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Gereizt schüttelte Julius den Kopf. Es war seine Entscheidung, und er würde warten, bis er sehen konnte, wer dort kam. Er starrte hinüber zu den Hafengebäuden und betete, dass seine Männer auftauchen mögen, doch es war nichts zu sehen, und er hörte, wie die unsichtbaren Legionäre das Marschtempo erhöhten und das Scheppern ihrer Schritte immer lauter wurde.

Als sie aus den dunklen Gassen auf das von Fackeln erleuchtete Hafengelände herauskamen, verließ ihn der Mut. Der Quästor höchstpersönlich führte ungefähr zwanzig Mann an, die bewaffnet waren und schnell auf die lange Reihe der dunklen Schiffe zuhielten.

Suetonius sackte erleichtert zusammen, als er den Lärm der Soldaten hörte. Er wollte abwarten, bis sie die anderen verhaftet hatten, und dann im Morgengrauen verschwinden. Der Quästor würde sich freuen, mit dem Mann sprechen zu können, der ihm die Warnung hatte zukommen lassen. Suetonius lächelte vor sich hin. Es war ein verlockender Gedanke, bis zu Julius’ Hinrichtung zu bleiben, nur um aus der Menge heraus seinem Blick zu begegnen. Die anderen taten ihm ein wenig Leid, aber dann zuckte er unbewusst die Achseln. Sie waren Piraten, und keiner von ihnen hatte Julius daran gehindert, mit seinen obszönen Schmeicheleien und Versprechungen die Disziplin zu untergraben. Gaditicus war unfähig, ein Kommando zu führen, und Pelitas… es würde ihm eine besondere Freude sein, Pelitas’ Untergang beizuwohnen.

»Suetonius!«, rief eine Stimme hinter ihm und ließ sein Herz fast stillstehen. »Lauf, der Quästor hat Soldaten mitgebracht! Los!«

Suetonius geriet in Panik, als er spürte, wie seine Schulter von einem der Männer gepackt wurde, die aus der Dunkelheit hervorgestürzt kamen. Ein erschrockener Blick zeigte ihm, dass es der Riese Ciro war, der ihn in vollem Lauf mit sich riss. So ins Freie gezerrt, konnte er die entschlossenen Hafensoldaten, die mit gezogenem Schwert auf sie zugeströmt kamen, nur entsetzt anstarren. Er schluckte und stolperte vorwärts. Zum Nachdenken blieb keine Zeit. Sie würden ihn niedermachen, ehe sie erfuhren, dass er ihnen geholfen hatte. Wütend schluckte er seine Angst hinunter und rannte mit den anderen weiter. Jetzt gab es keine Gelegenheit mehr zu dem Treffen mit dem Quästor unter vier Augen, das er sich ausgemalt hatte. Zuerst musste er dieses Durcheinander lebend überstehen. Er biss die Zähne zusammen, sprintete los und überholte Ciro mit wenigen Schritten.

Julius hätte vor Erleichterung fast aufgeschrien, als er die letzten Männer auf das Schiff zurennen sah. Die Soldaten des Quästors entdeckten sie sofort und befahlen ihnen brüllend stehen zu bleiben.

»Kommt schon!«, rief Julius seinen Männern zu. Er blickte sich im Hafen um und stöhnte auf, als er sah, wie dicht die Legionäre des Quästors seinen eigenen Männern auf den Fersen waren. Es blieb nicht genug Zeit. Selbst wenn Ciro und die anderen es an Deck schafften, würden ihnen die ersten Hafensoldaten auf dem Fuß folgen.

Julius’ Herz hämmerte. Ihm wurde schwindelig, als er beide Gruppen auf sich zurennen sah. Wie angewurzelt blieb er stehen und zwang sich, nicht zu früh zu handeln. Dann drehte er sich um und schrie über das Deck.

»Jetzt! Los, Peli! Jetzt!«

Unter sich, tief im Rumpf des Schiffs, hörte er Pelitas mit eigenen Befehlen antworten. Die Ventulus erzitterte, als die Ruder aus ihrer Ruheposition genommen wurden und gegen die Steine der Kaimauer drückten. Das Schiff setzte sich auf dem dunklen Wasser in Bewegung. Entschlossen hieb Julius auf das Tau ein, das sie festhielt, und schlug, als es schließlich riss, eine tiefe Kerbe in die Reling. Unter ihm erschollen weitere Rufe, als die Mannschaft durch die Bewegung erwachte und zweifellos dachte, das Schiff hätte sich losgerissen. Julius wusste, dass sie mit einigen weiteren Tagen im Hafen gerechnet hatten, und ihm blieben nur Sekunden, bis sie alle an Deck gerannt kamen. Er ignorierte dieses Problem, weil sich jetzt die Planke zum Kai mit dem Schiff bewegte und die Sandsäcke herunterfielen.

