Выбрать главу

Die bis dahin so nervösen Augen sahen dem bereits in der Tür zum Wohntrakt verschwindenden Sklaven jetzt ruhig nach. Nun galt es zu fliehen, zuvor gab es noch eine blutige Aufgabe zu erledigen. Er seufzte. Casaverius war kein schlechter Mensch, doch selbst wenn er sich den Bart abrasiert hatte und sein Haar wieder auf die normale Länge heruntergewachsen war, könnte er ihn wiedererkennen.

Er fühlte sich mit einem Male sehr müde, als er sich wieder zu den Kühlräumen umdrehte. Unterwegs legte er die Hand auf den beinernen Griff seines Dolches unter der Tunika. Er würde es nicht wie einen Selbstmord, sondern wie einen Mord aussehen lassen, das würde Casaverius’ Familie vielleicht wenigstens vor Racheakten schützen.

»Hast du das Tablett übergeben?«, fuhr Casaverius ihn an, als er den kühlen kleinen Raum wieder betrat.

»Ja, habe ich. Es tut mir Leid, Casaverius.«

Der Koch blickte auf, als Tubruk mit schnellen Schritten auf ihn zukam. Die Stimme des Mannes war plötzlich tiefer geworden und seine gewohnte Schüchternheit war verschwunden. Mit einer Mischung aus Angst und Verwirrung erblickte Casaverius die Klinge.

»Dalcius! Leg das weg!«, sagte er noch, doch da stieß Tubruk ihm bereits den Dolch in die massige Brust, direkt ins Herz, und danach stieß er noch zwei weitere Male zu, um ganz sicherzugehen.

Casaverius rang nach Luft, aber sie blieb ihm verwehrt. Sein Gesicht verfärbte sich violett, und seine Hände griffen ziellos um sich, fegten sämtliche Kellen und Krüge von den Tischen, bis er endlich zu Boden ging.

Tubruk war speiübel. In seiner gesamten Zeit als Gladiator und Legionär hatte er nie einen unschuldigen Menschen umgebracht. Jetzt fühlte er sich beschämt und schmutzig. Casaverius war ein liebenswürdiger Mann gewesen, und Tubruk wusste, dass die Götter immer Rache an denen nahmen, die den Guten Schaden zufügten. Er versuchte sich zusammenzureißen und seinen Blick endlich von der Stelle loszureißen, an der die Leiche des dicken Mannes am Boden lag. Leise ging er hinaus, doch in dem engen Gang, der zur Küche zurückführte, hallten seine Schritte laut wider. Jetzt musste er so schnell wie möglich entkommen und zu Fercus gelangen, bevor Alarm geschlagen wurde.

Sulla lag lang ausgestreckt auf einer Liege. Eigentlich unterhielt er sich mit Antonidus, dem Oberbefehlshaber seiner Truppen, doch seine Gedanken schweiften ab. Der Tag war lang gewesen, und es schien ganz so, als wolle der Senat seine Nominierung für neue Magistrate blockieren. Er war mit dem Auftrag, die Ordnung in der Republik wiederherzustellen, zum Diktator gemacht worden, und in den ersten Monaten waren die Senatsmitglieder seinen Wünschen mit großem Eifer nachgekommen. Aber seit kurzem debattierten sie in stundenlangen Reden über die Befugnisse und Begrenzungen seines Amtes, und seine Berater hatten ihm empfohlen, ihnen zumindest eine Weile seine Befehle nicht zu direkt aufzuzwingen. In seinen Augen waren das alles nur kleine Männer. Klein in Träumen und klein in Taten. Wäre Marius noch am Leben gewesen, er hätte diese Dummköpfe verachtet.

»…werden Einwände gegen die Liktoren erhoben, mein Freund«, sagte Antonidus gerade.

Sulla schnaubte verächtlich.

»Einwände hin oder her, ich werde weiterhin vierundzwanzig Liktoren bei mir haben. Ich habe viele Feinde, und ich will, dass sie sich meiner Macht bewusst sind, wenn sie mich auf meinem Weg zwischen dem Capitol und der Curia sehen.«

Antonidus zuckte die Achseln.

