»Dr. Pascal starb, ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen«, sagte er mit tonloser Stimme. »Alle Wiederbelebungsversuche waren vergeblich.«
Grant las die Empfindungen von ihren Gesichtern ab: Schock, Trauer, Angst. Ukara sah wie so oft erregt und zornig aus, aber hinter der zur Schau gestellten Empörung glaubte Grant Tränen in ihren Augen zu sehen.
»Mr. Archer«, sagte Dr. Wo, »Sie werden Dr. Pascals Platz in der Besatzung einnehmen. Halten Sie sich morgen für den notwendigen chirurgischen Eingriff bereit.«
Es traf Grant wie ein Keulenschlag. Ich? Chirurgischer Eingriff? Er saß wie betäubt und fühlte, wie ihm das Herz in der Brust zu flattern begann, als er über den Tisch zu Karlstad blickte.
»Mit deinem Schild oder darauf«, sagte Karlstad mit lautlosen Lippenbewegungen.
11. EINGRIFF
Nervös beschmierte Grant alle Teile seines Körpers mit der Enthaarungscreme. Sie werden mich in diese Suppe tauchen, sagte er sich immer wieder. Sie werden mich ertränken.
Es war schon schwierig gewesen, sich das Haar vom Kopf zu schneiden und den Rest dann bis auf die bloße Haut zu rasieren. Die Enthaarungscreme wirkte nur auf dünne Körperbehaarung oder rasierte Stoppeln. Bei den Bemühungen, in der Enge seiner Toilette Waden und Rücken zu erreichen und gleichmäßig einzucremen, kam er sich lächerlich und ungeschickt vor. Die notwendigen Verrenkungen führten dazu, dass er ständig Zehen und Ellbogen anstieß. Zudem war die Creme schlüpfrig und schleimig wie Schmierseife, und als er sie abwusch, war sie pelzig von seinem Haar. Er überlegte, ob sie ihm nicht den Ablauf der Dusche verstopfen würde, bis er sich sagte, dass es ihm völlig egal sein könne.
Ganz gleich wie oft er sich einredete, dass er imstande sein würde, das flüssige PFCL zu atmen, wie Lane und Zeb und die anderen es taten, wuchs die Angst in ihm. Und eine Abneigung, die zu Erbitterung wurde. Ich will es nicht tun, dachte er, aber Wo lässt mir keine Wahl. Er zeigt mit dem Finger auf mich, und ich werde in den Tank gesteckt und bis zum Ertrinken untergetaucht. Es ist wie Egon sagte: Wo zieht an den Fäden, und wir Marionetten tanzen. Keine Fragen, keine Bitten, keine Hilfe.
Als er unter der Dusche die antiseptisch riechende Enthaarungscreme von Armen, Rumpf und Beinen wusch, betete er um Verständnis, um Akzeptanz und vor allem um Mut. Lass nicht zu, dass ich mich lächerlich mache, wenn es Zeit ist, in den Tank zu tauchen, betete er stumm. Lass nicht zu, dass sie sehen, wie sehr ich mich fürchte.
Nun, tröstete er sich, wenn Egon es geschafft hat, kann ich es auch. Trotzdem zitterten ihm die Hände. Der schrille Klang des Telefons erschreckte ihn so sehr, dass er den Waschlappen fallen ließ.
»Anruf beantworten«, rief er.
Aus der Toilette konnte Grant nicht ausmachen, wessen Gesicht auf dem kleinen Bildschirm des Telefons erschien, aber er hörte die kalte, überhebliche Stimme des Hauptmanns der Wache. »Die Chirurgen warten auf Sie. Soll ich einen meiner Leute schicken, Sie zu holen?«
»Ich bin beinahe fertig«, antwortete Grant. Heißer Zorn trieb ihm die Röte ins Gesicht. »Ich werde von selbst hinkommen.«
»Zehn Minuten«, sagte der Hauptmann. »Dann werde ich jemanden schicken müssen.«
Grant beendete seine Wäsche so gut er konnte, dann zog er einen frischen Overall und Mokassins an. Er ging zur Tür, zögerte dort. Du musst es tun, sagte er sich. Du hast keine Wahl.
Erfüllt von siedendem Zorn und einer wachsenden, hilflosen Besorgnis, riss er die Tür auf und schritt den Korridor entlang zum Aquarium. Je weiter er kam, desto mehr wurde sein Zorn von Angst verdrängt.
Der Herr ist mein Hirte, betete er stumm. Mir wird nichts mangeln …
Als er das Aquarium erreichte, hatte er den Psalm ein Dutzend Male wiederholt.
