Выбрать главу

»Kein Wissenschaftler«, erwiderte Grant.

»Warum nicht? Sie sind doch auch gläubig, oder?«

»Ja, aber ich bin kein Fanatiker.«

Wos Blick durchbohrte Grant, als wollte er ihm bis in die innerste Seele dringen. »Nein«, sagte er schließlich, »ich vertraue darauf, dass Sie es nicht sind.«

Es war das Wort ›vertraue‹, das Grant am härtesten traf. Er hörte sich sagen: »Als ich den Auftrag erhielt, in dieser Station Dienst zu tun, forderte die Neue Ethik mich auf, ihr Meldung darüber zu machen, was Sie tun.«

Wo sagte nichts. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht um einen Millimeter.

»Sie forderte mich auf, Sie auszuspionieren«, gestand Grant.

»Und haben Sie es getan?«

»Ich habe ihnen nichts gesagt. Ich habe nichts kennen gelernt, was sie nicht bereits weiß. Aber wenn Sie mich nun zu einem Teil dieser Tiefenmission machen …«

Dr. Wo schloss die Augen und nickte. »Ich sehe. Ihre Loyalität ist geteilt.«

»Nein, das ist sie nicht«, widersprach er. »Ich bin gläubig und auch Wissenschaftler. Aber meine Loyalität ist klar. Ich bin kein Spion, und was immer die Leute von der Neuen Ethik daheim wissen wollen, hat nichts mit dem Glauben an Gott zu tun. Was sie von mir verlangten, ist Politik, nicht Religion.«

Wo schwieg nachdenklich. Grant wartete mehrere Augenblicke und sagte dann: »Sie können mir vertrauen, Sir. Ich bin kein Spion. Ich wollte Sie niemals ausspionieren. Man ließ mir keine Wahl.«

»Ich möchte Ihnen vertrauen, Archer. Es gibt in dieser Station sehr wenige Leute, denen ich vertrauen kann. Das ist der Grund, weshalb meine Mannschaft für die Tiefenmission so jämmerlich klein ist.«

»Und der Grund, dass Sie die Mannschaft unter Quarantäne gestellt haben«, sagte Grant.

Wo ließ das Kinn auf die Brust sinken. In einer vor innerer Wut bebenden Stimme sagte er: »Es würde nur eines Zeloten bedürfen, müssen Sie verstehen. Diese Station ist sehr verletzlich. Ein Fanatiker könnte uns alle vernichten.«

»Ein Terrorist?«

»Ein Mann — oder eine Frau — der überzeugt ist, dass unsere Suche nach intelligentem außerirdischem Leben sündhaft ist. Eine Person, die bereit ist zu sterben und uns alle zu töten, nur um diese Suche zu verhindern.«

»Werden solche Fanatiker nicht durch die psychologischen Profile ausgefiltert?«

Wo runzelte die Stirn über so viel Naivität. Dann schien sein Zorn sich zu legen. »Ich hätte in dieser Station niemals Nanomaschinen erlauben sollen«, sagte seine kratzende Stimme so leise, dass Grant sein Gehör anstrengen musste. »Das war ein Fehler. Eine persönliche Schwäche.« Er schüttelte den Kopf, scheinbar untröstlich.

Grant wusste nichts darauf zu sagen. Die Idee war seinem Denken zu fremd, fremd auch allem, was er glaubte.

»Wird diese Station zerstört, so wird man sie niemals ersetzen«, fuhr Wo fort. »Es ist schwierig genug, die Mittel für Instandhaltung und Reparaturen zu bekommen. Niemals würden sie den Bau einer neuen Station erlauben.«

»Ich kann nicht glauben, dass das wahr ist. Die Arbeit, die wir hier tun …«

»Sie verabscheuen die Arbeit, die wir hier tun! Wären nicht die Gewinne, die mit den Sammlerschiffen erzielt werden, hätten sie längst alle finanzielle Unterstützung gestrichen und diese Station geschlossen.«

»Das würden sie nicht tun! Das könnten sie nicht!«

»Sie glauben das nicht?«, höhnte Dr. Wo. »In diesem Augenblick ist eine Gruppe von Beamten der IAB in einem Schiff hoher Beschleunigung unterwegs hierher.«

»Leute der IAB?«

»Eine Untersuchungskommission«, sagte Wo sarkastisch. »Wie viele davon sind Mitglieder der Neuen Ethik? Wie viele gehören zu den Jüngern Gottes oder zum Schwert des Islam? Einer von ihnen ist Jesuit, so viel weiß ich. Ein Astronom, nichts Geringeres.«

