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Ellis Beech.

»Das ist alles für heute, Liebling. Ich werde dir eine Nachricht schicken, wenn ich im Haus deiner Eltern bin. Wiedersehen! Ich liebe dich!«

Der Bildschirm wurde dunkel, und Grant sackte in seinen Stuhl zurück. Beech wollte von ihm hören. Das kann ich mir denken, dachte Grant. Aber ich habe ihm nichts zu erzählen.

Bisher hatte die Neue Ethik keinerlei Druck auf ihn ausgeübt; man hatte nicht einmal versucht, Verbindung mit ihm aufzunehmen. Und Grant konnte ihnen nichts weiter melden als dass eine bemannte Tauchsonde in den Ozean katastrophal gescheitert war und Dr. Wo eine weitere Mission vorbereitete. Das wussten sie bereits, sagte er sich. Er war seit Monaten in der Station und wusste nicht mehr als Ellis Beech schon damals gewusst hatte, als ihm der Auftrag erteilt worden war.

In gewisser Weise war er beinahe froh darüber. Es ärgerte ihn, auf Befehl die Wissenschaftler zu bespitzeln, zum Jupiter hinausgeschickt zu werden, um das Schnüffelbedürfnis eines Mannes wie Beech und seiner unsichtbaren, aber mächtigen Vorgesetzten zu befriedigen. Er musste entscheiden, auf welcher Seite er stehen wollte, hatte Beech ihm gesagt, aber warum muss es gegensätzliche Seiten geben? Warum konnte man Jupiter nicht studieren, ohne dass die Neue Ethik ihre Nase hineinsteckte?

Verwirrt und niedergeschlagen saß Grant noch stundenlang wach und ließ alle Botschaften, die er von Marjorie erhalten hatte, nochmals über den Bildschirm gehen. Er fand, dass er sich ihr Gesicht nicht vorstellen konnte, wenn er ihre Videos nicht sah.

Der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Er war zu aufgeregt, zu ärgerlich. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, immer und immer wieder. Endlich zog er einen Overall über und tappte barfuß hinunter zur Cafeteria, um sich heißen Kakao zu holen. Sie war leer, die Deckenbeleuchtung auf Nachteinstellung reduziert. Als er vor dem Getränkeautomaten stand und überlegte, ob ein Becher Tee nicht vielleicht besser für ihn wäre, sah er Red Devlin zwischen den leeren Tischen auf sich zukommen.

»Noch spät auf den Beinen, wie?«, sagte Devlin munter. »Irgendwie finde ich heute Nacht keinen Schlaf.«

Devlin neigte den Kopf auf die Seite, wie ein Buntspecht mit roter Kappe. Er zeigte mit dem Daumen zum Getränkeautomaten und sagte: »Nichts da drinnen wird viel helfen, wissen Sie.«

Grant sagte: »Vielleicht ein heißer Kakao …«

Devlin schüttelte den Kopf. »Ich habe genau, was Sie brauchen. Ein paar von diesen«, sagte er und zog eine Hand voll Pillen aus der Hosentasche, »und Sie werden schlafen wie ein Säugling.«

»Drogen?«, jaulte Grant.

Devlin schüttelte den Kopf und lachte. »Und was meinen Sie, ist Kakao? Oder Koffein?«

»Das sind keine Narkotika.«

Devlin steckte die Pillen wieder ein. »Gegen Ihre Religion, wie?«

Grant nickte und verbiss sich die Antwort, die er geben wollte. Ein Mann, der Narkotika verkauft, ist das personifizierte Böse, wusste er. Aber Devlin schien nur helfen zu wollen — auf seine eigene unwissende Art und Weise.

»Vielleicht brauchen Sie in Wirklichkeit eine Anregung«, überlegte Red Devlin. »Ein VR-Programm. Ich habe einige wirklich heiße Sachen, energiegeladen, wissen Sie.«

Doch ehe Grant antworten konnte, lachte Devlin und sagte: »Aber das würde auch gegen Ihre Religion sein, nicht wahr?«

»Ja, das würde es«, sagte Grant steif.

»Nun, dann kann ich nicht viel für Sie tun, fürchte ich«, sagte Devlin gutmütig. »Aber sollten Sie mich jemals brauchen, wissen Sie, wo ich zu finden bin.« Er schlenderte durch den halbdunklen Korridor davon und pfiff eine Melodie, die Grant nicht kannte.

