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An der medizinischen Konsole starrte Patti Buono konzentriert auf ihre Ablesungen. Immer wieder rief sie: »Spüren Sie irgendwelche Beschwerden?« Karlstad klagte über Kopfschmerzen. Pascal sagte, sie fühle eine Beengung im Brustkorb.

»Psychosomatisch«, erklärte Buono. »Die Monitore zeigen, dass Blutdruck, Puls und alle übrigen Ablesungen im normalen Bereich sind.«

Pascal, die ohne eine Perücke seltsam gnomenhaft aussah, wandte den Kopf und blickte in die Kamera. »Und was ist im eingetauchten Zustand der Normalbereich?«, fragte sie. Ihre Stimme kam als ein tiefer Bariton durch.

»Schluss mit diesem Gezänk«, befahl Krebs.

Pascal schüttelte den Kopf, sagte nichts mehr.

Als der Druck neunzig Prozent des vorgesehenen Wertes erreichte, sagte Krebs: »Halten Sie ihn für eine Stunde unverändert. Geben Sie den Leuten Gelegenheit, sich anzupassen.«

Wo willigte ein. »Wir bleiben eine Stunde auf neunzig Prozent.«

* * *

Am nächsten Morgen fragte Buono jedes Besatzungsmitglied wie er oder sie geschlafen hatte. Die schlimmste Auswirkung der Druckerhöhung war offenbar ein leichtes Nasenbluten, unter dem O'Hara zu leiden hatte. Und ausgerechnet Muzorawa meldete, dass er einen Albtraum durchgemacht habe.

Buono hatte kein Interesse an Zebs Traum; sie beschäftigte sich nur mit dem körperlichen Zustand der Besatzung. Nach einer sorgfältigen Überprüfung ihrer medizinischen Sensoren, die sie ständig mit Daten versorgten, erklärte sie die Besatzung für voll diensttauglich.

»In diesem Fall«, verkündete Krebs, »sind wir bereit, mit der Trennungssequenz zu beginnen.«

»Warten Sie«, sagte Dr. Wo mit abwehrend erhobener Hand. »Dies ist der geeignete Augenblick, der Tauchsonde einen Namen zu geben.«

»Einen Namen?« Krebs starrte in die Kamera. Grant konnte ihrem Gesichtsausdruck nicht entnehmen, ob sie verblüfft oder irritiert war.

»Ja«, erwiderte der Direktor vollkommen ernst. »Bei der ersten Mission hatte die Tauchsonde keinen richtigen Namen. Das war unglücklich. Sie sollte einen eigenen Namen haben, einen Namen, der glückverheißend ist.«

Krebs runzelte verdrießlich die Stirn. Grant sah ihr an, dass sie sich über Dr. Wos plötzlichen Ausbruch chinesischen Aberglaubens ärgerte.

Davon unbeeindruckt, verkündete der Direktor: »Der Name dieser Tauchsonde wird Zheng He sein.«

Niemand sagte ein Wort. Alle waren verdutzt. Was in aller Welt bedeutete Zheng He?

Endlich sagte Krebs: »Also gut. Zheng He ist bereit für die Trennungssequenz.«

»Beginnen Sie«, sagte Wo.

Grant fühlte eine Beengung in der Brust. Die Sonde löste sich von der Station, trat auf sich selbst gestellt ihre Reise an. Bald würde sie in Jupiters wolkenreiche Atmosphäre eindringen und dann tiefer bis in den Ozean absteigen. Sollte sie zu irgendeinem Zeitpunkt in Schwierigkeiten kommen, würde Seitens der Station keine Hilfe möglich sein. Die Besatzung war auf sich selbst gestellt.

Die Trennungssequenz lief automatisch ab. Grant konnte nicht hören, wie die Verriegelungen sich öffneten, die luftdicht versiegelte Andockverbindung der äußeren Luftschleuse unterbrochen wurde. Er beobachtete den großen Bildschirm, unterbrochen von schnellen Blicken auf seine Konsole, um sicherzugehen, dass alle Antriebs- und Energiesysteme planmäßig funktionierten. Zheng He löste sich von der Verbindungsröhre und machte Gebrauch von der magnetischen Abschirmung der Station, um von ihrer gewaltigen Masse freizukommen.

Die magnetische Abschirmung diente der Abwehr aufgeladener subatomarer Partikel, die von der Magnetosphäre des Riesenplaneten während magnetischer Stürme ausgestoßen wurden. Jetzt diente sie zur Abstoßung eines größeren »Partikels«, nämlich der Zheng He, vom Rumpf der Station.