»Und sie kommen hierher?«

»Um unsere Arbeit zu untersuchen und zu bewerten. Darum glaube ich, dass Sie keinen so wirkungsvollen Spion für sie abgegeben haben, wie sie sich das erhofft hatten. Wenn sie wüssten, was wir tun, würden sie die Station sofort schließen.«

Grant schüttelte den Kopf. »Sie glauben wirklich, die Kommission kommt hierher, um die Station zu schließen?«

»Warum sonst? Die Kommission soll unsere Arbeit untersuchen und bewerten. In meinen Augen ist sie nur vorgeschoben, um einen bereits gefassten Beschluss formal zu rechtfertigen.«

»Nicht unbedingt«, sagte Grant. »Die IAB wird nicht von der Neuen Ethik beherrscht.«

»Pah!«

»Gut, ich gebe zu, dass es in der Neuen Ethik und anderen Gruppen, die der wissenschaftlichen Forschung kritisch gegenüberstehen und sie auf den meisten Gebieten ganz unterbinden möchten, religiöse Eiferer gibt. Aber sie sind nur eine kleine Minderheit der Bewegung. Eine lautstarke Minderheit, aber doch nur ein kleiner Teil des Ganzen. Die Leute an der Macht, die in Amt und Würden sind, verstehen die Bedeutung wissenschaftlicher Forschung, auch der, die hier betrieben wird.«

»Leute wie diejenigen, die Ihnen den Auftrag gaben, mich auszuspionieren?«

Darauf fand Grant keine Antwort. Er erkannte, dass Dr. Wo wahrscheinlich Recht hatte. Die IAB war finanziell von den nationalen Regierungen abhängig, und die meisten dieser Regierungen standen unter dem Einfluss von religiösen Bewegungen wie der Neuen Ethik.

Wo brach das Schweigen. »Warum ist Nanotechnik verboten?«

»Nanotechnik?«, fragte Grant. Verwirrt fragte er sich, was dies mit der IAB oder der Neuen Ethik zu tun hatte. »Man verwendet sie auf dem Mond.«

»Nur unter strikten Einschränkungen. Die Leute dort mussten einen langwierigen Kampf gegen die Vereinten Nationen führen, um den Gebrauch von Nanomaschinen genehmigt zu bekommen. Und Menschen, die Nanomaschinen in ihren Körpern haben, erhalten keine Einreiseerlaubnis für die Erde.«

»Nanomaschinen können zu Waffen werden«, sagte Grant. »Deshalb sind sie verboten.«

Wo schnaubte geringschätzig. »Pah! Können Sie mir sagen, warum Sie mit Computersystemen arbeiten, die wenigstens zehn Jahre alt sind? Warum haben Sie kein Kl-System, das Ihnen bei der Arbeit behilflich sein könnte?«

Verwirrt von einem weiteren plötzlichen Themenwechsel, sagte Grant: »Es ist noch niemandem gelungen, ein System künstlicher Intelligenz zu entwickeln, das zuverlässig arbeitet.«

»Unsinn«, entgegnete der Direktor. »Vor zwanzig Jahren wurde die Forschung auf dem Gebiet der Systeme künstlicher Intelligenz unterbunden. Warum? Weil die Forscher einen Prototyp entwickelt hatten, der funktionierte. Durchaus verlässlich.«

»Wie könnten sie alle Forschung unterbinden?«

»Weil sie fürchteten, wohin diese Forschung führen würde. Sie fürchteten die Entwicklung von Maschinen mit der Intelligenz von Menschen. Mit höherer Intelligenz, unausweichlich. Das ist Teufelswerk.«

Grant saß da und versuchte diese Flut von Informationen und Anklagen zu verdauen.

»Wenn sie wüssten, in welche Richtung unsere Erforschung des Jupiter geht, wenn sie verstünden, was wir entdecken könnten …« Wo ließ den Satz unvollendet.

»Sie würden befürchten, dass wir tatsächlich intelligentes Leben im Ozean finden könnten«, murmelte Grant.

»Genau. Darum achte ich auf strenge Sicherheitsmaßnahmen. Darum weigere ich mich, mehr Leute in das Missionsprojekt einzubeziehen. Einer von ihnen könnte sich als ein religiöser Fanatiker erweisen.«

Grant versuchte das Gehörte in seinem Verstand zu sortieren. »Aber es gibt keinen Beweis für intelligentes Leben dort unten. Wir wissen nicht einmal, ob es eine Form von Leben in dem Ozean gibt.«

»So? Wir wissen es nicht?« Wo stieß mit einem Finger auf die in seine Schreibtischplatte eingebaute Tastatur. Sogleich verwandelte sich eine der Wände in eine düstere, körnige, formlose Szene.