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Seine Männer hatten mit ernsten Gesichtern in Doppelreihe Haltung angenommen, so wie er es ihnen befohlen hatte. Außer Julius waren lediglich acht weitere Männer bewaffnet, nur drei davon besaßen eine richtige Rüstung. Suetonius’ Tunika war voller Blutflecke, und seine Finger zuckten, weil sie die verschorften Stellen kratzen wollten, die die Ameisen überall hinterlassen hatten. Die meisten Offiziere der Accipiter hatten unter der Sonne und den Insekten gelitten, nur die neuen Rekruten schienen ungerührt.

Julius vermutete, dass sie eher wie ein Haufen Banditen oder Piraten aussahen als wie römische Legionäre. Er sah, wie einige Dorfbewohner heimlich zu den Waffen griffen. Alle schienen nervös zu sein. Ein Metzger, der gerade einen Vetter des Ferkels zerlegte, das sie am Vorabend verspeist hatten, hielt in seiner Arbeit inne. Er kam hinter dem Tisch hervor, das Hackbeil für den Fall eines plötzlichen Angriffs in der Armbeuge. Julius ließ seinen Blick über die Menge schweifen und suchte denjenigen, der hier den Befehl hatte. Es gab immer jemanden, auch mitten in der Wildnis.

Nach einer angespannten Zeit des Wartens näherten sich fünf Männer vom anderen Ende der Ansiedlung. Vier von ihnen waren bewaffnet, drei mit langstieligen Holzäxten, der Letzte mit einem Gladius, der in einer längst vergangenen Schlacht abgebrochen und nun kaum mehr als ein schwerer Dolch war.

Der fünfte Mann schritt selbstbewusst auf die Neuankömmlinge zu. Er hatte eisengraues Haar und war dünn wie eine Bohnenstange. Er musste bald sechzig Jahre alt sein, vermutete Julius, doch er hatte die aufrechte Haltung eines Soldaten, und als er sprach, war das flüssige Latein der Hauptstadt zu hören.

»Mein Name ist Parrakis. Dies ist ein friedliches Dorf. Was wollt ihr hier?«, fragte er.

Er richtete seine Frage an Julius und schien keine Angst zu haben. In diesem Augenblick verwarf Julius seinen Plan, den Anführer einzuschüchtern, wie er es zuerst vorgehabt hatte. Das Dorf mochte mit den Piraten verkehren, davon profitiert hatte es allem Anschein nach aber kaum. Die Häuser und Menschen waren sauber, aber ohne jede Zier.

»Wir sind Soldaten Roms und waren bis vor kurzem auf der Galeere Accipiter. Wir wurden von einem Piraten namens Celsus gefangen genommen und gegen Lösegeld freigelassen. Jetzt suchen wir eine Mannschaft zusammen, um ihn zu jagen. Das hier ist eine römische Siedlung. Ich erwarte eure Hilfe.«

Parrakis hob die Augenbrauen.

»Es tut mir Leid, aber hier gibt es nichts für dich zu holen. Ich habe Italien seit zwanzig oder noch mehr Jahren nicht mehr gesehen. Die Familien hier haben keine Schuld zu begleichen. Wenn ihr Silber habt, könnt ihr Verpflegung kaufen, aber dann müsst ihr weiterziehen.«

Julius trat einen Schritt auf ihn zu. Er bemerkte, wie Parrakis’ Begleiter nervös wurden, obwohl er sie offensichtlich und mit voller Absicht ignorierte.

»Dieses Land hier wurde den Legionären zugeteilt, nicht den Piraten. An dieser Küste wimmelt es von ihnen. Es ist eure Pflicht, uns zu helfen.«

Parrakis lachte.

»Pflicht? Die habe ich vor langer Zeit hinter mir gelassen. Ich sage es dir noch einmaclass="underline" Rom hat uns hier gar nichts zu sagen. Wir leben und handeln in Frieden, und wenn Piraten kommen, verkaufen wir ihnen unsere Waren, dann ziehen sie wieder ab. Ich glaube fast, du bist auf der Suche nach einer Armee. In diesem Dorf wirst du keine finden. Hier unter uns Bauern gibt es nichts Städtisches.«

»Nicht alle Männer, die bei mir sind, stammen von unserem Schiff. Einige sind aus den Dörfern im Westen. Ich brauche Männer, die ich für den Kampf ausbilden kann. Männer, die keine Lust haben, sich ihr ganzes Leben in diesem Dorf zu verstecken, so wie du.«

Parrakis wurde rot vor Zorn.

