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»In gewisser Weise bin auch ich ein Eunuch. Meine Männlichkeit wurde bei dem Unfall zerstört.«

»Das … das wusste ich nicht«, murmelte Grant.

»Also sitze ich hier, schwach und hilflos, während andere in den unbekannten Ozean segeln.«

»Sie sind nicht hilflos.«

»Viele machen Krebs für den Unfall verantwortlich, aber in Wahrheit war es mein Fehler. Ich geriet in Panik.«

»Das habe ich nie gehört«, sagte Grant.

»Krebs ist zu loyal, um es zu enthüllen. Sie nahm die Schuld auf sich, damit ich als Direktor bleiben konnte.«

»Was geschah?«

Wo winkte müde ab. »Was macht das schon? Nun sitze ich hier und warte auf Nachricht von ihnen.«

»Inzwischen sollten sie im Ozean sein«, meinte Grant.

»Ja. Und während wir uns abmühen und forschen, sind die Konfuzianer, die Bürokraten, die daheim an der Macht sind, unterwegs hierher, uns zu zerstören. Sie fürchten, was wir hier tun. Sie verabscheuen uns.«

»Sie können uns nicht aufhalten. Wir tun, was wir uns vorgenommen haben.«

»Ich sollte mit den anderen dort unten sein.«

Grant sah in das müde, niedergeschlagene Gesicht des Direktors. Falten von Müdigkeit und Sorge und Selbstzweifeln waren in seine Züge eingegraben.

»Wenn Sie nicht wären, Dr. Wo«, sagte er, »würden die anderen nicht dort draußen sein, und es würde keine Erforschung des Ozeans geben. Keiner von uns würde hier sein.«

Und als er es sagte, wurde ihm klar, dass er selbst wahrscheinlich zu Hause sein würde, wenn nicht Dr. Wos monomanische Entschlossenheit wäre, intelligentes Leben im weiten Jupiterozean zu finden.

Zum ersten Mal aber wurde Grant bewusst, dass er lieber hier war — selbst als niedriger Student —, als irgendwo sonst. Wos Leidenschaft hatte ihn angesteckt.

6. LEVIATHAN

Geschwächt von seinem Kampf gegen die Reißer und in dieser öden Meeresregion vom langsamen Hungertod bedroht, ließ Leviathan sich von den mächtigen Strömungen, die dem immerwährenden Sturm entsprangen, weiter von dem tobenden Wirbel aufgewühlten Wassers und seinen bedrohlichen Blitzschlägen davontragen.

Seine verwundeten Gliederteile sandten brennende Schmerzsignale. Leviathan brauchte Nahrung, viel Nahrung, um das aufgerissene Fleisch zu heilen, das von den Zähnen der Reißer zerfetzt worden war. Doch hier gab es keine Nahrung zu finden.

Wenigstens gab es in diesem leeren Teil des Ozeans keine Reißer. Leviathan bezweifelte, dass seine Flagellenmitglieder die Kraft aufbringen würden, gegen sie zu kämpfen.

Nahrung. Leviathan musste Nahrung finden. Was bedeutete, dass er den immensen Sturm umkreisen und zu der Seite zurückkehren musste, wo die nährstoffhaltigen Strömungen hineinflossen.

Statt mit eigener Kraft durch den Ozean zu schwimmen, ließ Leviathan sich von den kreisenden Strömungen mittragen und überlegte, ob es weiter oben Nahrung geben mochte. Es war gefährlich, zu hoch in den kalten oberen Abgrund zu steigen, aber Leviathan wusste, dass es den Tod bedeutete, in dieser Tiefe zu bleiben, wo überhaupt keine Nahrung vorhanden war.

Langsam und vorsichtig dehnte Leviathan seine Auftriebsglieder aus. Der Erschöpfung nahe, stieg der gigantische Meeresbewohner höher. Er spürte, dass der Augenblick nahe war, wenn seine Gliederteile sich in der letzten verzweifelten Hoffnung, durch Fortpflanzung zu überleben, instinktiv voneinander lösen und mit ihrer individuellen Knospung beginnen würden.