Die Tauchsonde und die Station blieben etwas länger als sechs Stunden Seite an Seite, getrennt durch einen Kilometer leeren Raums. Grant beobachtete am Wandbildschirm die kleine metallische linsenförmige Gestalt der Tauchsonde vor dem gigantischen, überwältigenden Hintergrund der turbulenten Wolkenatmosphäre Jupiters. Die Besatzung überprüfte ein weiteres Mal alle Bordsysteme. Dann meldete Krebs, dass sie bereit sei, in die Jupiteratmosphäre einzutreten.

Grant sah ein winziges Aufflackern von Licht an einer Seite der linsenförmigen Gestalt. Einen Augenblick lang dachte er, die Raketentriebwerke hätten versagt.

Zheng He schien querab von ihnen zu bleiben und hilflos im Raum zu schweben. Aber innerhalb weniger Augenblicke sah er, dass sie sich in Wirklichkeit von ihnen entfernte, schneller und schneller, sich von Jupiters gewaltiger Schwerkraft anziehen ließ, hinab in die wirbelnden Wolken.

Dr. Wo sagte etwas auf chinesisch.

»Viel Glück«, sagte Frankovic mit heiserer Stimme. »Sichere Reise«, rief Kayla Ukara der Besatzung nach.

Grant befeuchtete sich die Lippen und seine Kehle war plötzlich trocken. Dann fand er seine Stimme wieder und sagte: »Glückliche Reise.«

5. OFFENBARUNG

Alle fünf Kontrolleure in der Befehlszentrale beobachteten Zheng He, bis die Tauchsonde in der Wolkendecke verschwand. Mehrere Minuten lang starrte Grant auf den großen Bildschirm, der die verschiedenfarbigen Streifen der Wolkenhülle zeigte. Die Tauchsonde war verschwunden, als hätte sie nie existiert.

Aber meine Freunde sind in diesem winzigen Gehäuse, sagte sich Grant. Sie sinken jetzt durch diese mächtige Wolkenatmosphäre abwärts, während ich hier sitze und nichts zu tun habe als diese blöde Konsole zu überwachen. Sollte ihnen etwas zustoßen, werde ich ihnen nicht helfen können.

»Zustandsmeldung«, rief Dr. Wo. Seine Stimme klang schärfer als gewöhnlich. »Lebenserhaltende Systeme?«

»Funktionieren innerhalb der vorgesehenen Grenzen«, meldete Frankovic.

»Strukturelle Unversehrtheit?«

»Keine Probleme«, antwortete Nacho Quintero.

Die medizinischen Monitore und sensorischen Systeme zeigten alle völlig normale Leistung. Selbst das Kühlmittel im Infrarotteleskop hatte wieder Normalstand erreicht. Als Wo nach den Antriebs- und Energiesystemen fragte, überflog Grant seinen Monitor.

»Energie alles im grünen Bereich«, meldete er.

Wos Blick ging durch den engen, muffigen Raum von einem Kontrolleur zum anderen, dann hinauf zum Wandbildschirm. Dort gab es nichts als Jupiters endlose Wolken zu sehen.

»Sollten wir sie rufen?«, fragte Patti Buono. »Funkverbindung aufnehmen?«

»In drei Minuten ist ihre Meldung fällig«, sagte Dr. Wo mit einer Handbewegung zum Zeitplan, der auf dem Bildschirm seiner Konsole aufgelistet war.

Die Zeit vertickte langsam, und in der Befehlszentrale wurde kein Wort gesprochen. Außer dem elektrischen Summen der Monitore und dem leisen Flüstern der Luftzirkulation war kein Geräusch zu hören. Wo saß wie eine hölzerne Statue an seinem Platz, unbewegt und starr. Grant fragte sich, ob der Mann überhaupt noch atmete. Ihm selbst traten Schweißperlen auf Stirn und Oberlippe; er fühlte, wie ihm der Kragen am Hals klebte.

»Zentrale, hier ist Zheng He«, durchbrach Krebs' Stimme die Stille.

»Ich höre Sie«, sagte Wo so ruhig, als säße sie neben ihm.

»Alle Systeme funktionieren normal. Keine Probleme.«

»Gut«, sagte Wo mit einem befriedigten Kopfnicken.

»Wir bereiten uns auf den Tauchgang vor. Radioblackout wird weitere …« sie schien nach einem Wort zu suchen, »… weitere Kommunikationen verhindern.«