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Sulla wankte, fiel auf die Knie und schien im Begriff, ohnmächtig zu werden. Antonidus achtete nicht auf seine eigenen, immer stärkeren Schmerzen und eilte ihm zu Hilfe.

Er steckte dem Diktator einen Finger in den erschlafften Mund und verzog das Gesicht, als sich ein schleimiger Strahl Erbrochenes über seine Hand ergoss. Sulla stöhnte auf und verdrehte die Augen.

»Komm schon! Komm! Noch einmal!«, drängte Antonidus und schob ihm die Fingerspitzen erneut tief in den Rachen. Von Krämpfen geschüttelt brachte der Diktator Galle und Schleim hervor, bis er nur noch schwer und trocken würgte. Dann fiel sein zuckender Brustkorb in sich zusammen, und nach einem letzten keuchenden Atemzug versagte die Lunge. Antonidus schrie um Hilfe und entleerte sich nun selbst den Magen. Trotz der Panik hoffte er bei den Göttern, dass er keine tödliche Portion von dem Gift abbekommen hatte.

Die Wachen waren sofort zur Stelle, fanden Sulla aber nur noch bleich und reglos vor. Antonidus war nur noch halb bei Bewusstsein und über und über mit stinkendem Erbrochenem bedeckt. Er hatte kaum noch Kraft genug, um sich aufzurichten, doch ohne klare Befehle standen die Wachen wie angewurzelt da.

»Holt die Ärzte!«, krächzte Antonidus. Seine Kehle fühlte sich an wie rohes Fleisch. Sie war angeschwollen, aber die Magenschmerzen ließen schon wieder nach. Er nahm die Hand weg und versuchte seine Gedanken zu sammeln.

»Riegelt das Haus ab! Der Diktator ist vergiftet worden!«, rief er. »Schickt Männer in die Küche hinunter. Ich will wissen, wer dieses wässrige Zeug hier heraufgebracht hat, und ich will den Namen eines jeden wissen, der damit in Berührung gekommen ist. Beeilt euch!« Doch ausgerechnet jetzt verließen ihn seine Kräfte. Er ließ sich auf die Liege sinken, auf der er noch vor ein paar Minuten friedlich über den Senat diskutiert hatte. Ihm war klar, dass er jetzt schnell handeln musste, sonst versank Rom im Chaos, sobald die Nachricht auf die Straße drang. Wieder übergab er sich. Danach fühlte er sich zwar sehr schwach, aber sein Verstand wurde wieder klar.

Die herbeieilenden Ärzte ignorierten den Feldherrn und kümmerten sich zuerst um Sulla. Sie befühlten sein Handgelenk und seinen Hals und sahen sich entsetzt an.

»Er ist tot«, sagte einer der Ärzte mit bleichem Gesicht.

»Seine Mörder werden gefunden und gevierteilt werden. Das schwöre ich bei meinem Hause und bei meinen Göttern«, flüsterte Antonidus mit einer Stimme, die ebenso bitter war wie der Geschmack in seinem Mund.

Gerade als im Haupthaus der Stadtresidenz des Sulla die ersten Schreie laut wurden, erreichte Tubruk die kleine Tür, die hinaus auf die Straße führte. Dort stand zwar nur ein einziger Posten, doch der Mann war wachsam und trat ihm mit finsterer Miene entgegen.

»Geh zurück, wo du hingehörst, Sklave«, sagte er mit fester Stimme. Seine Hand lag bereits auf dem Griff seines Gladius. Tubruk knurrte, sprang auf ihn zu und fegte ihn mit einem Überraschungsschlag von den Füßen. Der Soldat fiel ungeschickt und blieb bewusstlos liegen. Tubruk hielt einen Moment inne und dachte nach. Er wusste, dass er jetzt einfach über den Soldaten hinwegtreten und durch den kleinen Lieferanteneingang entwischen konnte. Doch der Mann würde ihn wiedererkennen und eine Beschreibung von ihm abgeben, obwohl man ihn vielleicht auch exekutierte, weil er als Torwache versagt hatte. Die Verzweiflung, die Tubruk seit dem Mord an Casaverius erfüllte, stieg wieder in ihm hoch. Doch seine Verantwortung lag bei Cornelia und Julius – und bei dem Gedenken an Julius’ Vater, der ihm vertraut hatte.

Entschlossen zog er seinen Dolch und schnitt dem Soldaten die Kehle durch. Er trat einen Schritt zurück, um sich nicht mit Blut zu besudeln. Als er zustach, gab der Mann gurgelnde Laute von sich und öffnete noch einmal die Augen, bevor der Tod ihn mit sich riss. Tubruk ließ das Messer fallen, öffnete das Tor und trat hinaus in die Straßen der Stadt. Die wenigen Menschen, die dort friedlich ihrer Wege gingen, ahnten nichts von dem alten Wolf, der sich soeben unter sie gemischt hatte.

