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O'Hara, die noch an ihrer Kommunikationskonsole stand, sagte: »Kapitän, Dr. Wo möchte Sie auf dem privaten Kanal sprechen.«

Krebs nickte und zog Kopfhörer über ihren kahlen Schädel.

»Wann schläft sie?«, flüsterte Karlstad.

Muzorawa nickte. »Ich glaube nicht, dass sie die Kontakte gezogen hat, seit wir uns zuerst anschlossen.«

Grant zuckte die Achseln und schwamm zum Nahrungsspender. Er fühlte sich nervös, müde aber aufgeputscht. Vielleicht war ein kurzer Schlummer das, was er brauchte.

Es war ihm noch immer unangenehm, den Schlauch in die Ventilfassung in seinem Hals zu stecken, aber er zwang sich dazu. Als der Zähler im Metallgesicht des Nahrungsspenders die Sättigungsmarke erreichte und der Strom intravenöser Flüssigkeit versiegte, zog er den Schlauch mit einer schaudernden Grimasse heraus.

»Was ist los, schmeckt es nicht köstlich?«, spottete Karlstad.

Grant steuerte seine Koje an, ohne zu antworten. Die drei anderen blieben um den Nahrungsspender versammelt.

Obwohl er wusste, dass er in ein paar Stunden wach und einsatzbereit sein musste, konnte Grant nicht schlafen. Er musste weiter an den Kitzel der Macht denken, den er in der Verbindung mit der Tauchsonde verspürt hatte. Die Frage war, ob es im weiteren Verlauf durch Gewöhnung leichter sein würde, oder womöglich noch verführerischer, noch verderblicher. Er betete um Gottes Hilfe, dass er ihnen die Kraft gebe, der Versuchung zu widerstehen.

Dann dachte er daran, eine Botschaft für Marjorie aufzusetzen, obwohl er nicht imstande sein würde, sie vor ihrer Rückkehr von dieser Mission abzuschicken. Wenn sie zurückkehrten, sagte er sich. Dann hörte er die drei anderen in die Katakombe kommen und leise miteinander murmeln und schließlich in ihre Kojen schlüpfen.

Grant ließ ihnen genug Zeit zum Einschlafen, dann kroch er so leise er konnte aus seiner Koje, streifte schnell den Turnanzug ab und zog einen frischen aus dem Spind. Hellwach, da er wusste, dass er nicht würde schlafen könne, öffnete er die Luke und trieb in den Brückenraum.

Krebs schlief nahe der Decke in der leichten Strömung treibend und von ihr bewegt. Ihre Augen waren geschlossen, ein leise gurgelndes Geräusch, das in normaler Luft wahrscheinlich ein Schnarchen gewesen wäre, drang aus ihrem halb offenen Mund. Und sie war noch mit den Bordsystemen verbunden. Grant sah, dass die Drähte von den Deckenanschlüssen noch immer fest in den Elektroden ihrer dicken, haarlosen Beine steckten.

Sie schläft angeschlossen, dachte Grant bei sich und überlegte, wie das wohl sein mochte. Dann fragte er sich, ob das gut war oder nicht. War sie womöglich süchtig geworden? War das die Freude, die sie dem Leben abgewann?

* * *

Einer nach dem anderen kehrten Muzorawa, Karlstad und O'Hara zur Brücke zurück, beinahe wie Schlafwandler, und nahmen ihre Plätze an den Konsolen ein. Krebs schnarchte noch immer sanft und trieb oben nahe der Decke, leicht bewegt von der Strömung. Grant steckte die Füße in die Bodenschlaufen und sah, dass seine Konsole alle Systeme im Normalbetrieb zeigte. Nichts als grüne Kontrollleuchten. Er legte einen Finger auf das Tastfeld der Konsole, um die Hilfssysteme zu überprüfen. Schon jetzt kam ihm das manuelle Verfahren lästig vor. Wenn er verbunden war, konnte er alle Systeme fühlen und wusste mit geschlossenen Augen, wie sie ihren Dienst erfüllten.

Aber sie durften die Steckverbindungen nicht herstellen, bevor Krebs den Befehl erteilte, und sie schlief noch, trieb über ihnen unter der Decke.

»Nun, wenigstens wissen wir, dass sie auch schlafen muss«, flüsterte Karlstad vernehmlich. »Das ist gut«, flüsterte O'Hara zurück. »Jeder muss manchmal schlafen.«

»Sie können es nicht erwarten, mit der Arbeit zu beginnen«, ertönte Krebs' kalte, harte Stimme. »Gut.«

Karlstad verdrehte die Augen zum Himmel.

»Stecken Sie Ihre Anschlüsse ein«, befahl Krebs.

