»Aber wer führt diesen Gladiatorenhaufen an?«, wollte Pompeius wissen, ohne sich darum zu kümmern, dass sein Ton in gewisser Weise bestätigte, dass Crassus’ Führerschaft nichts weiter war als eine Fassade.
Wieder blätterte der Konsul in seinen Unterlagen herum und befeuchtete den Finger mehr als einmal, um sie voneinander zu trennen.
»Ja, hier habe ich es. Sie werden von einem Gladiator namens Spartacus angeführt, einem Thraker. Er hat das Ganze angezettelt, und die anderen sind ihm gefolgt. Mehr habe ich hier nicht, aber sobald weitere Berichte eingehen, leite ich sie unverzüglich an Crassus weiter.«
»Mit eurer Erlaubnis, meine Herren, würde ich jetzt gern mit meinem Stellvertreter von hier aufbrechen und uns auf den bevorstehenden Marsch vorbereiten«, sagte Crassus.
Beim Umdrehen tippte er mit der Hand auf Julius’ Schulter. »Wenn wir losziehen, will ich die Primigenia dabei haben, Julius«, sagte er leise.
»Sie wird bereit sein«, versprach Julius.
Crassus entspannte sich in der wohligen Wärme der im Boden eingelassenen Wanne und ließ alle Mühsal des Tages von sich gleiten. Draußen war es schon früh dunkel geworden, doch das Badegemach wurde durch leise flackernde Laternen und Kerzen erleuchtet und die Luft von dichtem Dampf erfüllt. Er genoss die Kühle des Marmors an seinen Armen, die auf der marmornen Einfassung ruhten. Das Wasser reichte ihm bis zum Hals, aber da er unter der Oberfläche auf einem blank polierten Steinsitz saß, konnte er sich völlig entspannen. Er atmete langsam aus und fragte sich, warum das Becken in seinem eigenen Haus nie so bequem und angenehm war.
Servilia saß ihm gegenüber nackt im Wasser, nur ihre Schultern ragten daraus hervor. Wenn sie sich bewegte, tauchten die wogenden Rundungen ihrer Brüste verlockend auf, um kurz darauf wieder im Wasser zu verschwinden, das von den süßen Ölen getrübt war, welche Servilia für sie beide ins Wasser goss. Als er müde und gereizt von seinen Heerführern zu ihr gekommen war, hatte sie sofort gewusst, was er brauchte. Seine schlechte Laune war alsbald verflogen, nachdem ihre Finger die schmerzenden Partien seines Nackens bearbeitet hatten, bevor er in das tiefe Becken gestiegen war, das im Privatflügel ihres Hauses in den Boden eingelassen war. Sie spürte immer genau, wie ihm zumute war.
Jetzt sah sie, wie die Anspannung des Tages von Crassus wich, und sie amüsierte sich über sein wohliges Stöhnen, seine erleichterten Seufzer. Sie wusste etwas über den alternden Senator, das sonst kaum jemand wusste, nämlich dass er ein schrecklich einsamer Mann war, der ein riesiges Vermögen und sehr viel Einfluss angesammelt hatte, ohne jedoch an seinen Jugendfreunden festgehalten zu haben. Nur selten verlangte er mehr von ihr als die Gelegenheit, ein privates Gespräch zu führen, obwohl sie wusste, dass der Anblick ihrer Nacktheit ihn immer noch erregen konnte, wenn sie es zuließ. Es war eine angenehme Beziehung, ohne die schäbige Sorge um die Bezahlung, die sonst gelegentlich die Intimität trübte. Er bot ihr keine andere Münze als seine Gesellschaft an, doch die war manchmal mehr wert als Gold.
Das Öl glitzerte auf der Wasseroberfläche, und sie malte mit dem Finger Muster hinein. Sie wusste, wie sehr er sich an ihrem Anblick erfreute.
»Du hast die Primigenia auferstehen lassen«, sagte sie. »Mein Sohn ist unglaublich stolz auf die Männer, die er unter diesem Namen versammelt hat.«
Crassus lächelte leise. »Hättest du Marius gekannt, würdest du verstehen, weshalb es mir solches Vergnügen bereitet hat, das zu tun.«
Er beschloss, sie nicht daran zu erinnern, welche Rolle Pompeius und Cinna dabei gespielt hatten, da er ihre Namen nicht in ihrem Hause hören wollte. Auch das verstand sie, ohne dass es eigens ausgesprochen werden musste.
Servilia erhob sich halb aus dem Wasser und streckte ihre schlanken Arme seitlich aus, so dass ihre Brüste seinen Blicken dargeboten waren. Sie bildete sich sehr viel auf sie ein und bewegte sich ohne Scham vor ihm. Crassus lächelte anerkennend. Er genoss ihre Anwesenheit.