Dr. Wo sollte ihn nicht in dieser Station bleiben lassen, sagte sich Grant. Was er verkauft, ist schlecht, sündhaft. Trotzdem fragte er sich, wie Sex in virtueller Realität sein würde. Wäre es wirklich eine Sünde? Vielleicht wenn er sich selbst mit Marjorie vorstellen könnte …

* * *

Grant verbrachte beinahe alle wachen Stunden im Labor für Flüssigkeitsdynamik und arbeitete in verbissener Hartnäckigkeit an einer detaillierten Karte der turbulenten ozeanischen Strömungen, beruhend auf den spärlichen Daten von den unbemannten Sonden. Das Lehrmaterial, das von der Universität Kairo geschickt worden war, blieb in seinem Computer, unberührt und unbeachtet.

Eines Spätnachmittags kam Karlstad ins Labor geschlendert, ein wissendes, überlegenes Grinsen im blassen Gesicht. Grant war allein unter den summenden Computern und den stummen Experimentiergeräten.

»Sie haben wirklich die Neigung, einen Eremiten aus sich zu machen, Grant«, sagte er und zog den Bürosessel auf seinen Rollen vom Nebenplatz zu Grant.

Dieser blickte von den Darstellungen auf seinem Bildschirm auf und murmelte: »Die Arbeit erledigt sich nicht von selbst.«

»Ein Jammer, dass Sie nicht in der Biologie sind«, sagte Karlstad. »Zum Beispiel helfe ich zurzeit der Biogruppe von Callisto einige ihrer frostharten Foraminiferen in Kulturen zu züchten.«

»Tatsächlich?« Grant wandte sich wieder dem Bildschirm zu.

»Tatsächlich«, bestätigte Karlstad, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Hilfreiche kleine Geschöpfe. Die Foraminiferen vermehren sich ganz von selbst in der Versuchsanlage, die ich für sie gebaut habe. Sie simuliert sehr hübsch das eisbedeckte Meer auf Callisto. Die Foraminiferen tun alle Arbeit, und ich treibe mich in der Station herum …«

»… und hindern Leute daran, ihre Arbeit zu erledigen«, vollendete Grant den Satz.

Karlstad gab sich verletzt. »Ist das eine Art, einen Kollegen zu behandeln?«

»Nein, glaube, das war jetzt nicht höflich von mir.«

»Ich bin nicht hier, um Sie an irgendetwas zu hindern. Ich bin gekommen, um Ihnen eine Lernerfahrung zu bieten.«

»Was?«

Karlstad beugte sich näher. »Zeb und Laynie gehen zusammen in den Tank.«

Grant blieb der Mund offen stehen. »Was … was heißt das?«

Karlstad lachte. »Entspannen Sie sich. Tun Sie die Augen in den Kopf zurück.«

Grant errötete und versuchte sein Vorstellungsbild von O'Hara und Muzorawa zusammen im Delphintank zu löschen. Sie können nichts tun, sagte er sich. Sie haben beide implantierte Biochips. Trotzdem sah er sie nackt und geschmeidig durchs Wasser gleiten.

»Sie gehen in den Simulationstank«, sagte Karlstad. Es war offensichtlich, dass er Grants unverkennbare Verblüffung genoss.

Bevor Grant etwas erwidern konnte, ergänzte er: »Und der alte Wo geht mit ihnen hinein.«

»In den Simulationstank«, sagte Grant dumpf.

Karlstad nickte. »Der Test soll strikt unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden; ausgenommen sind nur die Techniker, die für die Simulation gebraucht werden.«

Er sagte es so, dass Grant überzeugt war, Karlstad habe noch einen Trumpf im Ärmel. Und Karlstad fuhr denn auch fort: »Aber ich habe eine direkte Leitung zu den Kameras, die den Test aufzeichnen.«

»Wirklich? Wie?«

Der Biophysiker mahnte mit erhobener Hand zur Geduld und sagte: »Ich kann meine Quellen nicht preisgeben. Aber wenn Sie mir erlauben …«

Er wandte sich zu dem Datenanschluss neben Grant zu und zog die Tastatur heraus. Er blies Staub von den Tasten, dann brachte er die Maschine manuell in Gang und gab eine lange, komplexe Reihe von Ziffern und Buchstaben ein. Grant beobachtete, gegen seinen Willen fasziniert, wie der Bildschirm flackernd aufleuchtete.

Und da stand O'Hara in dem schmalen Korridor vor dem Delphintank, gekleidet in einen glatten, weißen, hautengen Tauchanzug, der im Licht glänzte, als wäre er bereits nass. Sie schienen aus einiger Höhe herabzublicken. Grant erkannte, dass sie die Ansicht von einer in die Deckenverkleidung eingebauten Kamera im Korridor empfingen.