Diesmal arbeitete Grant schneller und war noch vor Karlstad fertig. Ein angenehmes Gefühl von Erwartung erwärmte ihn, und er sah O'Haras Gesichtsausdruck an, dass es ihr ähnlich ging.

»Verbindung einschalten«, sagte Krebs.

Wieder fühlte Grant sich von der Kraft des Fusionsgenerators durchströmt, fühlte die Musik der elektrischen Ströme. Die Triebwerke, bat er stumm. Zeit, die Zündung einzuschalten.

Stattdessen überprüfte Krebs geduldig das Navigationssystem und wartete ab, bis sie in ihrer Umlaufbahn den genauen Punkt erreichten, wo sie die Umlaufbahn verlassen und in die Atmosphäre eintauchen sollten.

»Wir nähern uns dem Schlüsselloch«, rief Muzorawa.

Ohne um Erlaubnis zu bitten, schloss Grant die Augen und verband sich momentan mit Zebs Sensoren. Nun sah er, was sie zeigten: die streifigen, turbulent dahinjagenden Wolken, angetrieben von der ungeheuer schnellen Umdrehung des Riesenplaneten, der sie in lange, ockergelbe, blassgraue und rostbraune Streifen zog. Blitze zuckten durch die Wolken, Entladungen ungeheurer elektrischer Energien. Er fühlte die Wärme, die von diesen Wolken ausstrahlte, hörte das immerwährende Heulen von Orkanen, neben denen sich die wildesten Wirbelstürme auf Erden harmlos ausnahmen.

Und die Sensoren zeigten, dass gerade in dem Bereich, wo sie in die Wolkendecke eintreten wollten, ein enormer Wirbelsturm blendend weißer Wolken tobte.

»Der Eintrittsbereich ist von einem Zyklon bedeckt«, sagte Muzorawa mit gepresster Stimme.

Grant öffnete die Augen. Zebs Gesicht war eine ausdruckslose Maske. Als er den Kopf wandte, sah er, dass O'Hara und Karlstad beide besorgt aussahen.

Krebs machte ein Geräusch, das ein Grunzen sein mochte. Oder ein unterdrücktes Knurren. »Gut, dann werden wir zum alternativen Eintrittspunkt weiterfliegen.«

Grant blickte auf zum großen Wandbildschirm. Er zeigte ihre Umlaufbahn vor den wirbelnden Wolkenstreifen. Der alternative Eintrittspunkt war eine Viertelumlaufbahn entfernt. Näher dem Roten Fleck, sah Grant. Nicht nahe genug, um gefährlich zu sein, aber jede Annäherung an diesen titanischen Orkan war beunruhigend.

Niemand sprach während der neunundvierzig Minuten, die sie brauchten, um den alternativen Eintrittspunkt zu erreichen. Grant beschäftigte sich einstweilen mit dem Fusionsgenerator; er war wie ein wärmendes, knackendes Kaminfeuer an einem kalten Wintertag. Bald würden sie in den Wolken sein, dachte er bei sich. Und dann im Ozean. Dort würde sich zeigen, wie genau seine kartographische Aufzeichnung der Strömungen gewesen war.

»Automatische Startzählung«, rief Krebs endlich.

Grant leckte sich die Lippen, als der Bordrechner die Sekunden zählte. Der Geschmack in seinem Mund war seltsam, nicht unangenehm, aber die Perfluorcarbon-Flüssigkeit ähnelte nichts, was seine Geschmacksknospen jemals in der Vergangenheit kennen gelernt hatten. Er hatte in seinem Gedächtnis keine Bezugspunkte dafür, nicht einmal auf der Ebene, wo der Instinkt regierte.

»Zündung in zehn Sekunden«, sagte die synthetische Stimme des Computers. In Erwartung der Triebwerkszündung hielt Grant den Atem an.

Und dann liefen die Triebwerke an. Grant fühlte sich von ihrer Kraft durchdrungen wie von der Brandungswelle eines Tsunami, die Kaimauern einreißt, Bäume entwurzelt, Gebäude wegschwemmt, Hügel einebnet und alles fortreißt, was in ihrer Bahn ist.

Er biss die Zähne zusammen und setzte seine ganze Willenskraft ein, um nicht nachzugeben. Er war übermächtig! So sehr, dass er die Tauchsonde mit den bloßen Händen auseinander reißen konnte. Wenn er die Augen zusammenkniff, konnte er in das flammende Plasma blicken, das aus den Austrittsöffnungen der Triebwerke schoss, die Energie fühlen, die aus dem Fusionsgenerator strömte, als wären es seine eigenen Muskeln, die ihre Sonde tief in die Wolkenhülle Jupiters hineintrieben, hinab ins Unbekannte, jenseits der Reichweite jeder Hilfe, jedes Verständnisses der jämmerlichen, gebrechlichen zweibeinigen Affen, die sich an die Muschelschale der Orbitalstation klammerten.