Hatte er zu früh gerufen? Die Soldaten waren weniger als fünfzig Fuß von seinen Männern entfernt, als die ersten an Bord sprangen, sich umdrehten und die Schwerter zogen. Suetonius bewegte sich flink wie ein Wiesel, und seine Füße berührten kaum die Planke, als er sich schon auf das Schiff warf.

»Komm schon, Ciro! Wir legen ab!«, rief Julius und schwenkte sein Schwert über dem Kopf. Der große Mann war zu langsam. Ohne nachzudenken ging Julius zur Planke, bereit, zu ihm auf den Kai zu springen.

Ciro blieb stehen und zog sein Schwert, um dem Ansturm der Hafensoldaten zu begegnen.

»Ciro! Es sind zu viele!«, schrie Julius ihn an. Er war hin und her gerissen zwischen der Aussicht auf die sichere Gefangennahme und seinem Wunsch, dem letzten seiner Männer zu helfen. Die Ruderer stießen sich erneut ab, und die Planke stürzte herab.

Ciro machte langsame Schritte auf die Kante der Kaimauer zu, wagte jedoch nicht, sich umzudrehen. Die Männer des Quästors stürzten sich auf ihn, und Ciro schlug mit der Faust nach dem ersten, ein knirschender Schlag, der den Soldaten über die Kante und ins Wasser beförderte. Die Rüstung des Legionärs zog ihn in einem Strom silberner Luftbläschen hinab. Ciro wirbelte herum und schnappte nach Luft, als ihn ein Schwert in den Rücken traf. Seine Arme wirbelten wie wild, doch er brüllte und sprang zu dem ablegenden Schiff hinüber, wobei er die Reling mit einer Hand zu fassen bekam. Julius erwischte sein Handgelenk und blickte in die dunklen, vor Wut und Entsetzen irren Augen.

»Helft mir, ihn hochzuziehen!«, rief Julius, während er sich verzweifelt bemühte, auf der schweißnassen Haut nicht abzurutschen. Zwei weitere Männer waren nötig, um Ciro über die Reling zu hieven. Er schnappte nach Luft, als sein Rücken aufriss und blutete, und dort, wo er lag, breitete sich ein dunkler Fleck auf dem Holz aus.

»Ich wollte ihn nicht töten«, stieß Ciro zwischen keuchenden Atemzügen hervor.

Julius kniete sich neben ihn und nahm seine Hand. »Du hattest keine andere Wahl.«

Ciro hatte die Augen vor Schmerz geschlossen, weshalb er Julius’ grimmigen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte, als der junge Offizier aufstand und an die Reling trat. Das Schiff entfernte sich langsam von der Kaimauer, nachdem die Sklaven jetzt genug Platz hatten, um die Ruder ins Wasser zu tauchen.

Keine zwanzig Fuß entfernt erwiderten die Legionäre mit hasserfüllten Gesichtern wütend seinen Blick. Trotz der Nähe waren sie machtlos, weil die Kluft zwischen ihnen langsam, aber stetig größer wurde. Während Julius sie schweigend betrachtete, spuckte einer von ihnen voller Abscheu auf die Steine.

Der Quästor stand unter ihnen. Seine Toga hatte er gegen eine schwarze Tunika und einen Lederkilt eingetauscht. Sein Gesicht war vor Wut und Anstrengung gerötet, während er mit ansehen musste, wie das Schiff den Hafen verließ und schließlich im Dunkel der Nacht verschwand. Einige seiner Männer fluchten, als sie der Ventulus nachblickten.

»Befehle, Herr?«, sagte einer von ihnen und sah den Quästor an.

Pravitas antwortete erst, als sich sein Atem beruhigt hatte und etwas von der Röte aus seinem Gesicht gewichen war.

»Lauf zu dem Kapitän der Galeere, die gestern hier angelegt hat. Sag ihm, er soll auf der Stelle Segel setzen und das Handelsschiff Ventulus verfolgen. Er soll innerhalb einer Stunde in See stechen, noch bei dieser Flut.«

Der Soldat salutierte. »Jawohl, Herr«, erwiderte er. »Soll ich ihm einen Grund nennen?«

Pravitas nickte kurz. »Sag ihm, dass ein Legionär ermordet und das Schiff von Piraten gestohlen wurde.«

Julius versammelte seine Männer in der Dunkelheit auf dem schwankenden Deck um sich. Nur Ciro fehlte, der in einer Kabine lag und sich ausruhte, nachdem seine Wunde verbunden worden war. Der Schnitt unter seinem Schulterblatt war tief, sah aber sauber aus. Mit ein wenig Glück würde er durchkommen.