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Einer nach dem anderen kam die Besatzung der Zheng He durch die Luftschleuse. Karlstad und O'Hara waren bereits draußen im Zugangstunnel, eingewickelt in Decken.

Lane sah bekümmert aus, den Tränen nahe. Egon sah hohläugig aus; die alte zynische Selbstsicherheit war aus seinem Gesicht gewichen.

Die Luke öffnete sich seufzend, und Muzorawa trat heraus. Er sog tief die Luft ein, während ölige Flüssigkeit noch von seiner Nase tropfte und ihm in dünnen Rinnsalen von Hals und Armen rann.

Kayla Ukara warf ihm eine Decke um die Schultern.

»Danke«, sagte er. Er zitterte stark. »Dies ist das erste Mal, dass ich mich aufwärmen kann, seit wir in die Suppe gingen.«

»Fühlen Sie sich sonst gut?«, fragte Grant.

»Ja, ich denke schon. Keine Verletzungen. Wie geht es Irene?«

»Wir wissen nichts«, antwortete Frankovic. »Als sie durchkam, legten wir sie auf eine Rolltrage und rannten mit ihr zur Krankenstation. Dort wird sie jetzt behandelt. Der Zugang ist gesperrt.«

»Was ist eigentlich passiert?«, fragte Ukara.

Zeb schüttelte den Kopf. »Schwer zu sagen. Wir waren in den Ozean eingetreten … wenigstens zeigten die Sensoren an, dass die äußere Umgebung in flüssigem Zustand war.«

»Wer hatte Dienst?«

»Wir alle. Krebs wollte unsere Verbindung mit den Bordsystemen nicht unterbrechen, bis wir die vorgesehene Tiefer erreichten.«

»Dann war Irene also verbunden?«

»Ja«, sagte Muzorawa. »Alles schien vollkommen normal, aber plötzlich stieß sie einen Schrei aus und brach zusammen.«

»Krebs sagte, sie hätte über Schmerzen in der Brust geklagt«, bemerkte Frankovic.

»Ja, das stimmt. Sie schien ihre körperliche Koordination zu verlieren, aber das ist nicht ungewöhnlich, wenn der Druck ansteigt. Es passiert uns allen, ist aber vorübergehender Natur.«

»Was vermuten Sie?«, fragte Grant.

»Ich glaube, sie hatte einen Herzanfall.«

Frankovic kratzte sich den halb kahlen Kopf. »Sie war allerdings völlig gesund. Keine Anzeichen von kardiovaskulären Problemen.«

Muzorawa hob hilflos die Schultern. »Dort unten ist es anders, mein Freund. Sehr anders.«

Sie blieben bei der Luftschleuse, redeten, mutmaßten, sorgten sich, bis die Luke wieder geöffnet wurde und Christel Krebs herauskam. Sie blinzelte ungewiss wie ein erdbewohnendes Tier, das plötzlich ungewohntem Licht ausgesetzt wird.

»Wo ist Pascal?«, fragte sie in scharfem Ton.

»In der Krankenstation«, sagte Grant.

»Bringen Sie mich hin. Sofort.« Und sie streckte Grant wie eine Blinde, die geführt werden muss, die Hand hin.

10. „MIT DEM SCHILD …“

Grant kam nur bis zu den Sicherheitsbeamten, die am Eingang des Zugangstunnels stationiert waren. Einer von ihnen nahm Krebs mit sich zur Krankenstation, während ein anderer die übrigen Mitglieder der Besatzung aufforderte, ihm zu folgen. Er führte sie zu dem kleinen Konferenzraum, den sie als Messe genutzt hatten.

Der Hauptmann der Sicherheitswache war bereits dort und stand am Kopf des ovalen Konferenztisches.

»Dr. Wo wünscht, dass Sie hier bleiben, bis Sie weitere Anweisungen bekommen«, erklärte er.

»Was ist mit dem Abendessen?«, jammerte Frankovic. »Wir haben fast den ganzen Tag nichts zu essen gehabt.«

Der Sicherheitsbeamte beäugte ihn geringschätzig. »Etwas später werden wir Ihnen Tabletts mit dem Abendessen bringen. Einstweilen bleiben Sie hier. Befehl vom Direktor. Keine Ausnahmen.«

Er ging und schloss energisch die Tür.

Karlstad stieß seufzend den Atem aus. »Das ist die längste Ansprache, die ich von der alten Adlernase je gehört habe.«

»Wir sind Gefangene«, sagte Ukara mit finsterer Miene.

Grant hätte gern versucht, die Tür zu öffnen, doch selbst wenn sie nicht zugesperrt war, würden Wachen draußen am Korridor postiert sein. Vielleicht war sogar Sheena draußen.

Plötzlich wurde die Tür aufgestoßen. Grant sprang erschrocken zurück.