»Früher waren immer nur zwölf zulässig. Vielleicht ist es besser, dem Senat in diesem einen Punkt nachzugeben und sich auf wichtigere Verhandlungen zu konzentrieren.«

»Das ist doch nur eine Bande zahnloser alter Männer!«, knurrte Sulla beleidigt. »Ist im letzten Jahr nicht wieder Ruhe und Ordnung in Rom eingekehrt? Hätten sie das vielleicht alleine erreicht? Nein! Wo war denn der Senat, als ich um mein Leben kämpfte? Was für eine Hilfe waren sie mir da? Nein, ich bin ihr Herr, und man sollte ihnen diese einfache Tatsache ein für alle Mal klar machen. Ich bin es leid, ständig auf ihre Empfindsamkeiten Rücksicht zu nehmen und so zu tun, als sei die Republik noch immer jung und stark.«

Antonidus gab keine Antwort, denn jede Widerrede würde nur noch wildere Ankündigungen und Drohungen zur Folge haben. Zu Anfang hatte er sich geehrt gefühlt, dass man ihn zum militärischen Berater ernannte. Leider hatte sich sehr bald herausgestellt, dass dieser Posten nichts weiter als eine Fassade war. Sulla benutzte ihn lediglich als Strohmann für seine eigenen Befehle. Aber trotz allem konnte er Sullas Enttäuschung teilweise nachvollziehen. Der Senat mühte sich einerseits, seine Würde und althergebrachte Autorität aufrechtzuerhalten, andererseits gestand er die Notwendigkeit ein, einen Diktator einzusetzen, der den Frieden in Rom und seinen Provinzen bewahrte. Es war die reinste Farce, und Sulla wurde dieses Spielchens schnell müde.

Ein Sklave kam mit den Eisspeisen herein und stellte die Schälchen auf den niedrigen Tisch vor ihnen, ehe er sich unter tiefen Verbeugungen wieder entfernte. Sulla setzte sich auf. Seine Gereiztheit war mit einem Mal verflogen.

»Das hier musst du unbedingt probieren. Es gibt nichts Erfrischenderes gegen die Sommerhitze.« Er nahm einen silbernen Löffel, schaufelte sich das weiße Eis in den Mund und schloss genießerisch die Augen. Das Schälchen war bald leer, und er überlegte, ob er nach mehr verlangen sollte. Nach dem Eis schien sein ganzer Körper abgekühlt, und sein Geist hatte sich wieder beruhigt. Er sah, dass Antonidus noch nicht einmal probiert hatte, und drängte ihn dazu.

»Man muss es schnell essen, bevor es schmilzt. Aber selbst wenn es schon geschmolzen ist, ist es immer noch ein erfrischendes Getränk.« Er sah zu, wie der General einen Löffel voll probierte und lächelte ihm zu.

Antonidus hätte ihre Unterredung eigentlich gern zu Ende gebracht, um zu seiner Familie nach Hause zu gehen. Doch er wusste, dass er nicht aufstehen durfte, bevor Sulla müde war, und fragte sich, wann es endlich so weit sein würde.

»Deine neuen Magistrate werden morgen von der Curia bestätigt«, sagte er.

Sulla lehnte sich auf seiner Liege zurück, und seine Grimasse unterstrich seinen schmollenden Tonfall.

»Das sollten sie auch. Ich schulde jedem dieser Männer einen Gefallen. Wenn es noch mehr Verzögerungen gibt, wird der Senat es schon bald bereuen. Bei den Göttern, das schwöre ich! Sonst löse ich den Senat auf und lasse die Tore zunageln!«

Beim Sprechen zuckte er ein wenig zusammen und rieb sich mit einer Hand leicht über den Magen.

»Wenn du den Senat auflösen lässt, kommt es wieder zum Bürgerkrieg, und die Stadt würde wieder einmal in Flammen stehen«, sagte Antonidus. »Aber ich denke, am Ende würdest du auch daraus siegreich hervorgehen, denn du kannst dir der uneingeschränkten Unterstützung der Legionen sicher sein.«

»Das ist der Weg, den Könige beschreiten«, erwiderte Sulla. »Er zieht mich an und stößt mich zugleich ab. Früher war ich ein glühender Anhänger der Republik und wäre es immer noch, würde sie von solchen Männern geführt wie damals, als ich noch ein Knabe war. Aber die gibt es nicht mehr, und wenn heute Rom ruft, kommen die Kleingeister, die jetzt noch übrig sind, wehklagend zu mir gelaufen.« Er musste plötzlich kräftig aufstoßen und zuckte dabei zusammen. Auch Antonidus verspürte fast im gleichen Moment einen bohrenden Schmerz in seinem Innern. Ein schrecklicher Verdacht ließ ihn von der Liege aufspringen. Sein Blick fiel auf die beiden Schälchen. Eines war geleert, das andere fast unberührt.

»Was ist denn?«, fragte Sulla und richtete sich mühsam auf. Doch im selben Moment, in dem er die Frage stellte, zeigte sein vor Schrecken verzerrtes Gesicht, dass auch er begriffen hatte. Das Brennen in seinem Leib breitete sich aus, und er presste eine Hand auf die Magengegend, als könne er es so unterdrücken.

»Ich spüre es auch«, stieß Antonidus entsetzt hervor. »Das könnte Gift sein. Steck dir schnell den Finger in den Hals!«