Die alten Instinkte, das wusste Leviathan, würden jetzt nicht helfen. Die Mitglieder würden sich trennen und mit der Hoffnung auf eine Wiederzusammenfügung zu erneuerter Einheit reproduzieren, aber was konnte das nützen, wenn es nicht einmal für einen genug Nahrung gab? Selbst wenn ein paar individuelle Mitglieder zeitweilig überlebten, wie könnten sie ohne die Einheit mit all den anderen weiterleben? Einzeln waren sie hilflos. Was konnten Flagellenmitglieder ohne ein Gehirn tun, das sie leitete? Wie könnte ein Gehirnmitglied existieren, ohne sensorische und Verdauungsmitglieder und …

Leviathan stellte seine zwecklosen Überlegungen ein. In den höheren Strömungen gab es Nahrung. Die sensorischen Mitglieder fühlten es. Die starke Strömung, vom Sturm angetrieben, schwemmte die Partikel in den gewaltigen Strudel, bevor sie in die angenehme Region absinken konnten, wo Leviathan schwamm. Weiter oben würde es kalt sein, lähmend kalt. Leviathans Art kannte Geschichten von törichten Jugendlichen, die in ihrem hochmütigen Bestreben, die Alten zu übertreffen, zu hoch gestiegen und niemals zurückgekehrt waren, zerfallen in der Kälte, ihre Gliederteile verschlungen von Reißern oder den unheimlichen Kreaturen, die den oberen Abgrund unsicher machten.

Leviathan stieg und spürte die zunehmende Kälte, hielt auf die spärlich rieselnde Nahrung zu, die seine sensorischen Mitglieder aufgespürt hatten.

Aber es war keine Nahrung. Trotz der betäubenden Kälte und der andauernden Schmerzsignale seiner verwundeten Mitglieder zeigten Leviathans Augenteile, dass die von den Sensoren aufgefangenen Echos nicht von einem dünnen Strom absinkender Nahrungspartikel herrührten, sondern von einem einzigen Partikel, das viel größer war als jede Nahrung, die Leviathan je gekannt hatte, zugleich aber winzig, verglichen mit Leviathan selbst oder sogar mit den Reißern.

Es war dieses fremdartige Ding, das früher schon beobachtet worden war. Weit, weit entfernt und so hoch oben, dass Leviathan nicht einmal den Versuch einer Annäherung wagte, sank ein seltsames kreisförmiges Objekt durch den oberen Abgrund und sendete unheimliche Signale aus, die keinerlei Sinn ergaben.

Leviathan fragte sich, ob es Wirklichkeit sei. Oder waren er und seine Mitglieder dem Zerfall so nahe, dass ihr gemeinsames Gehirn zu versagen begann?

Das fremde Objekt fuhr fort, sinnlose Signale in den leeren Ozean zu senden, ohne Leviathan wahrzunehmen, der in der kalten leeren See trieb, weit außerhalb der Reichweite seiner Ortungssysteme.

7. UNERWARTETES EREIGNIS

Grant verließ Dr. Wos Büro in einem Zustand seltsam widersprüchlicher Erregung, ungewiss, wo seine wahren Loyalitäten lagen und wem er Treue schuldete.

Er warf sich auf sein Bett und sank fast augenblicklich in erschöpften, traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen trat er seinen Schichtdienst in der Befehlszentrale an und verbrachte vier Stunden mit der Betrachtung der schweigenden Konsolen und des leeren Wandbildschirms. Nacho Quintero löste ihn ab und lachte über seinen neuesten Streich: am vergangenen Abend hatte er in der Cafeteria den Stuhl neben seinem eigenen mit Epoxidharz besprüht.

»Kayla setzte sich darauf und kam nicht mehr hoch«, schnaufte Quintero, vor Lachen den Tränen nahe. »Sie musste den Reißverschluss ihres Overalls öffnen und sich herauswinden. Sie hätten die Unterwäsche sehen sollen, die sie anhat!« Er wedelte mit einer großen, fleischigen Hand, als müsste er sich Luft zufächern.

Als Nacho aufstand, sagte Grant: »Ich wette, Kayla wird Sie dafür innig lieben.«

Quinteros Gelächter verdoppelte sich, und Tränen rollten ihm aus den geschlossenen Augen über die runden Wangen.

»Das hätten Sie sehen sollen! Sie riss eine von Reds Bratpfannen an sich und jagte mich bis zum Aquarium!«

Grant machte ein erheitertes Gesicht, murmelte die richtigen Worte, und verließ den noch immer von Lachen geschüttelten Quintero. Draußen im Korridor nahm er Kurs auf das Labor für Flüssigkeitsdynamik. Es war Zeit, dass er sich wieder seiner eigentlichen Arbeit zuwandte.

Er ließ sich auf einen der kleinen Bürostühle auf Rollen fallen, schaltete den Datenanschluss ein und rief die dreidimensionale Karte ab, die er von den jovianischen Meeresströmungen entworfen hatte. Aber er konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren. Wos Schuldbekenntnis, seine beinahe paranoide Furcht vor den Zeloten, die anderen in der Tauchsonde, unterwegs in die Tiefen des Jupiterozeans — alles das ging ihm nicht aus dem Sinn.