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»Verbindungen einschalten«, befahl Krebs.

Grant betätigte den Schalter, der die faseroptischen Verbindungen zu den implantierten Biochips seiner Beine aktivierte. Er schloss die Augen, als er die summende Energie des Fusionsgenerators in sich vibrieren fühlte. Sie wärmte ihn, erfüllte ihn mit Empfindungen, die er vor der Verbindung niemals gefühlt hatte. Er hatte einen flammenden, von Menschenhand gemachten Stern in sich. Die Elektrizität, die dieser Stern erzeugte, durchpulste ihn, die Verdrahtung der Tauchsonde war sein eigenes Nervensystem, die Leitungen seine Arterien und Adern.

Er fühlte die Vibrationen der Pumpen, die den Kreislauf der Perfluorcarbon-Flüssigkeit im bewohnten Teil der Tauchsonde besorgten. Jedes Licht und jede Kontrollleuchte auf den Konsolen der Brücke war wie eine Verlängerung seiner Finger. Er fühlte, wie die Sensoren der Tauchsonde aktiviert wurden und wie Scheinwerfer eines alten Leuchtturms in den Raum außerhalb des Rumpfes spähten.

Es erforderte eine konzentrierte Willensanstrengung, die Augen zu öffnen und zu erkennen, dass er vor seiner Konsole stand, die Füße verankert in den Bodenschlaufen, flankiert von Muzorawa und O'Hara, Karlstad auf O'Haras anderer Seite, während Krebs hinter ihm schwebte.

O'Hara war an der Kommunikationskonsole, deren zahlreiche kleine Bildschirme sie wie die Facettenaugen eines Insekts anstarrten. Den zentralen Bildschirm füllte Dr. Wos angespanntes Gesicht.

»… automatische Trennungssequenz in fünfzehn Sekunden beginnen«, sagte der Direktor gerade.

»Fünfzehn Sekunden«, wiederholte Krebs mit ruhiger, nüchterner Stimme. Wenn die Trennung von der Station und der Start der Tauchsonde in Jupiters turbulente Wolkenatmosphäre sie erregte oder ängstigte, verbarg sie es vollkommen.

Grant biss sich auf die Lippe. Die synthetische Computerstimme begann mit der letzten Minute des Countdowns.

»Energie und Antrieb?«, fragte Krebs unnötigerweise. Sie konnte Grants Bildschirme so gut sehen wie er selbst.

»Energie und Antrieb okay«, sagte er.

»Lebenserhaltende Systeme?«

»Im grünen Bereich«, sagte Karlstad.

»Kommunikation?«

»Kommunikation einwandfrei«, erwiderte O'Hara.

»Sensoren?«

»Alle Sensoren eingeschaltet und in Funktion«, meldete Muzorawa.

»Wir sind bereit für Trennung und Start«, sagte Krebs zu Wos Abbild.

Gleichzeitig zählte die Computerstimme: »… automatische Trennungssequenz eingeleitet. Trennung in dreißig Sekunden … neunundzwanzig …«

Endlos zogen sich die Sekunden hin. Grant stand an seinem Platz und war sich bewusst, dass er eine kalte, schleimige, mit Sauerstoff angereicherte Flüssigkeit atmete, aber das kümmerte ihn nicht mehr. Die Tauchsonde erwachte zum Leben, elektrische Ströme rasten jetzt durch all ihre Systeme, die Antriebseinheiten wurden eingeschaltet, die Elektronen in den starken supraleitenden Spulen sangen ihre ewige Hymne ständiger Bewegung, unaufhörlicher Hingabe an ihre Aufgabe.

»Zehn Sekunden«, verkündete der Computer.

Die magnetohydrodynamischen Kanäle waren bereit, die sternheißen Plasmaströme des Fusionsreaktors aufzunehmen und in die Triebwerke zu schleudern. Grants Nerven prickelten vom Kitzel der Erwartung.

Die Klammern, die Zheng He an der Station hielten, öffneten sich wie ein Dutzend Gesichter, die alle gleichzeitig zu lächeln begannen. Auch Grant lächelte. Sie waren frei, auf sich selbst gestellt.

»Zündung.«

Die Plasmatriebwerke liefen langsam an. Grant fühlte ihre gewaltige Schubkraft, als wären es seine eigenen Arme, die sich ausstreckten und eine schwere Last hoben. Als die Schubkraft sich aufbaute, vervielfachte sich seine Stärke, und er war stärker als jeder bloße Mensch jemals hoffen konnte zu sein. Er war stärker als Sheena, stärker als ein ganzer Stamm von Gorillas: er hob die ganze Tauchsonde und schob sie mit präziser, zielgerichteter Kraft fort von der Station und hinunter in die wartenden Wolken Jupiters.

