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Dennoch musste er eingeschlafen sein, denn er fand sich umringt von Ungeheuern, unbestimmten dunklen Gestalten, die knurrten und grollten und ihn in einer Welt von Schatten und Bedrohungen verfolgten. Eine davon ähnelte einem Gorilla, nur war sie viel größer und ragte über ihm auf wie ein Berg. Ihr tiefes, bedrohliches Grollen vibrierte in Grants Schädel.

Er riss die Augen auf. Das grollende Geräusch war der Wecker, dessen normales Signal in der Flüssigkeit seltsam verfremdet klang. Die Schlafenszeit war um. Zeit, an die Arbeit zurückzukehren.

Grant glitt aus der Koje; es gab keinen Platz, wo er stehen konnte, außer in dem schmalen Gemeinschaftsbereich außerhalb der Kojen. Seine Füße lösten sich bei jeder Bewegung vom Boden. Er fand, dass es keinen Sinn hatte, den Turnanzug zu wechseln oder zur Toilette zu gehen; das vorverdaute Zeug, das sie ihm in die Adern pumpten, erzeugte praktisch keinen Abfall.

Mit einem Gefühl wie eine der verdammten Seelen in Dantes Hölle schwamm Grant durch die Luke zurück in den Brückenraum.

Krebs war noch dort und schwebte über Karlstad und O'Hara, die an ihren Konsolen standen und ihm den Rücken zukehrten. Sie starrte Grant finster an, als hätte er etwas Unrechtes getan. Dann erkannte er, dass sie an ihm vorbei sah. Er wandte den Kopf und sah Zeb durch die Luke kommen.

Krebs starrte die beiden an, als fiele es ihr schwer, sie wiederzuerkennen. Ihr Blick ging von Muzorawas Gesicht zu Grant und wieder zurück.

»Wir melden uns zurück zum Dienst«, sagte Muzorawa.

»Ah. Dr. Muzorawa«, erwiderte Krebs, als sähe sie ihn zum ersten Mal. »Und Mr. Archer.«

»Ja, Madam«, sagte Grant.

Krebs trieb rückwärts und machte ihnen Platz, und Grant nahm seinen Posten zwischen Lane und Zeb ein. Dann sagte sie im Befehlston: »Nun werden wir uns alle mit den Bordsystemen verbinden.«

O'Hara wandte sich von ihrer Konsole ab und nickte lächelnd. Karlstad sah aus — Grant konnte seine Miene nicht deuten. Anscheinend bemühte er sich, ein gleichmütiges Gesicht zu machen, wie ein kleiner Junge, der so tut, als wisse er nicht, dass er gleich mit Weihnachtsgeschenken überschüttet wird.

Muzorawa sagte: »Bereit für die Verbindung.«

»Fangen Sie an«, sagte sie.

Grant tat es den drei anderen nach: er öffnete das schmale Fach, das in die Vorderseite seiner Konsole eingesetzt war. Ein Satz haarfeiner faseroptischer Drähte kam aus der schmalen Öffnung und trieb träge in der Perfluorcarbonflüssigkeit wie das wehende Haar einer mörderischen Medusa. Das Ende jedes Drahts war farbcodiert und passte zu den Farbmarkierungen an den Elektroden in Grants Beinen.

Aus den Augenwinkeln beobachtete er die anderen und fummelte mit den höllisch dünnen Fasern. Seine Finger schienen zu dick und ungeschickt, um mit ihnen umzugehen. Die anderen waren fertig, bevor er ein Bein angeschlossen hatte. Glücklicherweise waren die Faserenden elektrisch geladen, um sich mit bestimmten Elektroden zu verbinden; an die falsche Elektrode ließen sie sich nicht anschließen. Grant fühlte eine leichte, aber merkliche abstoßende Kraft, wie wenn er versuchte, die gleichpoligen Teile eines Magneten zusammenzubringen.

»Wir warten, Mr. Archer«, sagte Krebs, als er endlich mit einem Bein fertig war und am anderen anfing.

Endlich gelangen ihm die Anschlüsse. Er richtete sich auf und fand, dass er ein wenig einer Marionette glich, wenngleich es bei ihm und den anderen die Beine waren, an denen die Drähte hingen. Die faseroptischen Drähte an Krebs' dicken Beinen standen in Verbindung mit einer Schalttafel, die in die Decke eingelassen war.

Wenn sie nicht Acht gibt, dachte Grant, wird sie sich in diese Drähte verstricken. Die Vorstellung, wie sie sich in ihre eigenen Drähte verwickelte und um Befreiung kämpfte wie eine fette Schmeißfliege in einem Spinnennetz, brachte ihn beinahe zum Lachen.