Um in Sicherheit zu sein, musste er es bis zu Fercus schaffen, doch das war ein Weg von mehr als einer Meile. Er kam zwar schnell voran, aber aus Angst, jemand könnte ihn gerade deshalb bemerken und verfolgen, konnte er nicht rennen. Hinter sich hörte er bereits das vertraute Geklapper von Legionärssandalen. Die Soldaten bezogen bereits Positionen und machten sich daran, Leute anzuhalten und nach Waffen und einem schuldbewussten Gesicht zu suchen.

Dann rannten noch mehr Legionäre an ihm vorbei und ließen ihre Blicke über die Menge schweifen, während sie sich einen Weg zu bahnen versuchten, um die Straße abzuriegeln. Tubruk wich in eine Seitenstraße aus, dann in noch eine. Er versuchte, Ruhe zu bewahren. Sie konnten noch gar nicht wissen, nach wem sie eigentlich suchten, doch sobald er in Sicherheit war, würde er sich den Bart abnehmen. Was auch immer geschah, er durfte ihnen auf keinen Fall lebend in die Hände fallen. Mit etwas Glück gelang es ihnen dann wenigstens nicht, eine Verbindung zwischen ihm, dem Gut und Julius’ Familie herzustellen.

Als die Soldaten die Straße abriegelten, warf plötzlich ein Mann seinen Gemüsekorb zur Seite und rannte los. Tubruk dankte den Göttern für das schlechte Gewissen des Fliehenden. Als die Legionäre ihn fassten, musste Tubruk an sich halten, um sich nicht umzudrehen. Doch die gellenden Schreie des Mannes gingen ihm durch Mark und Bein, als sie seinen Kopf auf die Pflastersteine der Straße schlugen. Tubruk lief mit eiligen Schritten um eine Ecke nach der anderen, bis das Kreischen endlich hinter ihm lag. Als er die dunkle Straße erreicht hatte, die ihm Fercus genannt hatte, verlangsamte er seine Schritte wieder. Zuerst glaubte er, sie sei verlassen, dann jedoch erblickte er seinen Freund, der auf einer unbeleuchteten Türschwelle stand und ihm ein Handzeichen gab. Eilig trat er ein. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. In dem kleinen, schmutzigen Raum war er endlich in Sicherheit, und er gestattete sich, wenigstens für einen kurzen Augenblick in sich zusammenzusacken.

»Hast du es geschafft?«, fragte Fercus, während Tubruk versuchte, seine Atmung und seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bekommen.

»Ich denke schon. Morgen werden wir es wissen. Sie haben die Straßen abgeriegelt, aber ich bin ihnen entwischt. Bei den Göttern, das war knapp!«

Fercus gab ihm ein Rasiermesser und deutete auf eine Schüssel mit kaltem Wasser.

»Du musst erst noch aus der Stadt herauskommen, mein Freund. Das dürfte nicht so einfach sein, wenn Sulla tot ist. Falls er aber noch am Leben ist, wird es sogar so gut wie unmöglich sein.«

»Bist du bereit, zu tun, was zu tun ist?«, fragte ihn Tubruk leise und rieb sich Wasser in die buschigen Barthaare, die sein Gesicht verdeckten.

»Ja, das bin ich, obwohl es mir selbst wehtut.«

»Es wird dir nicht so wehtun wie mir. Mach schnell, sobald ich rasiert bin.«

Seine Hand, die die schmale Klinge führte, zitterte, und er fluchte leise, als er sich schnitt.

»Lass mich das machen«, sagte Fercus und nahm ihm die Klinge aus der Hand. Für eine Weile sagte keiner der beiden ein Wort, doch ihre Gedanken überschlugen sich.

»Bist du ungesehen hinausgekommen?«, fragte Fercus schließlich, während er weiter an Tubruks widerspenstigen Borsten schabte. Tubruk ließ sich mit seiner Antwort Zeit.

»Nein. Ich musste zwei unschuldige Männer töten.«

»Die Republik kann ein wenig Blut an den Händen schon verkraften, wenn durch Sullas Tod die Gleichheit in der Stadt wiederhergestellt wird. Mir tut es nicht Leid, was du hast tun müssen, Tubruk.«

Tubruk saß still und wortlos da, bis die Klinge die letzten Bartreste entfernt hatte. Dann trocknete er sich mit traurigen Augen das Gesicht ab.

»Tu’s jetzt, solange ich noch so benommen bin.«

Fercus holte tief Luft und trat um den Schemel herum vor Tubruk hin, um dem alten Gladiator in die Augen zu sehen. In dem ausdrucksvollen Gesicht war keine Spur von dem ungeschickten Dalcius mehr zu sehen.