Krebs betrat den Raum, blieb stehen, spähte angestrengt zu Grant, als könne sie ihn kaum erkennen. Sie trug einen Rollkragenpullover und Jeans.

»Wie geht es Irene?«, fragte O'Hara. Sie und die anderen waren noch nicht dazu gekommen, frische Kleider anzulegen. Sie waren noch immer in Decken gehüllt.

Krebs wandte sich dem Klang ihrer Stimme zu. »Sie sind noch mit Wiederbelebungsversuchen beschäftigt.« Sie hinkte zum Tisch und stützte beide Hände darauf. »Wir müssen hier bleiben, bis Dr. Wo mit uns sprechen kann.«

»Nun«, sagte Muzorawa, »dann werden wir uns einstweilen behelfen müssen.« Und während er mit einer Hand die Decke zusammenhielt, zog er mit der anderen einen der Plastikstühle vom Tisch fort und setzte sich.

Als die anderen seinem Beispiel folgten, bewegte sich Krebs mit unsicheren Schritten zum Kopfende des Tisches. Statt sich zu setzen, blieb sie jedoch stehen.

»Wir sollten die Gelegenheit nutzen und eine nochmalige Prüfung des Geschehens vornehmen«, sagte sie mit emotionsloser, kalter Stimme. Sie ließ keinen Raum für abweichende Meinungen oder gar eine Diskussion.

»Könnten wir uns inzwischen ordentliche Kleider beschaffen?«, fragte O'Hara.

»Später«, sagte Krebs.

Sie gebrauchte den großen Bildschirm im Konferenzraum, um die Datenaufzeichnung der Mission darzustellen. Grant studierte die Leistungen der Antriebsund Energiesysteme. Nichts Ungewöhnliches war zu finden. Alles funktionierte normal. Auch die anderen schienen auf ihren Gebieten keine Störungen zu finden.

Sogar Pascals medizinische Daten zeigten, dass sie bei guter Gesundheit gewesen sein musste, bis Herzschlag, Blutdruck und Puls plötzlich versagten.

»Es gibt nichts, was auf die Schmerzen in der Brust hindeutet, über die sie klagte«, bemerkte Frankovic.

»Dann war dieser Schmerz nicht ernst genug, um von den Überwachungssystemen registriert zu werden«, erwiderte Krebs.

»Sehen wir uns ihr EEG an«, schlug Muzorawa vor. »Der Verlust der Bewegungskoordination sollte in der Aufzeichnung zu erkennen sein.«

Er war es nicht.

O'Hara murmelte: »Könnte es psychosomatisch gewesen sein?«

Stundenlang beschäftigten sie sich mit den Daten. Zwei Wächter kamen mit Tabletts und brachten ihnen das Abendessen. Krebs befahl ihnen, Kleider für die drei in Decken gehüllten Besatzungsmitglieder zu bringen. Während sie aßen, diskutierten sie weiter über die Daten.

»Soweit es die Aufzeichnungen betrifft«, sagte Kayla Ukara mit zornigem Stirnrunzeln, »ist überhaupt nichts schief gegangen.«

»Nicht bis zu Irenes Zusammenbruch«, sagte Muzorawa. Grant stellte fest, dass er beunruhigt aussah.

Karlstad hatte sich soweit erholt, dass etwas von seiner alten Frivolität wiedererwacht war. »Vielleicht hat sie sich zu Tode geängstigt.«

»Sie ist nicht tot!«, widersprach Ukara heftig.

»Wollen wir wetten?«, höhnte Karlstad. »Wenn sie in Ordnung wäre, hätten Patti oder vielleicht sogar unser verehrter Direktor uns benachrichtigt.«

»Höchstwahrscheinlich arbeiten sie noch an ihr«, meinte Muzorawa.

»Wenn sie nach so vielen Stunden noch immer an ihr arbeiten, hat sie die längste Zeit gelebt.«

»Es ist schrecklich, so etwas zu sagen«, stieß O'Hara hervor.

Karlstad zuckte die Achseln. »Es ist so wie die Mutter der alten Spartaner ihren Söhnen sagten: ›Komm mit deinem Schild zurück oder auf ihm.‹ Irene kam auf ihrem Schild zurück.«

»Trotzdem finde ich es schrecklich, wie Sie darüber reden«, sagte O'Hara.

Ukara starrte ihn böse an.

»Warum? Fürchten Sie, dass es sich bewahrheitet, wenn ich darüber spreche?«

»Ich …«

Die Korridortür wurde zurückgestoßen, und Dr. Wo rollte mit seinem elektrischen Rollstuhl in den Raum. Er sah erschöpft aus, ausgelaugt. Zum ersten Mal sah Grant im Direktor einen alten Mann.