wenn Sie eine Professur in Kairo haben?«

Grants Frage schien Muzorawa zu überraschen. »Ich bin hier, um das Innere Jupiters zu studieren. Es ist das größte Problem der Flüssigkeitsdynamik, das direkter Beobachtung zugänglich ist.«