Der Hauptmann und ein halbes Dutzend seiner Leute warteten auf ihn. Auch Sheena war da, kauerte am Boden neben dem Tank und kaute auf Selleriestängeln. Sie erhob sich auf alle viere und kam Grant entgegen.
»Hallo, Sheena«, sagte er mit gepresster Stimme.
»Grant schwimmen«, flüsterte der Gorilla mit heiserer Stimme. »Grant Fisch.«
Er schluckte.
Der Hauptmann der Wache kam heran. »Wir verspäten uns.«
»Tut mir Leid«, murmelte Grant. Er zog die Mokassins aus, dann öffnete er den Reißverschluss seines Overalls.
Einer der Wachmänner pfiff durch die Zähne, als Grant aus seinen Kleidern stieg. »Hübsche Beine.«
Die anderen lachten.
»Dann lasst uns anfangen«, sagte der Hauptmann.
»Einen Moment. Ich möchte …«
Sie warteten nicht. Der Hauptmann stieß ihn zum Rand des großen Tanks.
»Nein, warten Sie«, sagte Grant. Er schnaufte vor Angst. Seine Augen waren groß, der Blick irrte umher.
Sheena kam zu ihm und ergriff Grants rechten Arm; sie gab Acht, ihn nicht zu verletzen, aber ihr Griff war trotzdem schmerzhaft. Zwei der Wachen hielten seinen linken Arm, während ein Dritter ihn um die Mitte fasste und ein Vierter seine bloßen Füße vom Boden hob, sodass er keine Hebelwirkung für sein wildes Zappeln bekommen konnte.
Keiner der Männer sagte ein Wort.
Grant hörte sein eigenes, verzweifeltes, panisches Keuchen, das Scharren der Stiefel auf dem kalten Metall des Bodens, das angestrengte Atmen der Wachen, die ihn festhielten.
Dann umfasste der Kapitän der Wache Grants kahlen Kopf mit seinen großen, fleischigen Händen und stieß ihn mit dem Gesicht voran in den Tank mit dickflüssiger, öliger Lösung.
Grant drückte die Augen zu und hielt den Atem an, bis seine Brust sich anfühlte, als müsse sie bersten. Er brannte innerlich, erstickte, ertrank. Der Schmerz war unerträglich. Er konnte nicht atmen, wagte nicht zu atmen. Ganz gleich, was sie ihm erzählt hatten, er wusste auf der tiefsten, primitivsten Ebene seines Wesens, dass ihn dies umbringen würde.
Aber der Reflex überwältigte seinen Verstand. Gegen seinen Willen und trotz des Schreckens holte er Atem. Und würgte. Er wollte schreien, um Hilfe oder Gnade bitten. Seine Lunge füllte sich mit der kalten Flüssigkeit, und sein ganzer Körper verkrampfte sich, zitterte mit der letzten Hoffnung auf Leben, als sie seinen nackten Körper mit einem letzten erbarmungslosen Stoß ganz in den Tank warfen und er hinabsank, tiefer und tiefer.
Er öffnete die Augen. Unten waren Lichter. Er atmete! Hustend, würgend, von unbeherrschbaren Krämpfen geschüttelt, aber er atmete. Die Flüssigkeit füllte seine Lunge, und er konnte sie atmen. Genau wie normale Luft, hatten sie ihm gesagt. Eine Lüge. Das flüssige Perfluorcarbon war kalt und dick, völlig fremdartig, schleimig und scheußlich.
Aber er konnte atmen. Er sank den Lichtern entgegen. Blinzelte in ihren grellen Schein und sah schließlich, dass dort unten andere nackte und haarlose Körper auf ihn warteten.
»Willkommen in der Mannschaft«, dröhnte eine sarkastische Stimme in seinen Ohren, tief, langsam und widerhallend.
Eine andere Stimme, nicht so laut, aber noch tiefer, ein wahrer Basso profundo, sagte: »Gut, bereiten wir ihn für den Eingriff vor.«
Sie schnallten ihn auf den Operationstisch.
»Herrgott«, rumpelte eine ärgerliche Stimme, »Sie sollten sich enthaaren.«
Grant versuchte zu sagen, dass er es so gut gemacht habe wie er konnte, aber er würgte nur.
»Wir werden ihn rasieren müssen, verdammt noch mal.«
»Her mit dem Rasenmäher.«
Jemand drückte Grant eine Maske aufs Gesicht, und er sank rasch und dankbar in Bewusstlosigkeit.
Als er erwachte, lag er auf dem Rücken in einem schmalen Alkoven, eingeschlossen von dünnen Plastikvorhängen. Die Krankenstation, dachte er. Medizinische Monitore summten und piepten leise irgendwo über seinem Kopf.