Besser als Sex? Dies war besser als leben! Er konnte die Triebwerke auf volle Leistung bringen und die Sonde in einem Augenblick am Jupiter vorbei und hinaus zu den Sternen jagen! Zum Ende des Universums! Grant fühlte, dass die ganze Kraft dieses Universums in ihm pulsierte, übermenschliche Energie, die Stärke und Macht eines Gottes.

Dieses Aufbranden von Arroganz brachte ihn zur Besinnung. Hochmut kommt vor dem Fall, hörte er seines Vaters Stimme. All diese Energie, dieses Empfinden göttlicher Macht ist eine Falle, eine Versuchung zu der Art von Hybris, die so manchen guten Mann schon in ewige Verdammnis geschleudert hat. Eitelkeit, Eitelkeit, alles ist Eitelkeit …

Zitternd stand er vor seiner Konsole, suchte die Selbstbeherrschung zurückzugewinnen und kämpfte an gegen die enorme verführerische Macht dieser Illusion, die ihn täuschen wollte. Es ist ein elektronisches Trugbild, sagte er sich. Du bist nicht mehr als ein Mensch, der elektronisch mit der Maschinerie dieser Sonde verbunden ist. Beherrsche dich.

Trotzdem zitterte er.

Er fragte sich, ob es so etwas Ähnliches gewesen war, das die erste Mission hatte scheitern lassen. War diese Verbindung so überwältigend, dass jemand mit den Bordsystemen Amok lief? Er hatte in seinem eigenen Verstand eine Stelle berührt, wo er den Wunsch verspürt hatte, mit den Plasmatriebwerken auf volle Kraft zu gehen, alle Einschränkungen beiseite zu stoßen und nur aus reiner Freude an der Macht blindlings davonzujagen. Ja, so war es gewesen. Und wenn er es getan hätte, wären sie alle umgekommen.

Noch immer zitterte er, aber nun hatte es mit dem Verstehen der enormen Gefahren zu tun, die in seinem Geist wohnten, in seiner Seele. Es war der uralte Krieg, erkannte er, das niemals endende Ringen zwischen Vergnügen und Verantwortung, zwischen Gut und Böse. Diese kleine Tauchsonde war nur ein neues Gefechtsfeld in jenem immerwährenden Krieg. So lange die Menschheit bestand, ging dieser Krieg weiter.

Aber einen Augenblick lang war Grant mehr als ein Mensch gewesen. Und in gewisser Weise war er es noch immer. Noch immer fühlte er die pulsierende Energie des Generators und der Plasmatriebwerke, sie waren noch immer ein Teil von ihm.

Oder er ein Teil von ihnen.

Macht erfordert Verantwortung, sagte er sich. Extreme Macht erfordert extreme Vorsicht.

VIERTER TEIL

Warum stehst Du so ferne, Herr, entziehst dich in der Zeit der Not? …

Psalm 10

1. IN DEN WOLKEN

»Abschalten«, befahl Krebs.

Grant verharrte ungewiss in der dickflüssigen Atmosphäre des Brückenraumes, die Füße in den Bodenschlaufen verankert, die Arme in Brusthöhe treibend, und kämpfte gegen die Versuchungen der Macht.

»Abschalten!«, wiederholte Krebs. »Jetzt!«

Der Flugplan sah vor, dass sie Jupiter wenigstens zweimal umkreisen sollten, lange genug, um sicherzugehen, dass alle Bordsysteme einwandfrei funktionierten. Dann erst würde Krebs den Befehl zum Eintauchen in die Atmosphäre geben.

Grant schaltete die Verbindung mit dem ganzen Widerwillen eines Süchtigen ab, der sich von seinen Drogen zurückziehen muss. Er war wieder allein, separat, nicht mehr als ein Klumpen Protoplasma in einer fleischigen Hülle.

»Wie fühlen Sie sich?«, fragte Muzorawa, als er die Füße aus den Bodenschlaufen zog und sanft in der Flüssigkeit schaukelte.

»Ein wenig wacklig«, gab Grant zu.

Karlstad schwamm zu ihnen. »Ich sehe nicht, warum wir um den verdammten Planeten kreisen müssen. Warum bleiben wir nicht verbunden und machen weiter?«

»Sie müssen ausruhen«, antwortete Krebs. »Essen, entspannen. Schlafen. Es ist nicht gut, zu lange mit der Sonde verbunden zu bleiben.«