»Sie sind erheitert, Mr. Archer?«

Grant merkte, dass er lächelte. Er war so erschrocken, dass er nicht wusste, was er tun und wie er auf den anklagenden Blick der Missionsleiterin reagieren sollte.

»Wir freuen uns alle, dass wir im Begriff sind, uns mit der Sonde zu verbinden, Kapitän«, sagte Muzorawa neben ihm.

»Wir freuen uns auf die Erfahrung«, pflichtete ihm O'Hara bei.

»Kann ich mir denken.« Krebs' zorniger Blick ging von einem zum anderen. »Und was haben Sie zu sagen?«, fragte sie Karlstad.

»Kein Wort, Madam«, erwiderte Egon. »Ich erwarte Ihren nächsten Befehl.«

Krebs murmelte etwas, zu leise als dass Grant es verstehen konnte, dann sagte sie widerwillig: »Also gut. Aktivieren Sie die Verbindungen.«

Sie streckten die Hände zu den Konsolen aus, nahmen die Plastikabdeckungen von den Schaltern, welche die Verbindungen auslösten, und betätigten sie.

Grant erwartete ein Aufbranden von Kraft, einen elektrischen Schlag, vielleicht einen Kitzel von Euphorie oder wenigstens Vergnügen. Besser als Sex, hatten sie ihm gesagt. Stattdessen fühlte er nichts. Ein leichtes Prickeln in den Beinen, als wären sie eingeschlafen. Aber das verging noch bevor er die Empfindung richtig registrierte, und es blieb — beinahe nichts.

Beinahe.

Grant stand da, ohne auf seine Kollegen zu achten, die neben ihm standen, und fühlte ein merkwürdiges Vibrieren, das durch seine Beine zu pulsieren begann. Es war anders als alles, was er je verspürt hatte. Und es beschränkte sich nicht auf seine Beine. Bald schien sein ganzer Körper zu vibrieren, innerlich zu summen wie die angezupfte Saite eines Kontrabasses. Er starrte auf seine Hände. Sie sahen ruhig aus, zitterten kein bisschen, aber innerlich hatte er das Gefühl, als zittere er wie ein Mann, der einen epileptischen Anfall nahen fühlt.

Er schloss die Augen und merkte, dass die Vibration nicht in ihm war, sondern vom Fusionsgenerator herrührte, tief im Kern der Tauchsonde, der Materie in Energie umwandelte, indem er Atomkerne miteinander verschmolz, um ihre verborgenen Kräfte freizusetzen. Die gewaltige Strahlungsenergie diente nicht nur als Antriebskraft, sondern versorgte die Tauchsonde auch mit Elektrizität für Licht, Heizung und den Betrieb aller anderen Bordsysteme. Von diesen Funktionen rührte das leichte Vibrieren her, das er fühlen konnte, nicht vom Fusionsreaktor selbst, diesem von Menschenhand gemachten Miniaturstern, dessen weißglühendes Plasma hinter mehrschichtigen Abschirmungen verborgen war. Nur im übertragenen Sinne seiner Vorstellung konnte Grant den Donner der immerwährenden Glut hören.

Es war wie Musik, wie ein Sinfonieorchester, das in seinem Geist und Körper spielte, jeden Nerv und jede Ader mit seinen Tönen durchdrang. Die elektrischen Ströme, die durch die Tauchsonde flossen, prickelten wie eine wundersame Kadenz, die kein Ende nahm.

Das Antriebssystem blieb vorerst ausgeschaltet. Grant hätte es gern gefühlt, die Verbindung mit ihm wie eine Erweiterung seiner Selbst gespürt, wenn die gebändigte Urkraft des sonnenheißen Plasmas die Triebwerke der Tauchsonde feuerte.

Undeutlich hörte er eine Stimme. Er beachtete sie nicht. Dies war ein zu großes Vergnügen, um sich durch irgendetwas davon ablenken zu lassen. Die gesamten elektrischen Versorgungssysteme waren Teil von ihm. Er war die Sonde, sie und er waren eins. Es war reine Freude. Ekstase! Wie wenn er ein Gott wäre.

»Fehlt Ihnen was?«

Er zwang sich, die Augen zu öffnen, und sah in Zebs besorgtes Gesicht.

»Nein, nein, es geht mir gut«, sagte Grant. Und das war noch zu wenig gesagt. Er hatte sich sein Leben lang noch nie so … so wohl gefühlt, so lebendig.

»Es kann ein mächtiges Gefühl sein«, bemerkte O'Hara. Grant wandte den Kopf und sah, dass auch sie ein besorgtes Gesicht machte. »Lassen Sie sich nicht davon hinreißen.«