»Ich war ein wenig erstaunt, dass er Julius das Kommando übergeben hat«, sagte er.
Servilia zuckte die Achseln, was ihn überaus faszinierte.
»Er liebt ihn«, erwiderte sie. »Rom darf sich glücklich schätzen, dass es Söhne wie diese beiden hat.«
»Cato würde dir da nicht zustimmen, meine Liebe. Vor ihm solltest du dich in Acht nehmen.«
»Das weiß ich, Crassus. Sie sind beide noch so jung. Sogar noch zu jung, um die Gefahr wachsender Schulden zu sehen.«
Crassus seufzte. »Du bist zu mir gekommen, weil du meine Hilfe gebraucht hast, weißt du noch? Ich habe der Primigenia keine finanziellen Beschränkungen auferlegt. Soll ich jetzt damit aufhören? Ich würde mich zum Gespött der Leute machen.«
»Weil du die Legion des Marius aus der Asche hast wiederauferstehen lassen? Niemals. Du hast wie ein Staatsmann gehandelt, Crassus; das werden sie anerkennen. Es war ein überaus nobler Akt.«
Crassus lachte auf, legte den Kopf nach hinten auf den kühlen Stein und blickte hinauf zur Decke, unter der sich der Dampf als abkühlender Nebel sammelte.
»Du streichst mir viel zu offenkundig Honig ums Maul, findest du nicht? Wir reden hier von keiner kleinen Summe, bei aller Freude, die es mir bereitet hat, die Primigenia wieder in den Heeresrollen zu sehen.«
»Hast du jemals daran gedacht, dass Julius die Schulden womöglich begleicht? Er hat genug Gold.« Die Luft kühlte ihre Haut merklich ab. Ein Schauder überlief sie, und sie ließ sich wieder ins Wasser gleiten. »Es wäre so viel besser für dich, ein Geschenk daraus zu machen, eine noble Geste, die die kleinlichen Männer im Senat beschämt. Ich weiß, dass du dich nicht groß um Geld scherst, Crassus, deshalb hast du so viel davon. Dir liegt mehr an dem Einfluss, der damit verbunden ist. Es gibt andere Arten von Schulden. Wie oft habe ich schon Informationen weitergegeben, die du zu deinen Gunsten einsetzen konntest?«
Als Antwort auf ihre eigene Frage zuckte sie mit den Schultern, worauf das dampfende Wasser kleine Wellen schlug. Crassus hob mit einiger Mühe den Kopf und ließ seinen Blick über sie wandern. Sie lächelte ihn an.
»Es ist ein Teil meiner Freundschaft, und es hat mir hin und wieder Freude bereitet, dir zu helfen. Mein Sohn wird dir immer in Freundschaft zugetan sein, wenn du ihm das Geld gibst. Julius wird dich in allem unterstützen. Solche Männer kann man nicht mit schnöder Münze kaufen, Crassus. Dafür sind sie viel zu stolz, aber eine erlassene Schuld? Das ist eine großzügige Geste, und das weißt du ebenso gut wie ich.«
»Ich werde… darüber nachdenken«, sagte er und schloss die Augen.
Servilia sah zu, wie er in einen leichten Schlaf hinüberglitt. Das Wasser um sie herum kühlte allmählich ab. Er würde tun, was er wollte. Ihre eigenen Gedanken wanderten zu dem Tag, an dem sie Julius bei der Verhandlung gesehen hatte. Was für ein selbstbewusster junger Mann. Als ihr Sohn ihm die Primigenia überlassen hatte, hatte sie sich gefragt, ob die beiden über die Schulden bei Crassus nachgedacht hatten. Jetzt würden diese sich zu einer Bürde auswachsen. Eigenartig, dass der Gedanke an die Dankbarkeit ihres Sohnes ihr weniger Vergnügen bereitete als die Gewissheit, dass sie an dem Geschenk für Julius beteiligt gewesen war.
Genüsslich ließ sie die Hände über ihren Bauch gleiten und dachte an den jungen Römer mit den sonderbaren Augen. Er hatte eine Kraft in sich, die sich in dem schlafenden Crassus nurmehr als Widerhall fand, obwohl die Aufgabe, die Legionen nach Norden zu führen, dem alten Mann zugefallen war.
Eine Sklavin kam beinahe geräuschlos herein, ein hübsches Mädchen, das Servilia von einem Bauernhof im Norden gerettet hatte.
»Dein Sohn ist gekommen, Herrin, mit dem Tribun«, flüsterte das Mädchen.
Servilia sah zu Crassus hinüber und gab dem Mädchen ein Zeichen, dass sie ihre Stelle in dem noch immer warmen Wasser einnehmen sollte. Wenn er aufwachte, wollte er gewiss nicht allein sein, und das Mädchen war hübsch genug, um selbst sein Interesse zu wecken.