»Verstecken? Wir bestellen das Land und kämpfen gegen Schädlinge und Krankheiten, nur um unsere Familien ernähren zu können. Die ersten Siedler kamen aus Legionen, die ehrenvoll in Ländern fern der Heimat gekämpft und schließlich vom Senat ein letztes Geschenk erhalten haben – ihren Frieden. Und du wagst es, zu behaupten, wir würden uns verstecken? Wenn ich jünger wäre, würde ich dir persönlich eine Lektion mit dem Schwert erteilen, du unverschämter Hurensohn!«

Julius wünschte sich, er hätte den Mann gleich zu Beginn einfach gepackt. Er öffnete den Mund, um schnell etwas zu sagen, weil er spürte, wie ihm die Initiative entglitt. Doch einer der Männer mit den Äxten war schneller.

»Ich möchte mit ihnen gehen.«

Der ältere Mann wirbelte herum. Weißer Schaum sammelte sich in seinen Mundwinkeln.

»Um dich umbringen zu lassen? Was denkst du dir denn dabei?«

Der Axtträger begegnete der Wut, die aus Parrakis hervorbrach, mit geschürzten Lippen.

»Du hast immer gesagt, es wären die besten Jahre deines Lebens gewesen«, murmelte er. »Wenn sich die alten Männer betrinken, erzählst du immer von diesen Tagen, als wären es goldene Zeiten gewesen. Ich habe nur die Möglichkeit, von morgens bis abends hier zu schuften. Was soll ich den Leuten erzählen, wenn ich alt und betrunken bin? Wie glorreich es war, ein Schwein für ein Fest zu schlachten? Wie ich mir mal einen Zahn an einem Stein ausgebrochen habe, der in dem Brot gesteckt hat, das wir backen?«

Ehe der verdutzte Parrakis etwas erwidern konnte, sprach Julius. »Ich verlange nicht mehr, als dass du die Leute aus dem Dorf fragst. Ich ziehe Freiwillige vor – falls es noch mehr gibt wie diesen Mann hier.«

Die Wut wich aus Parrakis. Er sah erschöpft aus.

»Junge Männer«, sagte er in resigniertem Tonfall. »Immer auf der Suche nach Aufregung. Wahrscheinlich war ich nicht anders.« Er wendete sich dem Axtträger zu. »Bist du dir sicher, Junge?«

»Du hast Deni und Cam, die auf dem Hof arbeiten, da brauchst du mich nicht auch noch. Ich will Rom sehen«, erwiderte der junge Mann.

»In Ordnung, mein Sohn, aber es stimmt, was ich gesagt habe. Es ist keine Schande, sein Leben hier zu bestreiten.«

»Das weiß ich, Vater. Ich werde zu euch zurückkehren.«

»Natürlich, mein Junge. Hier ist dein Zuhause.«

Insgesamt meldeten sich in dem Dorf acht Freiwillige. Julius nahm sechs von ihnen und schickte zwei, die kaum mehr als Kinder waren, wieder nach Hause, auch wenn sich einer von ihnen Ruß aufs Kinn gerieben hatte, um einen Bartschatten vorzutäuschen. Zwei der Neulinge brachten ihre eigenen Bogen mit. Allmählich wuchs die Armee, die er brauchte, um ein Schiff zu bemannen und Celsus über die Meere zu jagen. Julius versuchte seinen Optimismus zu bändigen, als sie unter den grünen Bäumen hervor in Richtung Küste marschierten, um dort mit der Ausbildung zu beginnen. Im Kopf überschlug er, was sie noch alles brauchten. Gold, um ein Schiff zu mieten, weitere zwanzig Männer und dreißig Schwerter, genug zu essen, damit es bis zu einem größeren Hafen reichte. Es war zu schaffen.

Einer der Bogenschützen stolperte und fiel der Länge nach hin, wodurch fast die ganze Marschkolonne stolpernd zum Halten kam. Julius seufzte. Drei Jahre, um sie richtig auszubilden, wären auch nicht verkehrt.